Am 12. Juli 2023 traten weite Teile der EU-Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (EU-Drittstaatensubventionsverordnung, engl. Foreign Subsidies Regulation – FSR) in Kraft. Gerade einmal zwei Tage zuvor hatte die Europäische Kommission mit der Durchführungsverordnung zur FSR Regelungen für deren Umsetzung verabschiedet. In dem Paket enthalten sind auch die Anmeldeformblätter für M&A-Transaktionen (Anhang I – Formular FS-CO) und öffentliche Vergabeverfahren (Anhang II – Formular FS-PP). Die neuen FSR-Anmeldepflichten treten zwar erst am 12. Oktober 2023 in Kraft. Dennoch müssen die Formblätter bereits jetzt für die Vorbereitung von FSR-Anmeldungen beachtet werden. Sie haben daher große praktische Bedeutung für EU- und Nicht-EU-Unternehmen, die potenziell von der FSR betroffen sind.
Die Verabschiedung der finalen Durchführungsverordnung zur FSR wurde deshalb heiß erwartet. Der ursprüngliche, im Februar 2023 veröffentlichte Kommissionsentwurf war während des Konsultationsverfahrens von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden heftig kritisiert worden. Ein Schwerpunkt dieser Kritik waren die völlig realitätsfremden Vorgaben zur Offenlegung drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen (engl. foreign financial contributions – FFCs), die Unternehmen von Nicht-EU-Staaten erhalten haben (siehe M&A-Transaktionen unter dem neuen EU-Foreign-Subsidies-Regime – Ein Vorgeschmack auf das, was hier bevorsteht).
Wichtige Erleichterungen bei der Vorbereitung von FSR-Anmeldungen für M&A-Transaktionen
Die Europäische Kommission hat auf diese Kritik reagiert und die Anforderungen an die Mitteilung von FFCs im Formblatt FS-CO deutlich reduziert.
Anstelle der umfänglichen Pauschalabfrage, die im ursprünglichen Entwurf vorgesehen war (Einzelmeldung aller FFCs ab einem Betrag von 200.000 Euro) hat sich die Europäische Kommission nun für einen wesentlich gezielteren Ansatz entschieden:
- Detaillierte Angaben müssen nur noch zu FFCs gemacht werden, die in eine der in Art. 5 Abs. 1 FSR definierten Kategorien drittstaatlicher Subventionen fallen, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verzerrung des Binnenmarkts anzunehmen ist („High Risk FFCs“).
- Für bestimmte andere FFCs müssen lediglich überschlagsartig Informationen in aggregierter Form zur Verfügung gestellt werden („Sonstige meldepflichtige FFCs“).
Informationen zu diesen beiden Kategorien von FFCs müssen für den Zeitraum von drei Jahren vor Unterzeichnung der M&A-Transaktion vorgelegt werden.
Wichtig: Die Meldepflicht gilt in beiden Fällen nur für FFCs ab einem Betrag von 1 Million Euro.
Einzelmeldung von High Risk FFCs
Diese FFC-Kategorie umfasst die folgenden Maßnahmen/Transaktionen, bei denen laut FSR die Wahrscheinlichkeit einer Verzerrung des Binnenmarkts am größten ist:
- FFCs, die einem notleidenden Unternehmen gewährt werden, d.h. einem Unternehmen, das seine Geschäftstätigkeit kurz- oder mittelfristig wahrscheinlich einstellen wird, wenn es keine Subvention erhält, oder
- FFCs in Form einer unbegrenzten Garantie für Schulden oder Verbindlichkeiten des Unternehmens, d.h. einer Garantie, deren Höhe oder Laufzeit nicht begrenzt ist, oder
- Ausfuhrfinanzierungsmaßnahmen, die nicht im Einklang mit dem OECD-Übereinkommen über öffentlich unterstützte Exportkredite stehen, oder
- FFCs, die einen Zusammenschluss (d.h. eine M&A-Transaktion mit Kontrollwechsel bzw. die Gründung eines Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens) unmittelbar erleichtern.
FFCs, die in eine dieser Kategorien fallen, müssen sowohl von dem/den Anmelder(n) als auch von der Zielgesellschaft einzeln gemeldet werden (sofern der Betrag 1 Million Euro überschreitet).
Überschlagsartige Meldung von bestimmten sonstigen FFCs
Anders als bei High Risk FFCs müssen lediglich die Anmelder (d.h. der oder die Erwerber) – nicht aber die Zielgesellschaft (und auch nicht der Verkäufer) – bestimmte sonstige FFCs melden. Solche sonstigen FFCs müssen auch nicht einzeln gemeldet werden. Das Formular FS-CO enthält vielmehr eine Vorlage (Tabelle), in welche einzutragen ist, welche Arten von FFCs (z.B. Direktzuschuss, Darlehen, Steuervorteil, Garantie, Risikokapitalinstrument, Eigenkapitalintervention, Schuldenerlass usw.) pro Drittstaat erhalten wurden. Außerdem ist der geschätzte Gesamtbetrag der FFCs je Drittstaat (unter Verwendung von Spannen) anzugeben.
Keine Angaben sind für Drittstaaten erforderlich, in denen der/die Anmelder innerhalb des relevanten Zeitraums einen geschätzten Gesamtbetrag an FFCs von weniger als 45 Mio. EUR erhalten hat/haben. Wichtig: FFCs, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung/dem Erwerb von Waren/Dienstleistungen (außer Finanzdienstleistungen) zu Marktbedingungen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs gewährt wurden, müssen hier bei der Meldung nicht mehr berücksichtigt werden (bei der Meldung von High Risk FFCs hingegen schon!). Schließlich gibt es wichtige Erleichterungen für Investmentgesellschaften, wie z.B. Private-Equity-Unternehmen. Unter bestimmten Bedingungen müssen diese FFCs, die anderen Investmentfonds (oder deren Portfoliounternehmen) gewährt werden, die von derselben Investmentgesellschaft verwaltet werden, nicht mehr melden.
Wichtigste Schlussfolgerungen
Die finale Fassung der Anmeldeformblätter entspricht weitgehend den inoffiziellen Gerüchten, die seit April kursieren (siehe Update on EU Foreign Subsidies Regulation (FSR)). Die Europäische Kommission hat die massiven Bedenken, die von Unternehmen und Verbänden gegenüber den exzessiven Meldepflichten im Rahmen des ursprünglichen Entwurfs vorgebracht wurden, offensichtlich ernst genommen – und zumindest teilweise ausgeräumt.
Es müssen nun also deutlich weniger Informationen offengelegt werden. Die rechtliche und faktische Komplexität der Informationsbeschaffung hat jedoch zugenommen. Die zahlreichen Verweise auf komplexe Rechtsbegriffe wie FFCs im Sinne von Art. 5 FSR (High Risk FFCs) und das vielschichtige System von Ausnahmen und Gegenausnahmen für sonstige meldepflichtige FFCs (einschließlich der neuen Ausnahmeschwelle von 45 Millionen EUR pro Drittstaat) werden die Anwendung der FSR für Unternehmen in mancher Hinsicht noch anspruchsvoller machen.
So bleibt beispielsweise abzuwarten, inwieweit Unternehmen, insbesondere multinationale Konzerne, überhaupt hinreichend verlässlich abschätzen können, ob sie den Schwellenwert von 45 Millionen Euro pro Drittstaat überschreiten. Dies wird sicher eine Herausforderung darstellen, wenn beispielsweise mehrere Gesellschaften der betreffenden Unternehmensgruppe in einem bestimmten Drittstaat tätig sind. Noch schlimmer ist die Situation bei dem vergaberechtlichen FSR-Instrument, wo an die Stelle der Schwelle von 45 Millionen Euro eine deutlich geringere Schwelle von vier Millionen Euro tritt.
Schließlich ist zu bedenken, dass die Anpassung des Umfangs der meldepflichtigen FFCs bei der Anmeldung von Transaktionen oder Geboten im Rahmen von Vergabeverfahren keine Auswirkungen auf die vorgelagerte Frage der FSR-Anmeldepflicht (d.h. die 50 Millionen Euro-Schwelle für FFCs bei M&A-Transaktionen) hat. Hier hat sich also nichts geändert, d.h. es muss weiterhin jede einzelne FFC (z.B. Erwerb einer Briefmarke etc.) auf den Schwellenwert angerechnet werden. Hier sind also z.B. auch FFCs unter einer Million Euro relevant. Gleiches gilt für FFCs, die im Rahmen von zu Marktbedingungen abgeschlossenen Transaktionen gewährt werden. Auch die oben erwähnte Erleichterung für Private Equity-Unternehmen kommt hier nicht zu Anwendung.
Nächste Schritte: Was Unternehmen jetzt tun können und sollten
Die finale Durchführungsverordnung zur FSR bestätigt, dass das neue System erhebliche Auswirkungen auf potenziell anmeldepflichtige M&A-Transaktionen haben wird. Die Anpassungen in der finalen Durchführungsverordnung sind ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung. Sie ändern jedoch nichts an der Tatsache, dass die FSR viele EU- und Nicht-EU-Unternehmen vor eine große Herausforderung stellt.
Potenziell betroffene Unternehmen müssen sich insbesondere über die Vorbereitung und Einrichtung eines umfangreichen, zeitaufwändigen und komplexen Informationserfassungsprozesses Gedanken machen, um die erforderlichen FSR-Daten auf globaler und konzernweiter Basis für die letzten drei Jahre zu sammeln. Zumindest diejenigen Unternehmen, die bereits absehen oder nicht ausschließen können, dass sie innerhalb der nächsten 12 bis 24 Monate eine FSR-Anmeldung einreichen müssen, sollten damit lieber früher als später beginnen. Da der relevante Dreijahreszeitraum für die FFC-Meldepflicht an das Datum der Unterzeichnung des M&A-Vertrags (bei M&A-Transaktionen) bzw. des Angebots (bei öffentlichen Vergabeverfahren) gekoppelt ist, sollte das System auch so konzipiert sein, dass es regelmäßig aktualisiert werden kann.
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