Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein neues Förderprogramm, die sogenannten Klimaschutzverträge, aufgelegt. Ziel des Förderprogramms ist es, die Transformation der energieintensiven Industrien hin zur Klimaneutralität zu beschleunigen, indem klimaschädliche durch klimafreundliche Produktionsverfahren ersetzt werden. Um die hierzu notwendigen Investitionen seitens der Unternehmen anzureizen, sollen sie kurzfristige Unterstützung bei deren Finanzierung über das Instrument der Klimaschutzverträge erhalten. Nachdem das vorbereitende Verfahren für das Jahr 2023 abgeschlossen ist, findet vom 12. März bis zum 11. Juli 2024 das Gebotsverfahren statt. Hierfür hat das BMWK am 11. März 2024 die entsprechenden Richtlinien vorgelegt. Die folgenden Ausführungen stellen die Voraussetzungen und Vorgaben mit Stand vom 12. März 2024 dar.
Wie funktionieren Klimaschutzverträge?
Die Klimaschutzverträge sind als CO2-Differenzverträge (engl. Carbon Contracts for a Difference) konzipiert und werden über einen Zeitraum von 15 Jahren zwischen Staat und Unternehmen abgeschlossen. Unternehmen aus energieintensiven Sektoren verpflichten sich, auf klimafreundliche Produktionsverfahren umzusteigen. Die Mehrkosten, die für die Errichtung und den Betrieb im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen entstehen, sollen dabei ausgeglichen werden. Unternehmen werden so gegen etwaige Preisrisiken abgesichert – die Rahmenbedingungen für klimafreundlichere Investitionsmaßnahmen werden damit attraktiver.
Der Staat verfolgt durch dieses Instrument das Ziel, einen finanziellen Anreiz für klimafreundliche Innovationen und Produktionsverfahren zu setzen. Sobald die klimafreundliche Produktion gegenüber der herkömmlichen kostengünstiger wird, müssen die Unternehmen die erzielten Mehreinnahmen an den Staat zahlen.
Wer ist grundsätzlich berechtigt, Förderungen über Klimaschutzverträge zu erhalten?
Grundsätzlich berechtigt sind Unternehmen sowie Kommunen, kommunale Eigenbetriebe, kommunale Unternehmen und kommunale Zweckverbände, soweit sie wirtschaftlich tätig sind. Antragsberechtigte können sich auch zu Konsortien zusammenschließen.
Welche Vorhaben sind förderfähig?
Die abstrakt förderfähigen industriellen Tätigkeiten betreffen insbesondere die Glas-, Papier-, Zement-, Eisen- oder Stahlindustrie und orientieren sich an den in Anhang I Richtlinie 2003/87/EG aufgeführten Tätigkeiten.
Konkret förderfähig sind Vorhaben, die mit den Klimaschutzzielen der Bundesrepublik Deutschland und der EU im Einklang stehen. Das soll unter anderem dann der Fall sein, wenn die neu zu etablierende, klimaneutrale Produktionstechnologie gegenüber der herkömmlichen Produktionstechnologie eine Treibhausgasemissionsminderung von 90 % erreichen kann und dies auch zum Ende der Laufzeit des Klimaschutzvertrags realisiert wird, wobei sich die Minderung spätestens ab Beginn des dritten Jahres nach dem operativen Beginn der neuen Produktionstechnologie auf 60 % belaufen muss. Zudem darf ab dem sechsten vollständigen Kalenderjahr innerhalb der Vertragslaufzeit die geplante relative Treibhausgasemissionsminderung aus dem fünften Kalenderjahr nicht unterschritten werden.
Nicht förderfähig sind unter anderem Vorhaben, die der Antragsteller aufgrund gesetzlicher Vorgaben ohnehin umsetzen müsste oder die gewisse technische Voraussetzungen, etwa den Einsatz der besten verfügbaren Techniken im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU17 („BVT“) nicht erfüllen. Ferner soll die Produktion von Sekundärenergieträgern oder Wasserstoff nicht förderfähig sein. Zudem schließt die aktuelle Entwurfsfassung der Förderrichtlinie Vorhaben aus, die ausschließlich Transport oder geologische Speicherung von Treibhausgasen zum Gegenstand haben.
Was ist zu tun?
Dem Abschluss eines Klimaschutzvertrages kann und wird voraussichtlich auch wieder 2024 ein vorbereitendes Verfahren vorgeschaltet sein. Dabei handelt es sich um ein obligatorisches Verfahren, das dazu dient, für das nachfolgende Gebotsverfahren Informationen zu sammeln.
Die Antragsteller mussten – und müssen voraussichtlich wieder – zu diesem Zwecke zahlreiche Informationen bereitstellen. Dazu zählen unter anderem die Angabe des Referenzsystems, wie viele Treibhausgasemissionen auch nach der Umstellung auf emissionsärmere Technologien verbleiben würden, ein Zeitplan der Umsetzung des geplanten Vorhabens und Erläuterungen hierzu, inwiefern Abhängigkeiten zu anderen Infrastrukturen bestehen (beispielsweise Infrastruktur für Carbon Capture and Storage, Wasserstoff- oder Stromversorgung), eine Finanz- und Ressourcenplanung und eine Prognose zu „grünen“ Mehrerlösen. Wie sich solche grünen Mehrerlöse konkret zu den Zuwendungen verhalten, wird in jeder Förderrichtlinie für jede Runde spezifisch festgelegt. Die aktuelle Richtlinie sieht vor, dass 60 % des vorhabenspezifischen grünen Mehrerlöses abgezogen wird, sofern der grüne Mehrerlös nach Auffassung der Bewilligungsbehörde voraussichtlich nicht ausreichend in den Geboten eingepreist wird. Durch eine Einpreisung können solche Abzüge verhindert werden. Darüber hinaus bietet eine Einpreisung den Vorteil einer besseren Förderungskosteneffizienz, was bessere Zuschlags- und Förderchancen verspricht. Die aktuelle Fassung des Formblatts zur Teilnahme am vorbereitenden Verfahren, in dem diese Angaben zu machen sind, enthält Zeichenzahlvorgaben, die knapp bemessen sind. Antragsteller sollten sich also jeweils auf Kernelemente beschränken – auch wenn notwendige Anlagen gemeinsam mit dem Formblatt eingereicht werden können. Gleichwohl erfordern die Fragen eine Planung, die über eine bloße „Idee“ hinausgeht und einen klaren Umsetzungspfad des Vorhabens erkennen lässt.
Verspätete Einreichungen bleiben im anschließenden Gebotsverfahren ausgeschlossen. Es handelt sich insofern um ein Präqualifikationsverfahren. Der Abschluss eines Klimaschutzvertrags kommt dann nicht mehr in Betracht. Zudem können auch solche Anträge des vorbereitenden Verfahrens später vom Gebotsverfahren ausgeschlossen werden, deren Angaben unbegründet und erheblich von den Angaben im Antrag für das Gebotsverfahren abweichen.
Während für 2023 nur ein Gebotsverfahren durchgeführt wurde, sollen 2024 und 2025 zwei weitere Gebotsrunden stattfinden. Es steht zwar noch nicht endgültig fest, ob bei diesen ebenfalls die Teilnahme an einem vorbereitenden Verfahren zwingend ist, doch ist dieses auf der Website des BMWK zu den Klimaschutzverträgen bereits angekündigt.
Modus der Vergabe der Fördergelder
Die Vergabe der Fördermittel richtet sich nach einem Gebotsverfahren, welches im Anschluss an das vorbereitende Verfahren stattfindet. Das Gebotsverfahren berücksichtigt im Wesentlichen zwei Kriterien:
Das Kriterium der Förderkosteneffizienz bildet insbesondere ab, in welcher Höhe das beantragende Unternehmen staatliche Fördermittel für die Vermeidung einer Tonne CO2-Äquivalent beansprucht (sog. Gebotspreis).
Die relative Treibhausgasemissionsminderung bildet ab, wie groß die Treibhausgaseinsparungen im Vergleich zur herkömmlichen Produktionstechnologie sind.
Der Förderkosteneffizienz soll bei der Vergabe das größere Gewicht zukommen. Ziel ist es damit, durch die Fördermittel im Ergebnis einen möglichst weitreichenden Effekt im Hinblick auf die Vermeidungswirkung bezüglich der CO2-Äquivalente zu erzielen.
Anhand dieser Kriterien werden Vergabepunkte für die Gebote vergeben. Die Klimaschutzverträge werden dann auf wettbewerblicher Basis vergeben, bis die bereitgestellten Fördermittel verbraucht sind. Je kostengünstiger das Unternehmen die Produktion umstellt, desto eher erhält es einen Zuschlag für einen Klimaschutzvertrag.
EU Kommission gibt grünes Licht für Klimaschutzverträge
Da ein Carbon Contract for a Difference letztlich eine staatliche Beihilfe sein kann, ist eine Genehmigung der Europäischen Kommission für das Förderprogramm erforderlich. Grundlage hierfür sind die relativ jungen Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen („KUEBLL“, engl.: Guidelines on State aid for climate, environmental protection and energy 2022, kurz „CEEAG“), siehe hierzu Beitrag vom 7. Januar 2022. Am 16. Februar 2024 hat die EU Kommission die Klimaschutzverträge mit einem Gesamtvolumen von 4 Mrd. EUR genehmigt. In der Folge steht deren Umsetzung nichts mehr im Wege, sodass das erste Gebotsverfahren ab dem 12. März 2024 anlaufen konnte.
Ausblick
Nachdem das erste vorbereitende Verfahren erfolgreich durchgeführt wurde, die beihilferechtliche Genehmigung von der Kommission erteilt wurden und das erste Gebotsverfahren nun angelaufen ist, sind dem Abschluss der ersten Klimaschutzverträge keine echten Hürden mehr entgegen gesetzt. Allein durch die in dieser ersten Gebotsrunde geförderten Anlagen werden voraussichtlich mehrere Millionen Tonnen CO2 eingespart. Der erfolgreiche Start der ersten Runde lässt die Klimaschutzverträge in einem optimistischen Licht erscheinen. Denn es ist zu erwarten, dass die Gebotsrunden für 2024 und 2025 auf den jetzt gesammelten Erfahrungen aufbauen werden. Das nächste vorbereitende Verfahren ist für den Sommer 2024 geplant.