Schon seit August gilt die Verordnung (EU) 2022/2065, besser bekannt als Digital Services Act („DSA“) für besonders große Anbieter von Vermittlungsdiensten wie Meta und TikTok. Ab dem 17. Februar 2024 wird sie auch auf sonstige Anbieter von Vermittlungsdiensten anwendbar sein. Das betrifft vor allem Anbieter von Hosting-Diensten und Betreiber von Online-Plattformen, aber auch Unternehmen mit „analogem“ Geschäft, die Fan-Foren, W-LAN-Netze oder Online-Shops betreiben.
Doch um einige Regelungen des DSA zu implementieren, fehlt es noch an einem nationalen Gesetz. Insbesondere die nach dem DSA vorgesehene Aufsichtsbehörde, die Koordinierungsstelle für digitale Dienste, muss erst geschaffen werden. Daneben werden durch die vollharmonisierende Wirkung des DSA die überwiegenden Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) sowie des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) hinfällig. Diese Gesetze müssen daher entsprechend angepasst bzw. außer Kraft gesetzt werden. Das Bundesministerium der Justiz hatte dazu im August 2023 einen Entwurf vorgelegt (Beitrag vom 23. August 2023).
Nach einer Phase der öffentlichen Konsultation hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Digitales-Dienste-Gesetz („DDG-E“) nun am 20. Dezember 2023 offiziell beschlossen.
Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf finden sich in der nun beschlossenen Fassung kaum relevante Änderungen. Weiterhin sind insbesondere die Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörde komplex. Grundsätzlich ist die Koordinierungsstelle für digitale Dienste zwar bei der Bundesnetzagentur angesiedelt, für die Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz Minderjähriger (z.B. dem Verbot von auf Profiling basierender Werbung, Art. 28 Abs. 2 DSA) greift jedoch die Zuständigkeit der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (§ 12 DDG-E). Für Jugendmedienschutz im engeren Sinne, d.h. den Schutz vor jugendgefährdenden Filmen, Videospielen etc., sind wiederum die Landesmedienanstalten zuständig. Insbesondere für Anbieter von Vermittlungsdiensten, die sich wie v.a. im Bereich der Content-Plattformen üblich auch an Minderjährige richten, bedeutet dieses Geflecht einige Rechtsunsicherheit.
Interessant ist außerdem die Konkretisierung der Zusammensetzung des sogenannten Beirats: Nach § 22 DDG-E wird der Aufsichtsbehörde ein beratender Beirat zur Seite gestellt. Der Regierungsentwurf konkretisiert nun, dass von den 16 Mitgliedern jeweils vier aus Wissenschaft und Wirtschaftsverbänden sowie acht aus der Zivilgesellschaft inklusive Verbraucherverbänden kommen sollen. Vertreter einzelner Unternehmen können nicht Mitglieder des Beirats werden.
Künftig werden – wie schon im ursprünglichen Referenten-Entwurf vorgesehen – die wenigen verbleibenden Regelungen des TMG, die nicht in den Regelungsbereich des DSA fallen, im DDG – mit identischer Nummerierung – zu finden sein. Dies betrifft insbesondere das Herkunftslandprinzip (§ 3 DDG-E), Zulassungsfreiheit von Anbietern digitaler Dienste (§ 4 DDG-E), Impressumspflichten (§ 5 DDG-E) und besondere Pflichten bei kommerziellen Kommunikationen (§ 6 DDG-E).
Anders als im ursprünglichen Referenten-Entwurf vorgesehen, wird das Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht vollständig aufgehoben. Für Anbieter von sozialen Netzwerken mit Sitz außerhalb der EU verbleibt die Pflicht, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, der Zustellungen in Gerichtsverfahren vor deutschen Gerichten im Zusammenhang mit der Verbreitung rechtswidriger Inhalten entgegennimmt. Damit schließt das DDG-E die vielfach kritisierte Lücke, die durch Art. 13 DSA entstanden ist, wonach Anbieter aus Drittstaaten einen gesetzlichen Vertreter mit einer Postanschrift innerhalb der EU zu benennen haben, der zwar bevollmächtigt ist, Beschlüsse im Zusammenhang mit dem DSA entgegenzunehmen, aber keine Dokumente im privaten Rechtsstreit.
Nach Medienberichten und Stellungnahmen einiger Bundestagsfraktionen soll der Entwurf noch früh im Januar 2024 vom Bundestag beschlossen werden. Dennoch wird es mit einem Inkrafttreten zum 17. Februar sehr knapp, voraussichtlich verspätet sich das Gesetz um einige Wochen.
Nicht nur dem Gesetzgeber, auch Anbietern von Vermittlungsdiensten bleibt damit wenig Zeit. Betroffene Unternehmen müssen eventuell ihre Prozesse und Plattformen so einrichten bzw. umbauen, dass sie den Anforderungen des DSA genügen.