Kartellrecht

Die 10. GWB-Novelle – GWB-Digitalisierungsgesetz ist in Kraft

Das Zehnte Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für ein Wettbewerbsrecht 4.0 (GWB-Digitalisierungsgesetz) wurde am 14. Januar 2021 vom Bundestag beschlossen und ist am 19. Januar 2021 in Kraft getreten. Das Gesetz soll das Ziel der Bundesregierung verwirklichen, einen „digitalen Ordnungsrahmen“ zu schaffen. Es dient außerdem der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften („ECN+ Richtlinie“). Wesentliche Neuregelungen sind:

  • Modernisierung und deutliche Verschärfung der Missbrauchsaufsicht, vor allem durch neue und weitreichende Missbrauchsvorschriften adressiert an „Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb“, aber auch durch einige wesentliche Änderungen für marktbeherrschende Unternehmen und Unternehmen mit relativer Marktmacht insbesondere durch erleichterten Zugang zu Daten,
  • Beschleunigung von Verfahren, u. a. durch geringere Anforderungen bei einstweiligen Maßnahmen,
  • Deutliche Anhebung der beiden Inlandsumsatzschwellen von EUR 25 Mio. auf EUR 50 Mio. und von EUR 5 Mio. auf EUR 17,5 Mio. und somit weniger Formalitäten bei einer Vielzahl von Zusammenschlüssen,
  • Anordnung der Anmeldepflicht für kleinere Zusammenschlüsse nach Sektoruntersuchungen in bestimmten, besonders gelagerten Wirtschaftszweigen,
  • Verlängerung der Frist für das Hauptprüfverfahren in der Fusionskontrolle von vier auf fünf Monate ab Anmeldung,
  • Neuregelung der Akteneinsicht im Kartellverwaltungsverfahren,
  • Einschränkung des Rechts zur Auskunftsverweigerung in Bußgeldverfahren,
  • Kodifizierung des Kronzeugenprogramms,
  • Konkretisierung der Kriterien zur Bußgeldbemessung inklusive einer bußgeldmindernden Berücksichtigung von vor und/oder nach der Tat getroffenen Compliance-Maßnahmen,
  • Einführung einer widerleglichen Vermutung der Kartellbetroffenheit von Rechtsgeschäften mit Kartellbeteiligten im Kartellschadensersatzverfahren.

Das Herzstück der 10. GWB-Novelle bilden die Regelungen zum Marktmachtmissbrauch. Bis zuletzt wurde um die neuen Regelungen gerungen. Im Ausschuss für Wirtschaft und Energie sind in letzter Minute in der Missbrauchsaufsicht noch wesentliche Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf vorgeschlagen und vom Plenum angenommen worden. Dasselbe gilt für die überraschend deutliche Erhöhung der Inlandsumsatzschwellen in der Fusionskontrolle. Auch diese sind ganz spät in das Gesetz in der jetzigen Form gekommen.

Überblick

Der Bundestag hat am 14. Januar 2021 das Zehnte Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (die „10. GWB-Novelle“/die „Novelle“) beschlossen. Das Gesetz ist am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt am 19. Januar 2021 in Kraft getreten. Vorausgegangen waren der im September 2020 beschlossene Regierungsentwurf (RegE) und der im Oktober 2019 (inoffiziell) veröffentlichte Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (RefE). Die Novelle soll das GWB fit für die Herausforderungen der Digitalisierung machen und trägt den Beinamen „GWB-Digitalisierungsgesetz“. Der Gesetzgeber will damit vor allem die Marktmacht großer Digitalkonzerne wie Google, Facebook und Amazon beschränken. Die Novelle sieht aber auch deutlich erleichterte Datenzugangsrechte gegenüber anderen marktbeherrschenden Unternehmen oder Unternehmen, von denen andere abhängig sind, vor. Daneben wird die ECN+ Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Die Richtlinie soll die Standards bei der Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts in den Mitgliedstaaten angleichen und die internationale Behördenzusammenarbeit erleichtern. Zudem sind die fusionskontrollrechtlichen Anmeldeschwellen in letzter Minute auf Betreiben des Wirtschaftsausschusses deutlich erhöht worden. Es wird mit einem Rückgang von mindestens 30 % der Anmeldungen gerechnet. Dies soll es dem Bundeskartellamt ermöglichen, seine Ressourcen besser in anderen Fällen, insbesondere Missbrauchsfällen, einzusetzen.

Erweiterte Eingriffsbefugnisse gegenüber Unternehmen mit Marktmacht

Zentraler Inhalt der Novelle sind die geänderten Missbrauchsvorschriften. Insbesondere der neue § 19a GWB sieht neue, weitreichende Eingriffsbefugnisse für das Bundeskartellamt gegenüber „Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb“ vor. Der Gesetzgeber zielt damit auf Digitalkonzerne wie Google, Facebook und Amazon ab. Konkret wird damit gerechnet, dass in den ersten fünf Jahren gegenüber diesen drei Unternehmen festgestellt wird, dass sie Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb sind. Das erste Verfahren hat das Bundeskartellamt bereits von § 19 GWB auf § 19a GWB umgestellt (vgl. hier).

Unternehmen, die nicht nur auf einzelnen Märkten marktbeherrschend sind, sondern insbesondere auf grund von Netzwerkeffekten, Zugang zu Daten, Ressourcen sowie strategischer Positionierung auch auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen auf anderen Märkten Einfluss nehmen können (etwa als „Gatekeeper“), unterliegen jetzt viel strengeren Normen als „normale“ marktbeherrschende oder marktstarke Unternehmen, um u. a. Selbstverstärkungstendenzen ausreichend früh abmildern zu können.

Der Gesetzgeber greift insoweit die verschiedenen Vorschläge von Expertenkommissionen im In- und Ausland auf (vgl. etwa Bericht der Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 von September 2019, Sonderberater-Bericht von Crémer/Montjoye/Schweitzer für Europäische Kommission von April 2019, Furman Report von März 2019, Hintergrundpapier des Bundeskartellamtes zur Missbrauchsaufsicht von Oktober 2018, Marktmacht-Studie von Schweitzer/Haucap/Kerber/Welker von August 2018, etc.). Gleichzeitig nimmt die Novelle teilweise Vorhaben vorweg, die derzeit in Brüssel im Rahmen des Gesetzes für digitale Dienste („Digital Services Act“/„DSA“, vgl. hier) und möglicher neuer Eingriffsbefugnisse im Kartellrecht im Rahmen des Gesetzes über digitale Märkte („Digital Markets Act“/„DMA“, vgl. hier) diskutiert werden (vgl. dazu auch unsere Mandanteninformation). Diese geplanten signifikanten Erweiterungen der Befugnisse der Europäischen Kommission zielen auch darauf ab, die Marktmacht der großen Digitalkonzerne zu begrenzen und für ein ausgewogenes Wettbewerbsumfeld zu sorgen. Auch ist geplant, diese Vorhaben so bald wie möglich auf europäischer Ebene umzusetzen. Dennoch ist realistisch nicht damit zu rechnen, dass diese Normen innerhalb der nächsten zwei Jahre beschlossen sein und angewendet werden können. Der deutsche Gesetzgeber ermöglicht dagegen dem Bundeskartellamt, die neuen Vorschriften des GWB gegenüber den großen Digitalkonzernen deutlich früher anzuwenden.

§ 19a GWB: Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb

Aufgrund der neuen Regelungen in § 19a GWB hat das Bundeskartellamt weitreichende Eingriffsbefugnisse gegenüber den Unternehmen, bei denen das Bundeskartellamt förmlich festgestellt hat, dass ihnen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt. Diese Feststellung ist auf einen Zeitraum von fünf Jahren zu begrenzen. Sie kann mit einer Beschwerde nach § 73 Abs. 1 GWB isoliert angegriffen werden, wie die Regierungsbegründung ausdrücklich betont. Zudem entscheidet allein der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht über Verfügungen nach § 19a GWB, d. h. es fällt die Beschwerdeinstanz vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf weg. Begründet wird diese Verkürzung des Rechtswegs damit, dass dies dem besonderen Interesse an einer raschen und abschließenden Klärung dieser Rechtsfragen dient. Es wird die Gefahr gesehen, dass sonst die praktische Wirksamkeit der entsprechenden Verfügungen nicht gegeben wäre.

Die Befugnisse für das Bundeskartellamt nach § 19a Abs. 2 GWB gegenüber Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb wurden im Gesetzgebungsverfahren noch einmal deutlich ausgeweitet. Nach dem Vorbild des Digital Markets Act wurden insbesondere mehr Regelbeispiele aufgenommen und diese konkretisiert. Im Einzelnen wird das Bundeskartellamt folgende Eingriffsbefugnisse haben – zusätzlich zu den weiterhin geltenden allgemeinen Missbrauchsvorschriften:

  • Nr. 1: Es kann ihm insbesondere untersagen, seine eigenen Angebote gegenüber denen von Wettbewerbern zu bevorzugen („Verbot der Selbstbevorzugung“), sei es durch eine bevorzugte Darstellung oder durch eine Vorinstallation oder andere Integration ausschließlich eigener Angebote. Hier greift der Gesetzgeber den Google-Shopping-Fall der EU-Kommission (Verfahren AT.39740), aber auch den Google Android Fall (Verfahren AT.40099) auf.
  • Nr. 2: Ergänzend zu Nr. 1 sollen über Nr. 2 solche Behinderungsmaßnahmen aufgegriffen werden können, bei denen das Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb nicht notwendigerweise in Wettbewerb zu dem betroffenen Unternehmen steht, aber dieses trotzdem durch die betreffende Verhaltensweise behindert wird. Dabei kann es wie bei Nr. 1 darum gehen, dass bestimmte Angebote ausschließlich vorinstalliert oder integriert sind (lit. a). Zugleich nennt der Gesetzgeber hier (lit. b) Verhaltensweisen, die es für andere Unternehmen schwieriger machen, ihre Endkunden zu erreichen, sei es durch Werbeverbote oder prohibitive Ausschreibungen beim Bieten auf die eigene Marke („Trademark Search Abuse“).
  • Nr. 3: Das Bundeskartellamt soll zukünftig auch das „Aufrollen“ noch nicht beherrschter Märkte frühzeitig verhindern können, etwa indem es den Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb untersagt, mit dem Leistungswettbewerb fremden Mitteln (wie Kampfpreisstrategien, Exklusivitätsvereinbarungen oder Bündelangeboten) diese neuen Märkte zu erschließen. Hier denkt der Gesetzgeber an Fälle, in denen ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb mit Kampfpreisen oder kostenlosen Angeboten Märkte angreift, auf denen es bislang nicht tätig ist. Die zwischenzeitlich im RegE enthaltenen Klarstellungen, dass ein solches Verhalten nur dann verboten ist, wenn es um eine unbillige Behinderung geht, sind wieder gestrichen. Auch gestrichen ist, dass dieses Verhalten nur auf existierenden Märkten, nicht auf neuen Märkten oder Märkten ohne wirksamen Wettbewerb verboten werden können darf. Vielmehr hat der Gesetzgeber jetzt mit den zwei Konkretisierungen bei den Regelbeispielen verdeutlicht, dass insbesondere die Übertragung von Marktmacht von einem Markt in einen neuen, nicht beherrschten Markt durch nicht erforderliche Bündelungen und Koppelungen verboten werden können soll.
  • Nr. 4: Auch das Übertragen von Marktmacht auf bislang nicht beherrschte Märkte durch die Nutzung und/oder Verknüpfung von vorhandenen wettbewerbsrelevanten Daten soll Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb untersagt werden können, wenn dadurch Marktzutrittsschranken errichtet oder erhöht oder andere Unternehmen anderweitig behindert werden. Dieser Tatbestand kann unter bestimmten Voraussetzungen auf ein Datennutzungsverbot für das Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb hinauslaufen.
  • Nr. 5: Zudem darf das Bundeskartellamt Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb verbieten, die Interoperabilität mit anderen Diensten und Portabilität von Daten zu erschweren. Multihoming soll leichter möglich werden, um so kleineren Wettbewerbern den Markteintritt zu erleichtern.
  • Nr. 6: Das Bundeskartellamt soll Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb schließlich untersagen können, Daten, die sie im Rahmen ihrer Dienstleistungen erhalten, zurückzuhalten und dadurch ungerechtfertigte Abhängigkeiten zu schaffen. Dabei kann es um Fälle gehen, in denen z. B. bei der Online-Werbung eine eigene Leistungsbewertung durch den Werbekunden ohne Grund verhindert wird.
  • Nr. 7: Schließlich darf Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb verboten werden, unangemessene Vorteile für die Behandlungen von Angeboten eines anderen Unternehmens zu fordern. Unangemessen kann das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sein, wenn für die Darstellung („Ob“) oder die Qualität der Darstellung („Wie“) die Übertragung von Daten gefordert wird, obwohl dies nicht zwingend erforderlich ist bzw. dies in keinem angemessenen Verhältnis steht. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiel den Fall, in denen eine Suchmaschine Webseiten schlechter darstellt, wenn dem Betreiber der Suchmaschine keine Lizenz für die Darstellung urheberrechtlich geschützter Inhalte eingeräumt wird, sich der Suchmaschinenbetreiber also Rechte verschafft, die ihm nicht zustehen müssten.

Die Beweislast dafür, dass die jeweils beanstandeten Verhaltensweisen sachlich gerechtfertigt sind, sollen die Normadressaten tragen. Das Bundeskartellamt muss die Unbilligkeit einer Maßnahme nicht positiv ermitteln und darlegen. Insoweit unterscheidet sich diese Regelung deutlich von den §§ 19, 20 GWB. Diese Umkehr der Beweislast, bei der ein „non liquet“ zu Lasten der Normadressaten geht, dürfte es dem Bundeskartellamt daher deutlich erleichtern, bestimmte Verhaltensweisen der relevanten Digitalkonzerne anzugreifen. So hat die Einführung einer entsprechenden Regelung zur Beweislastumkehr im Rahmen der Missbrauchsvorschriften in der Energiewirtschaft in § 29 GWB im Jahr 2007 zu einer deutlich verschärften Preismissbrauchsaufsicht gegenüber den Energieversorgungsunternehmen geführt.

Sonstige Neuregelungen in der Missbrauchskontrolle

Auch in den anderen Normen zum Marktmachtmissbrauch finden sich einige sehr relevante Änderungen. Eine Angleichung an europäisches Recht ist mit der Klarstellung beabsichtigt, dass zwischen Marktbeherrschung und Missbrauch keine strenge Kausalität gegeben sein muss. Insoweit hat allerdings inzwischen bereits die Facebook-Entscheidung des BGH vom 23. Juni 2020 (vgl. KVR 69/19) größere Klarheit geschaffen.

Die weiteren Änderungen sind ebenfalls insbesondere für die Digitalwirtschaft relevant, indem sie die gesteigerte Bedeutung von Daten und Netzwerkeffekten berücksichtigen. Allerdings könnte insbesondere die Regelung zum Datenzugang in § 20 Abs. 1a GWB in Kombination mit der Senkung der Eingriffsschwellen bei relativer Marktmacht sehr weitreichende Auswirkungen auch für Industrieunternehmen haben:

  • So werden die Kriterien für Marktbeherrschung um die sog. „Intermediationsmacht“, d. h. die Bedeutung von Vermittlungsdienstleistungen für den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von Dritten, ergänzt (vgl. § 18 Abs. 3b GWB); relevant wird dies vor allem bei hybriden Plattformen sein, bei denen der Plattformbetreiber selbst Wettbewerber zu seinen Nutzern ist und für diese eine Hürde zum Marktzugang bildet.
  • Das Konzept der „essential facilities doctrine“ wird ausgedehnt und umfasst nun auch ausdrücklich jede Form von „Gatekeeper“. Nicht nur physische Infrastruktur, auch die Bedeutung des Zugangs zu Daten soll hier zukünftig eine Rolle spielen (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB).
  • Zudem hat der Gesetzgeber erkannt, dass heute nicht mehr nur KMUs von anderen Unternehmen abhängig sein können sowie eine Abhängigkeit auch wegen der Angewiesenheit auf Daten bestehen kann (vgl. § 20 Abs. 1 und Abs. 1a GWB). Insbesondere sollen auch größere Unternehmen geschützt werden, die von den digitalen Plattformen ebenfalls abhängig sein können. Gleichzeitig werden damit jedoch auch die Schwellen für relative Marktmacht im Sinne einer Abhängigkeit von anderen Unternehmen erheblich gesenkt. So werden auch die Hürden für Ansprüche auf Datenzugang erheblich gesenkt. Insbesondere könnte es danach möglich werden, dass Unternehmen aus der Industrie ihre Maschinendaten an Dritte herausgeben müssen, wenn diese darauf für ihre eigene Geschäftstätigkeit angewiesen sind („datenbedingte Abhängigkeit“). Dies soll selbst dann gelten, wenn dadurch erst der Geschäftsverkehr für diese Daten eröffnet wird, d. h. bislang kein Zugang gewährt wurde. Die Kombination dieser Regelungen könnte daher für eine Vielzahl von Unternehmen aus der Industrie äußerst weitreichende Auswirkungen haben. In der öffentlichen Diskussion wird die Frage, ob derart weitreichende Zugriffsrechte berechtigt sind, von der Diskussion zu § 19a GWB überlagert. Allerdings zeigen die neuen umfangreichen Ausführungen in der Gesetzesbegründung, dass insoweit auch aus Sicht des Gesetzgebers Rechtfertigungsbedarf für derartig weitreichende Neuregelungen, die Unternehmen unterhalb der Marktbeherrschung betreffen, besteht.
  • Schließlich soll ein neuer Behinderungstatbestand dafür sorgen, dass ein „Kippen/Tipping“ von Märkten nicht durch gezielte Behinderungsstrategien erreicht werden kann; dabei gilt diese neue Regelung bereits für Unternehmen mit überlegener Marktmacht, setzt also als Gefährdungstatbestand bereits unterhalb der Marktbeherrschung an (vgl. § 20 Abs. 1 GWB).

Es ist davon auszugehen, dass das Bundeskartellamt gegenüber Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb zukünftig primär nach dem neuen § 19a GWB vorgehen wird. Dies zeigt bereits das erste Verfahren des Bundeskartellamtes nach dieser neuen Norm, das ursprünglich noch nach §§ 19, 20 GWB eingeleitet worden war. Die §§ 19, 20 GWB werden aber auch für diese Unternehmen weiter relevant bleiben. Eine zivilrechtliche Durchsetzung kann nur nach diesen Normen erfolgen. Mit Bußgeldverfahren seitens des Bundeskartellamtes gegen Marktbeherrscher oder Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist dagegen eher weniger zu rechnen. Das Bundeskartellamt will eher die Marktverhältnisse durch frühzeitiges Eingreifen verbessern. Damit ist nach Überzeugung des Bundeskartellamtes dem Wettbewerb mehr gedient.

Wichtig sind daher die flankierenden erweiterten Interventionsbefugnisse des Bundeskartellamtes. Insbesondere sollen einstweilige Maßnahmen ein schnelleres Einschreiten des Bundeskartellamtes ermöglichen. Sie sind jetzt schon dann möglich, wenn eine Zuwiderhandlung (nur) überwiegend wahrscheinlich erscheint und zum Schutz des Wettbewerbs oder aufgrund der Betroffenheit eines anderen Unternehmens ein frühes Einschreiten geboten ist. Insbesondere in Fällen des Behinderungsmissbrauchs soll dadurch erreicht werden, dass Wettbewerber während der laufenden Ermittlungen nicht aus dem Markt gedrängt werden. Wie sich an den jüngsten Missbrauchsverfahren der Europäischen Kommission im Digitalbereich zeigt, ist dem Markt und dem Wettbewerb nicht mit hohen Bußgeldern geholfen, wenn im Laufe der Ermittlungen die Wettbewerber bereits vom Markt verdrängt wurden.

Inwieweit die neuen Datenzugangsansprüche auch gegenüber Unternehmen aus der „traditionellen“ Industrie vom Bundeskartellamt durchgesetzt werden, ist offen. Hier ist voraussichtlich eher damit zu rechnen, dass Zugangspetenten auch Rechtsschutz vor den Gerichten in Anspruch nehmen werden.

Horizontale Kooperationen

Die digitale Transformation vieler Wirtschaftsbereiche macht Kooperationen von Wettbewerbern notwendig, etwa um die Investitionsbedarfe zu stemmen, mit dem erforderlichen Tempo vorgehen zu können oder eine gesamtwirtschaftlich vorteilhafte Vernetzung zu bewerkstelligen. Für kooperierende Wettbewerber führt dies zu gesteigerten Kartellrisiken, die sie im System der Legalausnahme im Grundsatz selbst bewerten und tragen müssen. Künftig werden Unternehmen Anspruch auf die förmliche Entscheidung des Bundeskartellamtes haben, dass in einem bestimmten Fall kein Anlass zum Tätigwerden besteht (§ 32c GWB). Diese Regelung gilt allerdings nur für kooperierende Wettbewerber und soll folglich nicht etwa ermöglichen, Vertriebssysteme durch das Bundeskartellamt vorab auf Rechtskonformität prüfen zu lassen. Außerdem wird die Praxis der informellen Vorsitzendenschreiben kodifiziert. Schließlich kann das Bundeskartellamt Leitlinien zur Ausübung seines Aufgreifermessens aufstellen. Dies ist im Interesse der Rechtssicherheit zu begrüßen.

Fusionskontrolle

Die Fusionskontrolle wird in einzelnen, allerdings wesentlichen Aspekten reformiert:

  • Wesentliche Änderung im Bereich der Fusionskontrolle ist die erhebliche Anhebung der beiden Inlandsumsatzschwellen von EUR 25 Mio. auf EUR 50 Mio. sowie von EUR 5 Mio. auf EUR 17,5 Mio. Dadurch soll eine deutlich geringere Anzahl von Fusionskontrollanmeldungen in meist wettbewerblich nicht problematischen Fällen erreicht werden, um eine gezielteren Einsatz der Ressourcen des Bundeskartellamtes zu ermöglichen und Unternehmen zu entlasten. Folgerichtig entfällt die Anschlussklausel, die bisher Zusammenschlüsse von der Fusionskontrolle ausnahm, wenn Zielunternehmen und Veräußerer zusammen weniger als EUR 10 Mio. Umsatz erwirtschafteten. Auch für Presseverlage gibt es insoweit Erleichterungen durch eine weitere Absenkung des Faktors für Presseumsätze (von acht auf vier).
  • Die Novelle enthält erstmals eine Regelung, nach der das Bundeskartellamt Unternehmen durch Verfügung aufgeben kann, für drei Jahre bestimmte Zusammenschlüsse in bestimmten Wirtschaftszweigen anzumelden, wenn diese Wirtschaftszweige zuvor Gegenstand einer (nach Inkrafttreten der Novelle durchgeführten) Sektoruntersuchung gewesen sind. Voraussetzungen beim Adressaten sind weltweite Umsätze von EUR 500 Mio., ein Anteil von 15 % am inländischen Angebot (bzw. der Nachfrage auf Einkaufsseite) sowie Anhaltspunkte für erhebliche Wettbewerbsbehinderungen durch zukünftige Zusammenschlüsse. Die Anmeldepflicht gilt dann auch für Zusammenschlüsse mit Unternehmen, die lediglich EUR 2 Mio. Umsatz haben und mehr als zwei Drittel ihrer Umsätze im Inland erwirtschaften.
  • Der Gesetzgeber möchte mit der Regelung z. B. Erwerbsstrategien durch die Fusionskontrolle erfassen, nach denen ein (großes) Unternehmen schrittweise kleine Wettbewerber oder für die eigene Marktposition potentiell gefährliche Newcomer übernimmt. Es wird die Gefahr gesehen, dass sich größere Unternehmen durch diese Erwerbsstrategien insbesondere in Regionalmärkten eine Vormachtstellung zu Lasten mittelständischer Unternehmen erkaufen können. Laut Begründung wird damit gerechnet, dass die Regelung auf jährlich ein bis drei Unternehmen angewendet wird.
  • Eine gewisse Verschärfung der Fusionskontrolle wird für Zusammenschlüsse auf Bagatellmärkten vorgesehen. Zwar wird die Umsatzgrenze für das Vorliegen eines Bagatellmarktes von EUR 15 Mio. auf EUR 20 Mio. angehoben. Zugleich ist aber geregelt, dass ein Zusammenschluss auch dann untersagt werden kann, wenn die Untersagungsvoraussetzungen auf mehreren Bagatellmärkten vorliegen, deren wertmäßiges Volumen zwar jeweils für sich genommen unter, aber zusammen genommen über EUR 20 Mio. liegt. Eine solche Bündelung war bisher nur unter engen, im Einzelnen umstrittenen Voraussetzungen möglich. Die Novelle bringt insoweit zumindest mehr Klarheit.
  • Das Hauptprüfverfahren wird von vier auf fünf Monate ab Anmeldung (bzw. sechs Monate im Falle des Angebots von Bedingungen oder Auflagen zur Lösung wettbewerblicher Probleme) verlängert. Der RefE hatte noch eine Höchstdauer des Verfahrens für einvernehmliche Fristverlängerungen vorgesehen. Die Verlängerung führt im internationalen Vergleich zu einer gewissen Angleichung des Fristenregimes und trägt der zunehmenden Komplexität von Fusionskontrollverfahren Rechnung.
  • Durch die Novelle entfällt die Vollzugsanzeige für angemeldete Zusammenschlüsse. Allerdings bleiben nicht angemeldete aber anmeldepflichtige Zusammenschlüsse bußgeldbewehrt anzeigepflichtig (zusätzlich zum bußgeldbewehrten Verstoß gegen das Vollzugsverbot).
  • Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ministererlaubnis für Zusammenschlüsse, die vom Bundeskartellamt aus wettbewerblichen Gründen untersagt wurden, bleiben – anders als zunächst im RefE und RegE vorgesehen – nun doch unverändert.
  • Schließlich werden befristet (Vollzug bis Ende 2027) bestimmte Zusammenschlüsse im Krankenhausbereich von der Fusionskontrolle ausgenommen. Wesentliche Voraussetzung ist die Förderung aus dem Krankenhausstrukturfonds.

Umsetzung der ECN+ Richtlinie

Die Novelle dient auch maßgeblich dazu, die sog. ECN+ Richtlinie in deutsches Recht zu transformieren. Sie enthält Regeln zum Informationsaustausch mit Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten und zur Amtshilfe, z. B. bei Ermittlungsmaßnahmen, Zustellungen und der Vollstreckung kartellbehördlicher Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten.

Die Akteneinsicht in Kartellverwaltungsverfahren wird erstmals im GWB geregelt und die Einsichtsrechte für Dritte sollen unabhängig von der Verfahrensart vereinheitlicht werden. Dritte müssen für die Einsicht ein berechtigtes Interesse darlegen. Soweit dies der Erhebung von Schadensersatzansprüchen dienen soll, ist die Einsicht auf die Entscheidungen der Behörde begrenzt. Damit ist die Akteneinsicht für alle wesentlichen Bereiche im GWB geregelt (Bußgeldverfahren, Verwaltungsverfahren und in Zivilverfahren). Die Regelung dürfte abschließend zu verstehen sein, so dass die parallele Anwendung des IFG ausgeschlossen sein dürfte. Die Regierungsbegründung enthält sich allerdings einer Aussage zu dieser sehr praxisrelevanten Frage.

In Umsetzung der ECN+ Richtlinie werden die Ermittlungsbefugnisse der Kartellbehörden ausgeweitet. Bestehende Leitfäden für Verhalten bei Durchsuchungen müssen entsprechend geändert werden. Insbesondere wird künftig jede natürliche Person zur Auskunft oder Herausgabe verpflichtet werden können (Auskunftsverlangen). Bei Durchsuchungen besteht nunmehr, wie nach europäischem Recht, eine bußgeldbewehrte Mitwirkungspflicht. In bestimmten Fällen müssen sich natürliche Personen auch selbst belasten. Allerdings können die Informationen nicht in Strafverfahren oder Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen sie verwendet werden (s. dazu sogleich).

Bußgeldverfahren

Im Bereich des Kartellbußgeldrechts bringt die Novelle einschneidende Veränderungen der deutschen Rechtslage mit sich, insbesondere im Bereich der Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten Betroffener.

Der Betroffene eines Kartellbußgeldverfahrens wird künftig nur noch ein sehr eingeschränktes Schweigerecht haben. Die in diesem Punkt – auch regelungstechnisch – unglücklichen Vorschriften dienen der Umsetzung der ECN+ Richtlinie und kodifizieren die sog. Orkem-Rechtsprechung des EuGH (Rs. 374/87): Hiernach darf der Betroffene zwar nicht zu einem Geständnis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 bzw. 102 AEUV gezwungen werden, allgemeine Fragen zu Umständen einer Zuwiderhandlung – aus denen im Wege eines Indizienbeweises auf die Zuwiderhandlung geschlossen werden kann – sind aber zulässig. Damit wird das bislang höhere deutsche Schutzniveau auf das niedrigere EU-Schutzniveau abgesenkt und die Verteidigungsrechte werden erheblich eingeschränkt. Für natürliche Personen besteht zwar ein Beweisverwertungsverbot entsprechender Selbstbelastungen für ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Hiermit ist den von einem Kartellbußgeldverfahren betroffenen Unternehmen freilich wenig gedient.

Die Novelle konkretisiert die Kriterien für die Bußgeldbemessung und schafft damit gesetzlich bestimmtere Maßstäbe. Sie kodifiziert einen nicht abschließenden Kriterienkatalog von bisher schon genutzten Zumessungskriterien. Der Gesetzgeber strebt damit ein Mehr an Rechtssicherheit bei der Ausfüllung des weiten Bußgeldrahmens an sowie eine Harmonisierung von kartellbehördlicher und gerichtlicher Bußgeldbemessung. Die unterschiedlichen Ansätze bei der Zumessungsentscheidung und das damit einhergehende Verböserungsrisiko bei Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegen einen Bußgeldbescheid waren in der Vergangenheit zu Recht vielfach kritisiert worden. Die Novelle ist insoweit zu begrüßen, geht jedoch nicht weit genug.

Erfreulicher Weise werden Compliance-Maßnahmen nunmehr ausdrücklich als mildernder Umstand anerkannt. Dies gilt nicht nur für nachträgliche, sondern auch für vor der Zuwiderhandlung getroffene, angemessene und wirksame Vorkehrungen zur Vermeidung und Aufdeckung von Zuwiderhandlungen. Eine Bußgeldreduzierung ist insbesondere dann geboten, wenn die ergriffenen Maßnahmen zur Aufdeckung und Anzeige der Zuwiderhandlung geführt haben. Auch das grundsätzliche Bemühen des Unternehmens um Compliance kann zu seinen Gunsten gewürdigt werden. Bei kleinen und mittleren Unternehmen mit geringem Risiko von Rechtsverletzungen können auch wenige einfache Compliance-Maßnahmen ausreichend sein.

Das bislang in der sog. Bonusregelung des Bundeskartellamtes enthaltene Kronzeugenprogramm wird nunmehr gesetzlich verbindlich geregelt. Größere inhaltliche Änderungen sind damit jedoch nicht verbunden. Die Regelung erfasst weiterhin nur horizontale Kartelle, d. h. Absprachen und Abstimmungen zwischen Wettbewerbern. Kodifiziert ist zukünftig auch, dass bei vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen (z. B. verbotener Preisbindung der zweiten Hand) entsprechende Anträge gestellt werden können, die im Rahmen der Bußgeldzumessung positiv berücksichtigt werden können. Weiterhin ungelöst bleibt die bedenkliche Schieflage zwischen kartellbehördlichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren in Kartellfällen: Während für erstere ein Kronzeugenprogramm zur Verfügung steht, existiert ein solches für ein von der Staatsanwaltschaft geführtes Verfahren nicht. Sofern ein Kartellverstoß zugleich strafbares Verhalten darstellt – z. B. beim Ausschreibungsbetrug –, kann die Kartellbehörde das Verfahren aber an die Staatsanwaltschaft abgeben. In deren Verfahren hätte ein Kronzeugenantrag allenfalls im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung.

Die grenzüberschreitende Vollstreckung von Entscheidungen der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden wird erleichtert. Das Bundeskartellamt kann jetzt ausländische Bußgeldentscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland vollstrecken. Dies gilt nach der EU-weiten Umsetzung der ECN+ Richtlinie auch umgekehrt.

Kartellschadensersatz

Nachdem der Kartellschadensersatz durch die 9. GWB-Novelle grundlegend reformiert wurde, wird in der aktuellen Novelle nur punktuell nachjustiert. In Reaktion auf die Ablehnung von Anscheinsbeweisen für die Kartellbetroffenheit von einzelnen Rechtsgeschäften durch den BGH (KZR 26/17 – Schienenkartell; KZR 24/17 – Schienenkartell II) wird eine die Schadensvermutung ergänzende widerlegliche Vermutung dafür eingeführt, dass sachlich, zeitlich und räumlich in den Bereich eines Kartells fallende Rechtsgeschäfte mit kartellbeteiligten Unternehmen vom Kartell betroffen sind. Die Vermutung gilt auch zugunsten mittelbarer Abnehmer dieser Waren. Sie erstreckt sich ausdrücklich nicht auf Rechtsgeschäfte mit Kartellaußenseitern (sog. Preisschirmeffekte) und gilt nach allgemeinen Grundsätzen nur für nach Inkrafttreten des Gesetzes entstehende Schadensersatzansprüche. Ein praktisches Bedürfnis für eine solche Regelung besteht nach der inzwischen ergangenen klarstellenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Inhalt des Merkmals der Betroffenheit (KZR 24/17 – Schienenkartell II; KZR 35/19 – Lkw-Kartell) nicht. Für die Einführung einer Regelung zur Bestimmung oder Vermutung der Schadenshöhe sieht der Gesetzgeber weiterhin kein Bedürfnis, da Schäden nach § 287 ZPO geschätzt werden können.

Für die im GWB geregelten Herausgabe- und Auskunftsansprüche von bzw. zu Beweismitteln zur Schadensberechnung wird klargestellt, dass sie auch zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen angewendet werden können, die vor Inkrafttreten der entsprechenden Vorschrift im Jahr 2017 entstanden sind. Das OLG Düsseldorf hatte dies in zwei Beschlüssen anders gesehen (s. nur VI-W (Kart) 2/18).

Wettbewerbsregister

Auch das Wettbewerbsregistergesetz wird durch die Novelle in Teilen angepasst. Dies soll laut Begründung einen komplikationsfreien Start des derzeit beim Bundeskartellamt im Aufbau befindlichen Wettbewerbsregisters gewährleisten. Von wesentlicher Bedeutung ist hier, dass die Mitteilungspflicht und die Abfragepflicht zeitlich gestaffelt in Kraft treten. Die Mitteilungspflicht der Verfolgungsbehörden zu eintragungspflichtigen Verstößen an die Registerbehörde tritt erst einen Monat nach der Bekanntmachung in Kraft, dass eine elektronische Datenübermittlung gewährleistet ist. Die Abfragepflicht für Auftraggeber beginnt dann erst sechs Monate später.

Fazit

Die Novelle stärkt die Kompetenzen des Bundeskartellamtes allgemein durch weitergehende Ermittlungskompetenzen. Sie zielt insbesondere auf die Offenhaltung von Märkten im Bereich der Digitalwirtschaft. Hier steigen die Regelungsdichte und die Eingriffskompetenzen deutlich. Das Bundeskartellamt dürfte auch zukünftig zu den aktivsten Behörden im Bereich der digitalen Wirtschaft gehören. Allerdings sieht die Novelle auch weitreichende Neuregelungen bei allgemeinen Datenzugangsansprüchen vor. Diese Neuregelungen setzen keine Marktbeherrschung, sondern nur relative Marktmacht voraus. Sie können daher für Industrieunternehmen, die ggf. zur Herausgabe von Maschinendaten gezwungen werden sollen, gravierende Konsequenzen haben.

In der Fusionskontrolle ist die erhebliche Anhebung der im internationalen Vergleich niedrigen Inlandsumsatzschwellen positiv zu bewerten.

Die gesetzliche Konkretisierung der Kriterien für die Bußgeldzumessung weist in die richtige Richtung, dürfte aber noch nicht weit genug gehen, um das für Unternehmen bestehende Verböserungsrisiko vor Gericht hinreichend zu reduzieren. Rechtsstaatlich bedauerlich – wenngleich aufgrund der ECN+ Richtlinie unausweichlich – ist die Absenkung des bislang höheren deutschen Schutzniveaus in puncto Selbstbelastungsfreiheit der Unternehmen auf das EU-Niveau.

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