Seit dem 1. Januar 2020 ist die Vergütungsstruktur bei börsennotierten Gesellschaften auf eine „nachhaltige und langfristige“ Entwicklung der Gesellschaft auszurichten. Rechtliche Grundlage ist der durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie („ARUG II“) neu gefasste § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG.
Während § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG aF nach herrschender Ansicht erfüllt war, wenn die Vergütungsstruktur an einem längerfristigen wirtschaftlichen Interesse ausgerichtet war, sollen nach der Begründung des Rechtsausschusses die Begriffe „nachhaltig“ und „langfristig“ verdeutlichen, dass der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vergütung auch soziale und ökologische Gesichtspunkte „in den Blick zu nehmen“ hat.
Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex („DCGK“) verlangt, dass die Vergütungsstruktur börsennotierte Gesellschaften auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten ist. Börsennotierte Gesellschaften sind demnach angehalten, durch die Wahl der finanziellen und nichtfinanziellen Kriterien zur Bemessung der Vergütung, dem Nachhaltigkeitsgedanken angemessen Rechnung zu tragen. Hierfür müssen unternehmensspezifische Lösungen entwickelt werden. Wir beraten Aufsichtsräte umfassend bei der Gestaltung von Vergütungssystemen, gerade auch bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens.
Eine naheliegende und in der Praxis stark verbreitete Lösung ist die Integration von ESG-Zielen in die variable Vergütung. Nach dem ESG-Konzept können Unternehmen aus den Bereichen Umwelt (z.B. Klima, Ressourcenverbrauch oder Erhalt der Artenvielfalt), Soziales (Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, Diversity oder Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz) und Governance (z.B. Compliance) wählen. Je nach Branche und Geschäftsmodell kann es sich anbieten, sich lediglich auf ein Ziel zu fokussieren und dieses zu incentivieren oder mehrere Ziele aus verschiedenen Bereichen zu setzen. Wir begleiten den Aufsichtsrat bei der Auswahl von marktüblichen und messbaren Zielen, deren Erfüllung einen materiellen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens hat und die so einen sinnvollen Anreiz für die Vorstandsmitglieder setzen. Dabei prüfen wir, welche Leistungskriterien und Messsysteme aus der bereits durchgeführten Nachhaltigkeitsberichterstattung nutzbar gemacht werden können.
Im nächsten Schritt beraten wir bei der konkreten Ausgestaltung der gewählten ESG-Ziele. Hier haben wir insbesondere stets die aktuellen Empfehlungen der institutionellen Investoren und Stimmrechtsberater im Blick. So müssen Aufsichtsräte neben der Auswahl der ESG-Ziele z.B. entscheiden:
- in welchem Verhältnis die Nachhaltigkeitskriterien zu den finanziellen Kriterien stehen sollen;
- ob die Nachhaltigkeitsziele in die kurzfristige („STI“) oder in die langfristige variable Vergütung („LTI“) integriert werden sollen;
- ob ESG-Ziele als additive Kennzahl neben den finanziellen Kennzahlen vereinbart werden oder im Rahmen eines diskretionären Faktors.
Anschließend beraten wir zur aktienrechtskonformen, klaren und verständlichen Darstellung im Vorstandsvergütungssystem und im Vergütungsbericht.