Energie & Infrastruktur

Technisches Problem an der Strombörse EPEX Spot sorgt für hohe Strompreise

Am 25. Juni 2024 führte ein Vorfall an der Pariser Strombörse EPEX Spot zu enormen Strompreisschwankungen und einem deutlich erhöhten Strompreis im Tagesmittel. Für stromintensive Unternehmen mit einem Börsenstrompreis löste dies erhebliche Mehrkosten aus. Die Strombörse hat sich inzwischen mit einem Brief an ihre Handelspartner gewandt und den Vorfall in einem Bericht aufgearbeitet. Zu einem möglichen Schadenersatz verhält sich die Börse aber nicht. 

Ein technischer Vorfall an der EPEX Spot sorgte am 25. Juni 2024 für Probleme im Day-Ahead-Trading. Dadurch kam es zu einer Abkoppelung der Strommärkte mehrerer europäischer Staaten (u.a. Deutschland, Österreich, Dänemark und Frankreich) vom Single Day-Ahead Market Coupling (SDAC), welches einen einheitlichen europäischen Strommarkt schafft. Für die betroffenen Staaten fanden gesonderte Auktionen statt. Die entstandene Situation war mit einer vollkommen selbstständigen und abgeschnittenen Stromversorgung Deutschlands vergleichbar. 

Hintergrund des Vorfalls 

Die zwischenzeitlich verbreitete Information, ein Stromausfall habe den Vorfall ausgelöst, hat die EPEX Spot mittlerweile ausdrücklich dementiert. Inzwischen hat das Market Coupling Steering Committee (MCSC) einen Bericht zum Vorfall veröffentlicht. Einen solchen Bericht hatte die EPEX Spot bereits wenige Tage nach dem Vorfall angekündigt. In dem Bericht des MCSC ist von einem technischen Vorfall infolge der Implementierung eines Feature Updates für das Auktionshandelssystem der EPEX Spot („EPEX Spot auction trading system – ETS“) die Rede. Dieses Feature Update sei noch am selben Tag deaktiviert worden. Zudem sei es zu Verbindungsproblemen gekommen, die den Zugang der Marktteilnehmer zum Handelssystem erschwert haben.

Auswirkungen auf den Strompreis und Folgen für Stromkunden

Im Rahmen des Day-Ahead-Tradings kam es dadurch im Laufe des Tages zu enormen Preisschwankungen von etwa 400 Prozent. Der Strompreis lag in den Morgenstunden bei etwa 2.000 EUR/MW. Zudem fiel der Strompreis im Tagesmittel mit etwa 450 Euro pro Megawattstunde gegenüber den gewöhnlichen Tagesmittelwerten von 100 bis 200 Euro pro Megawattsunde deutlich höher aus. Problematisch war diese Situation vor allem für Stromkunden mit dynamischen Stromverträgen bzw. Börsenstrompreisen. Sie bekamen die Auswirkungen der technischen Abkoppelung am 25. Juni 2024 unmittelbar zu spüren. Schätzungen von Marktteilnehmern zufolge soll sich der entstandene Schaden auf etwa EUR 350 Mio. belaufen.

Reaktion und Kritik der Industrie 

Aus Sicht der Stromkunden, insbesondere der Industrieunternehmen, lässt sich gut vertreten, dass ein technisches Problem an der Strombörse nicht zu den üblichen, von den Marktteilnehmern zu tragenden Risiken gehöre. Von den Unternehmen und Verbänden wird zudem kritisiert, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einer physischen (echten) Verknappung am Strommarkt gekommen sei und die Strombörse dies nicht mit einberechnet habe. Der Börsenstrompreis hat daher am 25. Juni 2024 nicht die realen Strompreise widergespiegelt. Fraglich ist zudem weiterhin, ob bei der EPEX Spot ein ausreichendes Risikomanagement implementiert war. 

Die EPEX Spot betont in einem zwischenzeitlich veröffentlichten Brief an ihre Handelspartner, dass die Marktergebnisse in Übereinstimmung mit den geltenden Regelungen und Prozessen zustande gekommen seien. Im Übrigen bedauere die EPEX Spot den Vorfall und beabsichtige, Informations- und Kommunikationsprozesse zu verbessern und ihre Ausweichverfahren und Fristen innerhalb des Handels zu überdenken. Man arbeite kontinuierlich daran, derartige Vorfälle zu verhindern.

Ausblick

Die Bewertung und Durchsetzung etwaiger Schadenersatzansprüche ist komplex. Neben den Börsenregelungen der EPEX Spot, die entsprechende Haftungserleichterungen vorsehen, muss auch das jeweilige Rechtsverhältnis bewertet werden. Industriekunden beziehen ihren Strom häufig selbst von einem Zwischenhändler zum Börsenstrompreis und sind daher kein unmittelbarer Marktteilnehmer der Strombörse. Aussichtslos sind Schadenersatzansprüche gleichwohl nicht, da der technische Fehler – anders als bspw. ein Stromausfall – in der Sphäre der EPEX Spot lag. 

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