
Der Bundestag hat Ende Januar 2025 eine weitere Regelung auf den Weg gebracht, die zusätzliche Netzanschlusskapazitäten schaffen soll. Mit der sog. Netzüberbauung wird es nun möglich, Erzeugungskapazitäten an einen Netzanschluss anzuschließen, die über die tatsächliche Einspeisekapazität hinausgehen. Mit der Änderung reagiert der Gesetzgeber darauf, dass die volatilen erneuerbaren Energien bislang die ihnen nominal zustehende Einspeisekapazität in der Regel noch nicht voll ausschöpfen. Zukünftig sollen Netzanschlusskapazitäten flexibler genutzt werden können.
Gesetzesänderung
Der 20. Bundestag hat am 31. Januar 2025 das „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“ (BGBl. 2025 I Nr. 51) sowie das „Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Flexibilisierung von Biogasanlagen und Sicherung der Anschlussförderung“ (BGBl. 2025 I Nr. 52) verabschiedet und damit kurz vor den Wahlen zum 21. Bundestag noch einige relevante Neuerungen im Energierecht beschlossen. Unter anderem wurde eine Änderung des § 8 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beschlossen, welche zum 25. Februar 2025 in Kraft getreten ist. Der Absatz 2 der Regelung sieht nunmehr vor, dass eine EEG-Anlage auch an einem Netzverknüpfungspunkt an das Netz angeschlossen werden kann, der bereits von einer anderen EEG-Anlage genutzt wird.
Damit hat der Gesetzgeber einen gesetzlichen Rahmen für die sog. „Netzüberbauung“ (auch „Cable Pooling“) geschaffen, bei der sich mehrere Stromerzeuger einen gemeinsamen Netzanschluss teilen. Perspektivisch wird dies zu einer erheblichen Reduzierung der Netzausbaukosten führen und Netzeffizienzen schaffen. Mit dem ebenfalls neu eingeführten § 8a EEG wird außerdem der Abschluss flexibler Netzanschlussverträge ermöglicht, die im Rahmen der praktischen Umsetzung eines Cable Poolings zwischen Netz- und Anlagenbetreiber erforderlich werden. Im Gesetz sind ausdrücklich auch Batteriespeicher aufgeführt, sodass die Verbindung von EEG-Anlagen und Batteriespeichern („co-location“) zunehmend gefördert wird.
Hintergrund
Bisher haben Stromerzeuger ihre Anlagen stets mit der maximal möglichen Leistung an das Netz angeschlossen, damit diese bei optimalen Wettervoraussetzungen vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden kann. Allerdings erzeugen bspw. Windenergie- oder Solaranlagen in der Regel wetterbedingt deutlich geringere Strommengen und nutzen die Leistungsfähigkeit des Netzanschlusses somit häufig nicht aus. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) und des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) blieben bei Windenergieanlagen bislang mehr als 67 Prozent und bei Solaranlagen sogar etwa 80 Prozent der Netzkapazitäten ungenutzt.
Auswirkungen und praktische Möglichkeiten
Mithilfe der Netzüberbauung soll die vorhandene Netzinfrastruktur in Deutschland nun besser ausgenutzt werden. Sie ermöglicht es Betreibern von Wind- oder Solarparks, einen gemeinsamen Netzanschluss zu nutzen und sich die leistungsabhängigen Anschlusskosten zu teilen. In Zeiten zunehmender Netzengpässe schafft die Netzüberbauung damit zusätzliche Anschlusskapazitäten. Von einer Überbauung spricht man, da eine oder mehrere Anlagen mit einer höheren kumulierten installierten Leistung angeschlossen werden, als die maximale Kapazität des Netzanschlusses hergibt. Dass die Anlagen dabei insgesamt mehr Strom produzieren, als der Netzanschluss gleichzeitig in das Stromnetz einspeisen kann und die Leistung deshalb gedrosselt werden muss, kommt laut Experten nur selten vor. Bei einer Überbauung von 250 Prozent der Netzkapazität seien Einbußen von nur etwa 6 Prozent, bei einer 150-prozentigen Überbauung sogar von lediglich 1 Prozent zu erwarten.
Damit sich die produzierte Leistung auch zukünftig innerhalb der zulässigen Netzanschlussleistung bewegt, erlaubt der neu eingeführte § 8a EEG den Abschluss flexibler Netzanschlussvereinbarungen zwischen den Netz- und den Anlagenbetreibern. Eine solche flexible Netzanschlussvereinbarung ermöglicht es den Netzbetreibern, die Einspeisung aus konkreten Anlagen vertraglich auf die benötigte Strommenge zu begrenzen. Sie kann statisch oder dynamisch ausgestaltet sein und auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt werden. Dies ist von Vorteil, wenn eine flexible Netzanschlussvereinbarung nur bis zur Fertigstellung einer Netzausbaumaßnahme abgeschlossen werden soll. Anlagen könnten dann bereits vor Abschluss der Netzausbaumaßnahmen in den (reduzierten) Betrieb gehen.
Zur Erreichung des in § 1 EEG normierten Ziels der Energiewende, bis 2030 mindestens 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, müssen noch zahlreiche erneuerbare Energieträger an das Netz angeschlossen werden. Mithilfe der Gesetzesänderung soll dies nunmehr bezahlbar gemacht und ein schnellerer Anschluss fertiggestellter Stromerzeugungsanlagen gewährleistet werden. In praktischer Hinsicht können vor allem Wind- mit Solarparks kombiniert werden, um wetterbedingte Flauten der jeweiligen Energieerzeugungsarten auszugleichen und die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom somit zudem konstanter werden zu lassen.
Ausblick
Die Netzanschlusskapazitäten haben sich in Deutschland zunehmend zum „Bottleneck“ für den Ausbau der erneuerbaren Energien entwickelt. Die Regelungen zur Netzüberbauung knüpfen an die Volatilität der erneuerbaren Energien an und heben Netzeffizienzen. Bei unterschiedlichen Betreibern wird es vertragliche Regelungen brauchen, die kommerziell sowohl die Schaffung einer zusätzlich Anschlussmöglichkeit als auch die mögliche Abregelung aufgrund der Kapazitätsgrenze des Anschlusses abdecken.
