Bereits vor wenigen Wochen informierten wir über den geplanten Gesetzentwurf zur Änderung der Energiepreisbremsen und insbesondere zu den (damals) geplanten Klarstellungen im Zusammenhang mit dem Boni- und Dividendenverbot. Der nun beschlossene Gesetzentwurf wurde durch die Ausschussbefassung im Bundestag kurzfristig geändert. Das Boni- und Dividendenverbot wurde damit verschärft. Betroffen davon sind insbesondere Unternehmen, die eine Entlastung von über EUR 50 Mio. erhalten werden.
Die Anwendung des Boni- und Dividendenverbots ist weiterhin abhängig von der Höhe der durch das Unternehmen vereinnahmten Entlastungen aus den sog. Energiepreisbremsen. Unterschieden wird dabei zwischen Unternehmen, die eine Entlastungssumme von bis zu EUR 25 Mio. erhalten (kein Boni- und Dividendenverbot), eine Entlastungssumme zwischen EUR 25 Mio. und EUR 50 Mio. erhalten (eingeschränktes Boniverbot) oder eine Entlastungssumme von mehr als EUR 50 Mio. erhalten (Boni- und Dividendenverbot).
In Bezug auf das eingeschränkte Boni- und Dividendenverbot haben wir in unserem Beitrag vom 24. Mai 2023 die sich durch die Gesetzesänderung ergebenden Anpassungen bereits beschrieben.
Für das Boni- und Dividendenverbot wurde nunmehr eine maßgebliche Verschärfung der Regelungen gegenüber dem Beitrag vom 24. Mai 2023 beschlossen:
Bezüglich des Boniverbots für Unternehmen mit einer Entlastungssumme von mehr als EUR 50 Mio. war bereits vorgesehen, dass kein Bonus an Mitglieder der Geschäftsleitung und Aufsichtsräte ausgezahlt werden darf; das gilt unabhängig davon, wann der Bonus beschlossen oder vereinbart wurde. Zudem galt bereits ein Dividendenverbot. Der Gesetzgeber wollte mit der im April angestoßenen Gesetzesänderung eigentlich klarstellen, dass das Boni- und Dividendenverbot für das Kalenderjahr 2023 gilt, d.h. Bonuszahlungen für das Kalenderjahr 2023 unzulässig sind, während Bonuszahlungen für das Kalenderjahr 2022, ausgezahlt in 2023, zulässig bleiben.
Hier setzt nun die Verschärfung an: Unternehmen mit einer Entlastungssumme über EUR 50 Mio. dürfen im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 nach dem jetzt beschlossenen Wortlaut auch keinen Bonus auszahlen, der bereits vor dem 1. Januar 2023 vereinbart, beschlossen oder entstanden war und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 noch nicht ausgezahlt wurde. Erfasst sind somit jetzt auch Boni für das Kalenderjahr 2022. Parallel wurde auch das Dividendenverbot nachgeschärft und es dürfen keine Dividenden oder sonstige vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldete Gewinnausschüttungen vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 ausgezahlt werden, unabhängig davon, ob die Dividende vor dem 1. Januar 2023 vereinbart, beschlossen oder entstanden ist. Sollten die Energiepreisbremsen bis zum 30. April 2024 verlängert werden, verlängert sich dieses Ausschüttungsverbot bis zu diesem Datum.
Diese – nachträglich eingeführte – Änderung ist aus juristischer und unternehmerischer Perspektive schwer nachvollziehbar. Juristisch ist fraglich, ob mit dieser Änderung eine sehr weitgehende Rückwirkung auf die erste Jahreshälfte 2023 bzw. inhaltlich in das Jahr 2022 verbunden ist und wie diese Rückwirkung sachlich zu rechtfertigen ist. Zudem bleibt anhand des Wortlauts offen, was „nicht ausgezahlt werden“ bedeutet, insbesondere ob das „Auszahlungsverbot“ nur temporär im Kalenderjahr 2023 gilt. Der Gesetzgeber hat zwar mit der Gesetzesänderung den Begriff „gewährt“ definiert, nutzt aber an entscheidender Stelle den abweichenden Begriff „ausgezahlt“. Aus unternehmerischer Sicht wächst durch diese Änderung nun die Unsicherheit; bereits vor der Gesetzesänderung war das Boni- und Dividendenverbot für Unternehmen schwer zu handhaben, da das Gesetz den Unternehmen keine Instrumente für die Umsetzung gegenüber der Geschäftsleitung, Aufsichtsräten, Konzernunternehmen oder Aktionären zur Verfügung stellt. Jetzt kommt hinzu, dass in der ersten Jahreshälfte 2023 in der Praxis bereits häufig Boni- und Dividenden für das Kalenderjahr 2022 ausgezahlt wurden und Unternehmen damit in das Risiko einer Rückforderung der über EUR 50 Mio. hinausgehenden Entlastungssumme laufen könnten. Einzelheiten hierzu können noch nicht einmal mit der zuständigen Prüfbehörde abgestimmt werden, da diese Prüfbehörde (trotz Geltung des Gesetzes seit einigen Monaten) bislang nicht bestimmt ist.