Außenwirtschaftsrecht

Außenwirtschaftsrecht Update: Sanktionen der EU gegen Russland und Belarus – 15. Sanktionspaket

Am Montag, den 16. Dezember 2024, hat die EU das nunmehr bereits 15. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Dieses bleibt in Umfang und Reichweite deutlich hinter dem letzten Sanktionspaket vom 24. Juni 2024 (Beitrag vom 26. Juni 2024) zurück.

Auch das neue Sanktionspaket zielt in erster Linie darauf, Umgehungen der Russlandsanktionen zu verhindern, und nimmt dabei neben weiteren Schiffen der sog. russischen Schattenflotte auch Akteure in Drittstaaten, die mit dem russischen militärisch-industriellen Komplex in Verbindung stehen, ins Visier.

Daneben enthält das 15. Sanktionspaket Schutzmechanismen für EU-Zentralverwahrer und ergänzt den Schutz für EU-Unternehmen vor russischer Inanspruchnahme um eine Sonderregelung zur Nichtanerkennung bestimmter russischer Gerichtsentscheidungen in der EU. Zudem werden die Zeiträume für bestimmte Befreiungstatbestände verlängert, darunter auch die Genehmigungsmöglichkeiten für Geschäfte, die im Zusammenhang mit dem Rückzug aus Russland stehen.

Mit dem am 16. Dezember 2024 im 15. Sanktionspaket zusammengefassten Maßnahmen nimmt die EU punktuelle Verschärfungen und Anpassungen ihrer Sanktionsmaßnahmen gegen Russland und Belarus vor. Mit der Verordnung (EU) 2024/3189 und der Durchführungsverordnung (EU) 2024/3183 wird die im Wesentlichen personenbezogene Finanzsanktionen regelnde Verordnung (EU) 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, angepasst. Verordnung (EU) 2024/3192 sieht demgegenüber Änderungen an den im Wesentlichen handelsbezogenen Sanktionen der Verordnung (EU) 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, vor. Ebenfalls Teil des 15. Sanktionspakets sind Erweiterungen der personenbezogenen Sanktionen in der Verordnung (EU) 765/2006 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der Aggression Russlands gegen die Ukraine durch Durchführungsverordnung (EU) 2024/3177. Zuletzt erweitert die Durchführungsverordnung (EU) 2024/3188 die personenbezogenen Sanktionen aus der Verordnung (EU) 2024/2642 über restriktive Maßnahmen angesichts der destabilisierenden Aktivitäten Russlands auf neue Akteure.

Neue Listungen in Anhang IV der Verordnung (EU) 833/2014

Die EU erweitert die Liste von Personen, Organisationen und Einrichtungen, die den militärisch-industriellen Komplex Russlands bei dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen, um 32 weitere Organisationen aus Russland, Serbien, Iran, Hong Kong, China, Indien und den VAE. Hierbei handelt es sich u.a. um diejenigen Unternehmen in Drittstaaten, die an der Umgehung von Ausfuhrbeschränkungen beteiligt sind und damit insbesondere das russische Drohnenprogramm unterstützen. Der unmittelbare Effekt einer solchen Listung in Anhang IV der Verordnung (EU) 833/2014 ist eher gering: Sie erhöht die Hürden für den Erhalt einer Ausnahmegenehmigungen für die Ausfuhr von sanktionierten Gütern an die dort gelisteten Empfänger. Von größerer Bedeutung dürfte sein, dass sich aus der Listung in Anhang IV der Verordnung (EU) 833/2014 jedenfalls Anhaltspunkte für eine militärische Endverwendung der an die dort aufgeführten Unternehmen gelieferten Güter ergeben.

Exportierende Unternehmen sollten daher mit Blick auf Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2021/821 ihren Kundenstamm regelmäßig daraufhin überprüfen, ob sie Anhang IV-gelistete Unternehmen beliefern.

Neue Listungen von Schiffen der sog. russischen Schattenflotte

Ebenfalls erweitert wird mit dem 15. Sanktionspaket die Liste der in Anhang XLII der Verordnung (EU) 833/2014 aufgeführten Schiffe. Aufgenommen werden 52 weitere Schiffe, die an der Umgehung des Ölpreisdeckels, am Transport militärischer Güter nach Russland und/oder von unrechtmäßig erlangtem ukrainischem Getreide beteiligt sind. Hinsichtlich der in Anhang XLII aufgeführten Schiffe gelten die Beschränkungen aus Art. 3s Verordnung (EU) 833/2014. Ihnen darf kein Zugang zu Häfen, Ankerzonen und Schleusen im Unionsgebiet gewährt werden. Zudem sind eine Vielzahl von Geschäftshandlungen in Bezug auf diese Schiffe (wie etwa Kauf, Charter, Betrieb) sowie die Erbringung von Dienstleistungen (wie etwa die Bunkerung) für diese Schiffe verboten.

Insbesondere Hafenbetreiber und Unternehmen im maritimen Dienstleistungssektor sollten diese neuen Listungen in ihren Compliance-Prozessen spiegeln.

Neue personenbezogene Sanktionen

Mit dem 15. Sanktionspaket werden neue Personen, Organisationen und Einrichtungen personenbezogenen Sanktionen unterworfen. Ihre Vermögenswerte in der EU sind eingefroren; sie unterliegen einem Bereitstellungsverbot und Einreiseverboten. Hierzu werden Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014, Anhang I der Verordnung (EU) 765/2006 und Anhang I der Verordnung (EU) 2024/2642 um neue Einträge erweitert. Erstmalig werden im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nun auch personenbezogenen Sanktionen gegen chinesische Personen und Unternehmen verhängt. Anlass ist deren Beteiligung am russischen Drohnenprogramm bzw. die Förderung von Sanktionsumgehungen.

Sondervorschriften für EU-Zentralverwahrer

Mit Anpassungen in Art. 6b Verordnung (EU) 269/2014 und Art. 5a Verordnung (EU) 833/2014 reagiert die EU auf Entwicklungen in Russland, wonach Vermögenswerte von EU-Zentralverwahrern, die in Russland gehalten werden, ohne die vorherige Zustimmung dieser Verwahrer beschlagnahmt wurden. Die neuen Regelungen sollen einerseits EU-Zentralverwahrern die Freigabe von russischen Barbeständen ermöglichen, um ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, andererseits die Haftungsrisiken der EU-Zentralverwahrer und ihrer Beschäftigten reduzieren.

Schutz vor russischen Gerichtsentscheidungen

Mit der Aufnahme des neuen Art. 11c in Verordnung (EU) 833/2014 ergänzt die EU ihr Schutzprogramm für EU-Unternehmen vor russischer Inanspruchnahme. Art. 11c Verordnung (EU) 833/2014 verweigert russischen gerichtlichen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit Art. 248 der russischen Arbitrazh-Prozessordnung stehen, die Anerkennung in den EU-Mitgliedstaaten.

Verlängerungen von Übergangszeiträumen

Schließlich verlängert das 15. Sanktionspaket eine Vielzahl von Übergangszeiträumen für bestimmte Genehmigungsverfahren und Befreiungstatbestände, die andernfalls zum 31. Dezember 2024 ausgelaufen wären, um ein weiteres Jahr. Dies gilt für bestimmte Genehmigungsverfahren hinsichtlich eingefrorener Vermögen (Art. 6b Abs. 5f Verordnung (EU) 269/2014), für bestimmte Ölimporte Kroatiens und Tschechiens (Art. 3m Abs 6, Abs. 8 Verordnung (EU) 833/2014), für die Entflechtung von Gemeinschaftsunternehmen mit russischer Beteiligung (Art. 5aa Abs. 3, Abs. 3a Verordnung (EU) 833/2014) sowie für Genehmigungen, die EU-Unternehmen den Rückzug aus Russland erleichtern sollen (Art. 11 Abs. 4, Art. 12b Verordnung (EU) 833/2014).

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass im korrespondierenden Erwägungsgrund (9) der Verordnung (EU) 2024/3192 nunmehr auf Grund „der Risiken, die mit der Aufrechterhaltung von Geschäftstätigkeiten in Russland verbunden sind“ ausdrücklich empfohlen wird, „Geschäftstätigkeiten in Russland abzuwickeln und/oder keine neuen Tätigkeiten aufzunehmen“.

Ausblick

Das 15. Sanktionspaket hält mit den umfangreichen Listungen von Personen und Organisationen aus Drittstaaten sowie der deutlichen Empfehlung, Geschäftsaktivitäten in Russland abzuwickeln, sanktionspolitisch interessante Aspekte bereit. Praktisch bringt es für EU-Unternehmen verglichen mit seinen Vorgängerpaketen aber deutlich weniger Einschnitte mit sich. EU-Unternehmen werden in erster Linie die für ihre Geschäftsfelder relevanten neuen Listungen zu berücksichtigen haben.
 

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