Energie & Infrastruktur

Smart-Meter-Rollout: Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende

Intelligente Strommesssysteme, sogenannte Smart Meter, können einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Energiesysteme und damit auch zur effizienteren Nutzung von Energie leisten. Bereits 2020 wollte daher die damalige Bundesregierung durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende den Einbau von Smart Metern für verpflichtend erklären. Das dadurch eingeführte Messstellenbetriebsgesetz ("MsbG") sah vor, dass der Einbau solcher Smart Meter verpflichtend werden sollte, sobald es mindestens drei verschiedene Anbieter gebe, die solche Messgeräte unter Einhaltung der notwendigen hohen Standards an Sicherheit und Interoperabilität herstellen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ("BSI") stellte mittels seiner „Markterklärung“ im Februar 2020 fest, dass diese Voraussetzung gegeben sei und schaltete dadurch die Smart-Meter-Einbaupflicht „scharf“. Das Oberverwaltungsgericht Münster sah das allerdings anders: Auf mehrere Eilanträge von Messstellenbetreibern hin, setzte es diese Pflicht wieder aus, woraufhin letztlich auch das BSI seine Markterklärung zurücknahm.

Mit dem Entwurf des „Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“, den das Kabinett Anfang Januar 2023 gebilligt hat und der nun dem Bundestag zur Beratung und Entscheidung vorliegt, könnte die Einbaupflicht sowie weitere Regelungen zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur für ein modernes Energiesystem bald auch ohne das vorgelagerte Verwaltungsverfahren beim BSI kommen. Der neue Gesetzentwurf sieht hierfür einen gesetzlich festgelegten „Smart Meter-Rollout-Fahrplan“ vor.

Was sind Smart Meter und wie tragen sie zur Digitalisierung der Energiewende bei?

Smart Meter bestehen aus einem digitalen Stromzähler („moderne Messeinrichtung“) und einer besonders gesicherten Kommunikationseinheit, dem sogenannten Smart Meter Gateway. Sie werden in Messstellen eingesetzt, um Echtzeitdaten zum Stromverbrauch bzw. Stromerzeugung zu erfassen und anschließend zu übermitteln. Diese Datenübermittlung soll über ein intelligentes Netz (sogenanntes „Smart Grid“) erfolgen, über welches Stromerzeuger und Stromverbraucher miteinander verknüpft werden und digital miteinander kommunizieren.

Smart Meter können einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Energiewende leisten, indem sie die effizientere und kostengünstigere Energienutzung ermöglichen. Bereits jetzt beruhen große Teile unserer Energieversorgung auf fluktuierender Einspeisung, während auch das Nutzungsverhalten der Stromverbraucher für eine erhöhte Volatilität sorgt. Durch Smart Meter sollen Energieeinspeisung und Energieverbrauch besser aufeinander abgestimmt werden. Das bietet Verbrauchern die Chance, Strom je nach Angebotslage günstiger zu nutzen – insbesondere durch dynamische Stromtarife (dazu weiter unten); außerdem können sie ihren Stromverbrauch viel transparenter nachverfolgen als bisher. Für die Netzbetreiber bieten Smart Meter vor allem den Vorteil, dass sie die Netzauslastung besser koordinieren können, was wiederum zu einer erhöhten Versorgungssicherheit beiträgt.

Was sieht der Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende vor?

Der bisherige Stand des Gesetzentwurfs sieht – unter Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes ("EnWG"), des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ("EEG") und des MsbG – verschiedene Maßnahmen zur Digitalisierung, Entbürokratisierung und Flexibilisierung des Energiesystems vor.

Gesetzlicher Smart-Meter-Rolloutfahrplan

Herzstück des neuen Gesetzentwurfs ist der gesetzliche Smart-Meter-Rolloutfahrplan. Dieser Fahrplan soll in den §§ 29 bis 31, 45 MsbG n.F verankert werden und sieht schrittweise verbindliche Ausstattungsziele vor, ohne dass (wie nach derzeitigem Gesetzessstand) ein vorgeschaltetes Verwaltungsverfahren mitsamt Marktanalyse und Markterklärung des BSI stattzufinden hat.  

Zur Beschleunigung kann der Rollout für bestimmte Stellen (Stromverbraucher bis zu 100.000 kWh/Jahr und Stromerzeuger ab 7 bis 25 kWh) sofort ab Inkrafttreten des Gesetzes unter Verwendung der bislang zertifizierten Geräte starten („agiler Rollout“). Bei diesen müssen aufwendigere Funktionen, wie z.B. bestimmte Steuern und Schalten, noch nicht beim Einbau freigeschaltet sein; vielmehr kann dies auch erst später über Anwendungsupdates erfolgen.

Verpflichtend wird der Rollout stufenweise ab 2025; bis Ende 2030 soll der Rollout weitestgehend abgeschlossen sein. Für Kleinstverbraucher (unter 6.000 kWh/Jahr) und -erzeuger (ab 1 bis 7 kW installierter Leistung) ist (nur) ein optionaler Rollout vorgesehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ("BMWK") hat eine Infografik zum Smart-Meter-Rollout-Fahrplan veröffentlicht.
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Im neuen Gesetzentwurf werden außerdem die Kostentragungspflichten neu geregelt: Für Verbraucher und Kleinanlagenbetreiber (mit einem Verbrauch zwischen 6.000 und 10.000 KWh/Jahr) werden die direkten Kosten, also die Messentgelte, auf EUR 20 pro Jahr begrenzt, was auch der derzeit geltenden Preisobergrenze für die moderne Messeinrichtung entspricht. Die Netzbetreiber werden im Gegenzug stärker an den Kosten beteiligt.

Smart-Meter-Pflicht auch für Anlagenbetreiber

Mit dem Smart-Meter-Rollout geht auch eine Verpflichtung für (unter anderem) Betreiber von EEG- und KWK-Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 25 Kilowatt einher, ihre Anlagen mit intelligentem Messsystem sowie mit technischen Einrichtungen für die Einbindung eines Smart-Meter-Gateways auszustatten. Diese Verpflichtung sah auch der alte § 9 EEG 2023 schon vor, dies allerdings erst ab der Markterklärung des BSI, die nach dem neuen Gesetzentwurf nicht mehr vorgesehen ist. 

Dynamische Stromtarife

Hand in Hand mit der schrittweise flächendeckenden Einführung von Smart Metern soll auch die Einführung von dynamischen bzw. variablen Stromtarifen beschleunigt werden. Angesichts der Tatsache, dass (wie bereits erwähnt) ein Großteil unserer Energieversorgung auf fluktuierender Einspeisung beruht, werden wirtschaftliche Anreize für einen hieran angepassten Verbrauch immer wichtiger. Ein wichtiges Mittel hierzu sind dynamische Stromtarife, bei denen sich die Preise an dem jeweiligen Einspeiseniveau orientieren, was eine Anreizwirkung für Verbraucher zur Folge hat. Der Verbraucher kann seinen (planbaren) Energieverbrauch – mittels Smart Meter – daran ausrichten und dadurch Energie kostengünstiger nutzen.

Eine Verpflichtung der Stromlieferanten zum Anbieten dynamischer Stromtarife ist zwar in § 41a EnWG schon jetzt angelegt. Diese Angebotsverpflichtung besteht derzeit jedoch nur für solche Stromlieferanten, die mehr als 100.000 Letztverbraucher beliefern; diese Verpflichtung wird schrittweise ausgeweitet, ab 2025 bis hin zu Stromlieferanten mit mehr als 50.000 Letztverbrauchern. Dem neuen Gesetzentwurf zufolge sollen aber ab 2025 nunmehr sämtliche Stromlieferanten zum Angebot solcher Tarife verpflichtet sein; eine De-Minimis-Schwelle soll es dann nicht mehr geben.

Klarstellung der Verantwortlichkeit von BSI und BMWK

Der Gesetzentwurf stellt außerdem klar, dass das BSI seine gesetzlichen Aufgaben nach dem MsbG „im Auftrag“ des BMWK ausübt. Das bedeutet, dass das BSI die ihm auferlegten Aufgaben als sachnähere Behörde für die Einschätzung des aktuellen Stands der Technik der Cybersicherheit wahrnimmt, das BMWK zugleich aber dem BSI die inhaltliche, zeitliche und prozessuale Umsetzung vorgeben kann.

Zusammenfassung und Ausblick

Die schleppende Digitalisierung im Energiesektor ist ein wesentliches Hemmnis der Energiewende. Mit dem Neustart soll das dem Rollout für Smart Meter vorgeschaltete Verwaltungsverfahren, das bisher am OVG Münster sein Ende nahm, abgeschafft werden. Der Smart-Meter-Rollout, verbesserte Datenkommunikation und dynamische Stromtarife sind unmittelbar miteinander verbunden und wesentlicher Bestandteil der angestrebten Digitalisierung des Energiesystems in Deutschland.

Der Gesetzentwurf wird derzeit Bundestag beraten. Presseangaben zufolge wird bereits ein Inkrafttreten noch im Frühling 2023 angestrebt.

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