Gesellschaftsrecht

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme: Erhöhte Steuerbefreiungen

Am 17. November 2023 wurde das Zukunftsfinanzierungsgesetz im Deutschen Bundestag verabschiedet und diesem am 24. November 2023 im Deutschen Bundesrat zugestimmt. Die Gesetzesänderung zielt u.a. auf die Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung ab. Das neue Gesetz sieht eine Reihe von Steuererleichterungen vor, setzt aber den weitreichenden Ansatz, der in dem ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgeschlagen wurde, nicht vollständig um.

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme: Steuerfreibetrag auf 2.000 EUR angehoben

  • Der Steuerfreibetrag für den geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus unentgeltlicher oder verbilligter Überlassung von Vermögensbeteiligungen wird erhöht. Der Freibetrag, der im Jahr 2021 auf derzeit 1.440 EUR pro Kalenderjahr angehoben wurde, wird nun auf 2.000 EUR angehoben. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist unter anderem, dass die Beteiligung allen Arbeitnehmern (mit mindestens einjähriger Unternehmenszugehörigkeit) angeboten wurde. Änderungen an dieser Voraussetzung wurden nicht vorgenommen. 
  • Der oben beschriebene Freibetrag kann zudem wie auch unter derzeitigem Recht in voller Höhe auf Vermögensbeteiligungen angewendet werden, die im Rahmen von Entgeltumwandlungen übertragen werden. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah einen höheren Freibetrag (5.000 EUR) vor, verlangte jedoch, dass (i) die Belegschaftsaktien (unter bestimmten Umständen) aus zusätzlichen, ursprünglich nicht vom Arbeitgeber geschuldeten Vergütungen finanziert werden und schloss die Anwendung des Freibetrags für Entgeltumwandlungen unter bestimmten Umständen aus, und (ii) sah eine dreijährige Haltefrist vor (die im endgültigen Gesetzentwurf gestrichen wurde).
  • Obwohl der erhöhte Steuerfreibetrag auch nach der Gesetzesänderung deutlich hinter den Freibeträgen in anderen europäischen Mitgliedsstaaten zurückbleibt und insbesondere auch nicht so erheblich erhöht wird, wie im Regierungsentwurf der Bundesregierung vorgesehen (5.000 EUR), steigert das Zukunftsfinanzierungsgesetz doch die Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen weiter.
  • Der erhöhte Freibetrag ist auf alle Vermögensbeteiligungen anwendbar, die ab dem 1. Januar 2024 gewährt werden.

Start-ups: Erweiterung der Sonderregelungen für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (ESPP)

  • Eine Sonderregelung für die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen in sogenannten Start-up-Unternehmen sieht nach geltendem Recht bereits vor, dass geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder vergünstigten Überlassung von Vermögensbeteiligungen grundsätzlich erst (i) bei Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen, (ii) bei Veräußerung der Vermögensbeteiligung oder (iii) nach Ablauf von 12 Jahren seit Übertragung der Vermögensbeteiligung der Einkommens- und Lohnsteuer unterliegen, sofern das Start-up seinerseits bestimmte Kriterien erfüllt („nachgelagerte Besteuerung“).
  • Bei der Ermittlung eines solchen geldwerten Vorteils gilt ebenfalls der oben genannte Steuerfreibetrag, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. 
  • Die Sonderregelungen für Start-ups sind auch nach der Gesetzesänderung nicht auf Entgeltumwandlungen anzuwenden. Es sollen nur Vermögensbeteiligungen erfasst sein, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ausgegeben werden.

Mehr Start-ups können profitieren

  • Die Gesetzesänderung zielt darauf ab, die Zahl der Start-ups, die von der Sonderregelung profitieren, zu erhöhen, indem das Höchstalter der Unternehmen von 12 auf 20 Jahre angehoben wird. Außerdem betreffen die Änderungen auch die größenabhängigen Schwellenwerte sowie den Zeitraum, in dem diese Anforderungen erfüllt sein müssen: Die Sonderregelungen finden nunmehr Anwendung auf Unternehmen, die (i) weniger als 1.000 Mitarbeiter beschäftigen und (ii) einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. EUR oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. EUR aufweisen, jeweils im Jahr der Gewährung der Kapitalbeteiligung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre.

Nachgelagerte Besteuerung

  • Derzeit wird die Besteuerung des geldwerten Vorteils, der durch den unentgeltlichen oder verbilligten Bezug von Unternehmensanteilen entsteht, bis zu 12 Jahre aufgeschoben. Dieser Zeitraum wird nun auf 15 Jahre verlängert. 
  • Erklärt der Arbeitgeber unwiderruflich und freiwillig, dass er die Haftung für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer übernimmt, unterliegt nur der nachfolgende „Verkauf“ der Besteuerung, selbst wenn dieser Verkauf später als 15 Jahre nach Erwerb des Anteils oder sogar nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen erfolgt. 

Steuerermäßigung bei Beendigung des Dienstverhältnisses

  • Die Lohnsteuer wird in der Regel auf der Grundlage des gemeinen Wertes des Unternehmensanteils zum Zeitpunkt der Gewährung oder, falls dieser niedriger ist, des gemeinen Wertes des Anteils zum Zeitpunkt des Verkaufs oder eines anderen steuerpflichtigen Ereignisses berechnet. Muss der Arbeitnehmer die Unternehmensbeteiligung jedoch bei Ausscheiden aus dem Unternehmen an den Arbeitgeber zu einem niedrigeren Betrag als dem gemeinen Wert zurückgewähren, unterliegt nur dieser niedrigere Betrag der Lohnsteuer. 

Maximaler Rahmen für Aktienoptionsprogramme

  • Zusätzliche Spielräume bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen werden zudem durch eine Verschiebung des zulässigen Rahmens eines bedingten Kapitals zur Bedienung von Aktienoptionsplänen eröffnet. Konnte ein solches zwingend mit einem Bezugsrechtsausschluss verbundenes bedingtes Kapital bislang nur bis zu 10% des Grundkapitals umfassen, wird der Grenzwert nunmehr auf 20% verschoben. Man wird annehmen dürfen, dass bedingte Kapitalia wohl vor allem bei jungen, eventuell noch nicht börsennotierten Unternehmen eine alternative Beschaffungsmöglichkeit darstellen werden.

Anwendbarkeit

  • Die neuen Regelungen treten zum 1. Januar 2024 in Kraft. Sie sind in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung erstmals für den Veranlagungszeitraum 2024 bzw. den für 2024 vorzunehmenden Lohnsteuerabzug anzuwenden. 
     

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