Das Risiko für Steuerstrafverfahren für Unternehmen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Während die Finanzämter früher Verfahren nur gegen hartgesottene Kriminelle – z.B. Beteiligte eines Umsatzsteuerkarusells – eingeleitet haben, leiten sie inzwischen auch in anderen Fällen, in denen häufig keine Steuerstraftat vorliegt, sehr schnell ein Steuerstrafverfahren ein.
Grundsätzlich muss die Finanzverwaltung ein Steuerstrafverfahren einleiten, wenn der Verdacht einer Steuerstraftat besteht. Die Finanzverwaltung verwendet die Einleitung von Steuerstrafverfahren jedoch auch gerne als Druckmittel. Dies passiert im Rahmen einer Betriebsprüfung zum Beispiel, wenn das Unternehmen nicht ausreichend mitarbeitet und der Prüfer etwas „Druck" aufbauen möchte.
Wir raten unseren Mandanten daher, Betriebsprüfungen gut vorzubereiten und dem Prüfer stets das Gefühl zu geben, ihn mit oberster Priorität zu behandeln. Spätestens wenn sich spezifische Fachfragen stellen, sollte das Gespräch mit dem Prüfer gesucht und gegebenenfalls unter Hilfe des steuerlichen Beraters ein intensiver fachlicher Austausch angeregt werden. Dies kann einen davor bewahren, dass der Prüfer ein Steuerstrafverfahren einleitet, weil er meint, das Unternehmen hätte etwas zu verbergen.
In jüngerer Zeit hat sich zudem gezeigt, dass die Finanzämter nach oder bereits während einer Lohnsteueraußenprüfung ein Steuerstrafverfahren einleiten, wenn die Lohnsteueraußenprüfung zu einem Mehrergebnis führt. Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass die Lohnsteuer, anders als die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer, nicht verzinst wird. Kommt es nach einer Betriebsprüfung zu einer Nachforderung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, ist diese Nachforderung zuzüglich Zinsen ans Finanzamt zu zahlen. Kommt es dagegen bei einer Lohnsteueraußenprüfung zu einer Nachforderung, ist diese „netto", d.h. ohne Zinsen, an das Finanzamt abzuführen. Durch die Festsetzung einer Auflage, unter der das Strafverfahren wieder eingestellt wird, oder eines Bußgeldes gegen das Unternehmen soll dieser Nachteil wieder ausgeglichen werden. Die Frage, ob tatsächlich vorsätzliches (für eine Straftat) oder wenigstens leichtfertiges (für eine Ordnungswidrigkeit) Handeln der verantwortlichen Personen vorlag, wird von den Finanzämtern regelmäßig vernachlässigt. Bisher beobachten wir dieses Vorgehen nur bei der Lohnsteuer. Ob die Finanzämter bei anderen nicht verzinsten Steuern, wie z.B. Grunderwerbsteuer oder Kapitalertragsteuer, in Zukunft ähnlich vorgehen wird, bleibt abzuwarten.
Ein solches Vorgehen, das tatsächlich nur dazu dient, den Zinsvorteil wieder auszugleichen, wäre rechtswidrig. Jedoch wird sich dies in der Praxis nicht nachweisen lassen. Wir empfehlen, in diesen Fällen zeitnah einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, der sich nicht nur in der steuerlichen Materie auskennt, sondern auch die strafrechtlichen Aspekte abdecken kann. Dies sollte spätestens erfolgen, wenn tatsächlich ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde. Zeichnet sich in der Lohnsteueraußenprüfung bereits ab, dass es zu nicht ganz unerheblichen Nachforderungen kommen wird, sollte erwogen werden, bereits zu diesem Zeitpunkt einen rechtlichen Berater hinzuzuziehen.