Energie & Infrastruktur

Solarpaket I – Einführung der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung

Mit dem Gesetzesentwurf zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung (Solarpaket I, E-EnWG) möchte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einige Aspekte seiner PV-Strategie umsetzen. Für Eigentümer und Mieter von Gewerbeimmobilien, insbesondere Logistik- und Gewerbehallen, kann die geplante Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung den erzeugungsnahen Vertrieb und Verbrauch von PV-Strom erleichtern. Vermieter können selbst, durch Töchter- oder Schwesterunternehmen oder durch die Vermietung der Dachfläche weiteres Wirtschaftspotential ihrer Immobilie heben; Mieter können die regionale PV-Nutzung innerhalb ihres ESG-Reportings nutzen.  

Was steckt hinter der sog. Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (§ 42b Abs. 1 E-EnWG)?

Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung soll die lokale Nutzung von PV-Strom stärken. Das Modell sieht vor, dass PV-Strom an oder auf einem Gebäude erzeugt und vor Ort durch die Mieter, Wohnungs- oder Gebäudeeigentümer verbraucht wird. Soweit der mit der PV-Anlage erzeugte Strom nicht vollständig durch die Mieter, Wohnungs- oder Gebäudeeigentümer genutzt wird, kann der nicht verbrauchte Strom in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist werden. In technischer Hinsicht ist maßgeblich, dass die Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen hinter demselben Netzverknüpfungspunkt liegen, d. h. die Stromlieferung ohne Durchleitung durch ein Netz erfolgt (§ 42b Abs. 1 S.1 Nr. 1 E-EnWG).

Abgrenzung zum Mieterstrom

Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (§ 42b EnWG) soll neben dem Mieterstrom (§ 42a EnWG) ein eigenständiges Modell für den erzeugungsnahen Verbrauch von Strom aus PV-Anlagen werden. Sie bringt – in Abgrenzung zum Mieterstrommodell – zwei wesentliche Vorteile für den weiteren Hochlauf der PV-Nutzung:

  • In Abgrenzung zum Mieterstrom ist bei der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung keine Vollversorgung durch den Vermieter erforderlich (§ 42b Abs. 3 E-EnWG). Der PV-Anlagenbetreiber, der bspw. auch eine Schwestergesellschaft der Grundstücksgesellschaft sein kann, liefert an die Letztverbraucher in der Immobilie nur den PV-Strom. Den Reststrom, d. h. Strom für die Nacht- und Dunkelzeiten, beschaffen sich die Letztverbraucher durch eigene Reststromlieferverträge selbst.
     
  • Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ist nicht auf Wohngebäude beschränkt, sondern steht insbesondere Eigentümern und Vermietern von Gewerbeimmobilien zur Verfügung.

Inhalt des Gebäudestromnutzungsvertrags

Im Rahmen der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung schließen die Betreiber der PV-Anlage, die als Gebäudestromanlage definiert werden sollen (§ 3 Nr. 20a E-EnWG), mit Mietern von Wohn- oder Gewerberäumen, Wohnungseigentümern bzw. gemeinschaftlichen Eigentümern gewerblich genutzter Räume sog. Gebäudestromnutzungsverträge ab. Im Gebäudestromnutzungsvertrag ist nach dem vorliegenden Gesetzentwurf mindestens zu vereinbaren,

  • dass die Nutzung des erzeugten PV-Stroms im Umfang eines vereinbarten Aufteilungsschlüssels erfolgt und
     
  • wer den Betrieb, die Erhaltung und die Wartung der PV-Anlage sowie die Kostentragung hierfür übernimmt (§ 42b Abs. 2 E-EnWG).

Darüber hinausgehende Vereinbarungen sind zulässig. Lediglich die Wahl des Stromlieferanten für den Reststrom darf durch den Gebäudestromnutzungsvertrag nicht eingeschränkt werden (§ 42 Abs. 3 S. 3 E-EnWG); das folgt dem allgemeinen Grundsatz, wonach die freie Wahl des Stromlieferanten innerhalb sog. Kundenanlagen nicht eingeschränkt werden darf.

Was bedeutet „Aufteilungsschlüssel“

Die Zuteilung des erzeugten Stroms an die teilnehmenden Letztverbraucher erfolgt grundsätzlich aufgrund eines vereinbarten statischen oder dynamischen Aufteilungsschlüssels. Mit dem Aufteilungsschlüssel wird bestimmt, wie der erzeugte PV-Strom gebäudeintern auf die Letztverbraucher verteilt wird.

Unter einem statischen Aufteilungsschlüssel ist die Festlegung eines bestimmten, gleichbleibenden Anteils an der Produktion der Anlage gemeint, die einem Letztverbraucher zugeteilt wird und von diesem genutzt werden kann, solange der Stromverbrauch des Letztverbrauchers in dem jeweiligen gemessenen Zeitintervall mindestens so hoch ist wie die aufgrund des Aufteilungsschlüssels zugeteilte Strommenge. Im Fall eines dynamischen Aufteilungsschlüssels wird der in der Gebäudestromanlage erzeugte Strom entsprechend dem Anteil am Gesamtverbrauch eines Beteiligten innerhalb eines 15-Minuten-Intervalls zugeteilt. Damit kann bspw. vereinbart werden, dass Letztverbraucher einen bestimmten Prozentsatz am Gesamtverbrauch als PV-Strom erhalten.

Erfolgt keine Festlegung eines Aufteilungsschlüssels oder ist der vereinbarte Aufteilungsschlüssel unwirksam, ist im Zweifel der durch die Gebäudestromanlage erzeugte Strom zu gleichen Teilen auf die teilnehmenden Letztverbraucher zu verteilen (§ 42b Abs. 5 S. 3 EnWG).

Auf Gebäudestromnutzungsverträge anzuwendende Vorschriften des EnWG

Die für Energieversorgungsunternehmen und Stromlieferanten geltenden Lieferantenpflichten der §§ 40 ff. EnWG gelten weitgehend nicht in der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (§ 42b Abs. 4 Nr. 1 E-EnWG). Das betrifft insbesondere Transparenzpflichten in Energielieferverträgen und Rechnungen. Die Umsetzung der gemeinschaftlichen Gebäudeenergieversorgung soll dadurch möglichst einfach und attraktiv gestaltet werden und die breitere Teilhabe am dezentralen Ausbau von erneuerbaren Energien fördern.

Die Regelungen zum Kopplungsverbot zwischen Miet- und Mieterstromverträgen aus § 42a Abs. 2 und 3 EnWG (mit Ausnahme von § 42a Abs. 2 S. 4 und 6 EnWG) finden demgegenüber auf Gebäudestromnutzungsverträge Anwendung (§ 42b Abs. 4 Nr. 3 EnWG). Denn auch für Gebäudestromnutzungsverträge soll grundsätzlich ein Kopplungsverbot mit Mietverträgen bestehen und der Abschluss eines Gebäudestromnutzungsvertrags nicht vom Abschluss des Mietvertrags abhängig sein. Ausnahmen vom Kopplungsverbot bestehen für Mietverhältnisse über Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch, für Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist, sowie in Alters- und Pflegeheimen, Studenten- und Lehrlingsheimen. Des Weiteren sind die Regelungen über die Laufzeit (grundsätzlich 2 Jahre, § 42b Abs. 4 Nr. 3, § 42a Abs. 3 S. 1 E-EnWG) und Beendigung von Mieterstromverträgen auf den Gebäudestromnutzungsvertrag entsprechend anwendbar.

Zusammenfassung und Ausblick

Gewerbeimmobilien bieten mit ihren großen Dachflächen ein bislang kaum ausgeschöpftes Flächenpotential für PV-Anlagen. Die klarstellende Einführung des Modells der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung kann ein entscheidender Impuls für den PV-Hochlauf innerhalb der Immobilienwirtschaft sein. Bei Gewerbeimmobilien scheiterte der erzeugungsnahe Vertrieb und Verbrauch des PV-Stroms vor allem daran, dass die Netzbetreiber nur auf das Mieterstrommodell der Wohnraumwirtschaft vorbereitet war. Die bislang schleppende Abstimmung einer Gebäudeversorgung im Gewerbebereich sollte durch den Gesetzesentwurf deutlich vereinfacht werden.

Insbesondere ist die Klarstellung zu begrüßen, dass es keine Vollversorgungspflicht gibt. Zudem ist die Befreiung von wesentlichen Lieferantenpflichten eine wesentliche Erleichterung für die Vor-Ort-Versorgung. An einigen Stellen bleibt aber zu hoffen, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch Nachbesserungen vorgenommen werden; so ist die Begrenzung der Gebäudestromnutzungsverträge auf 2 Jahre zu knapp, um als Basis für die Finanzierung der PV-Anlage zu dienen. Außerdem wäre eine Klarstellung wünschenswert, dass für die erzeugte und ohne Netzdurchleitung verbrauchte PV-Strommenge auch Herkunftsnachweise bzw. ein vergleichbarer Nachweis über den Stromverbrauch durch ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien erstellt werden kann. Zudem sollte die Beschränkung auf Erzeugung und Nutzung von PV-Strom in „demselben Gebäude“ überdacht werden. Denn das erschwert die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung innerhalb von Gewerbe- und Unternehmerparks, die üblicherweise als eine Kundenanlage organisiert sind, aber durchaus aus mehreren Gebäuden bestehen.

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