Am 25. März 2021 trat das Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität („GEIG“) in Kraft. Das Gesetz soll zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge beitragen, indem es Bauherren und Eigentümer von Wohn- oder Nichtwohngebäuden zur Einrichtung von Leitungsinfrastruktur und Ladepunkten verpflichtet. Das wird zu Mehrkosten für betroffene Unternehmen führen, wobei das Gesetz auch Ausnahmen vorsieht.
Hintergrund des Gesetzes
Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sieht vor, dass in Deutschland bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen sein sollen. Für die Erreichung dieses Ziels fehlt es jedoch aktuell noch an einer ausreichenden Ladeinfrastruktur. Mit dem GEIG sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Elektrofahrzeuge an Wohngebäuden, am Arbeitsplatz und bei der Erledigung alltäglicher Besorgungen elektrisch aufgeladen werden können. Dabei setzt das GEIG zugleich die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie aus dem Jahr 2018 in weiten Teilen eins-zu-eins um.
Handlungspflichten nach dem GEIG
Das GEIG sieht die Schaffung einer vorbereitenden Leitungsinfrastruktur (Schutzrohre) sowie die Errichtung von Ladepunkten im Bereich von Gebäuden mit größeren Parkplätzen vor und verpflichtet Bauherren und Eigentümer, die Ladeinfrastruktur zu installieren. Dabei unterscheidet das Gesetz einerseits zwischen Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden und andererseits zwischen neu zu errichtenden Gebäuden und Bestandsgebäuden. Für neu zu errichtende Gebäude gelten die folgenden Anforderungen:
- Bei der Errichtung von Wohngebäuden mit mehr als fünf Stellplätzen muss der Bauherr jeden Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausstatten.
- Bei der Errichtung von Nichtwohngebäuden mit mehr als sechs Stellplätzen muss der Bauherr mindestens jeden dritten Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausstatten. Zusätzlich muss mindestens ein Ladepunkt errichtet werden.
Für Bestandsgebäude gelten grundsätzlich die folgenden Anforderungen:
- Bei einer größeren Renovierung von Wohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen muss der Eigentümer dafür sorgen, dass jeder Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet wird.
- Bei einer größeren Renovierung von Nichtwohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen muss der Eigentümer dafür sorgen, dass mindestens jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet wird. Zusätzlich muss mindestens ein Ladepunkt errichtet werden.
- Bei bestehenden Nichtwohngebäuden mit mehr als zwanzig Stellplätzen hat der Eigentümer unabhängig von einer Renovierung dafür zu sorgen, dass nach dem 1. Januar 2025 ein Ladepunkt errichtet wird.
Ausnahmen und Erleichterungen
Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses sind zwei Erleichterungen bei den Verpflichtungen nach dem GEIG hinzugekommen, die einen flexibleren und bedarfsgerechten Ausbau der Ladeinfrastruktur ermöglichen:
- Eigentümer, die bei mehr als einem Nichtwohngebäude einen Ladepunkt zu errichten haben, können diese Verpflichtung auch dadurch erfüllen, dass sie die Gesamtzahl der zu errichtenden Ladepunkte gebündelt an einem oder mehreren Standorten errichten. Voraussetzung für eine solche Bündelung ist, dass dadurch dem bestehenden oder erwarteten Bedarf an Ladeinfrastruktur an den betroffenen Standorten Rechnung getragen wird.
- Zusätzlich wurde eine Quartierslösung aufgenommen: Bauherren oder Eigentümer, deren Gebäude in räumlichem Zusammenhang stehen, können schriftliche Vereinbarungen über eine gemeinsame Erfüllung ihrer Pflichten nach dem GEIG treffen. Ein vergleichbarer Quartiersansatz findet sich auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz und im Gebäudeenergiegesetz.
Weiterhin sieht das GEIG verschiedene Ausnahmen vor, um Härten zu vermeiden, unter anderem:
- Das Gesetz ist nicht anzuwenden auf Nichtwohngebäude, die sich im Eigentum von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) befinden und überwiegend von diesen selbst genutzt werden.
- Die Verpflichtungen in Bezug auf Bestandsgebäude gelten nicht, wenn die Kosten für die Lade- und Leitungsinfrastruktur sieben Prozent der Gesamtkosten einer größeren Renovierung überschreiten.
- Öffentliche Gebäude, die gemäß der Umsetzung der EU-Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe bereits vergleichbaren Anforderungen unterliegen, sind von den Verpflichtungen nach dem GEIG ausgenommen.
Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU)
Die für Unternehmen wohl relevanteste Ausnahme betrifft die Nichtwohngebäude, die sich im Eigentum von KMU befinden und überwiegend von diesen selbst genutzt werden. Die Definition eines KMU richtet sich nach einer Empfehlung der EU-Kommission aus dem Jahre 2003. Danach müssen kumulativ zwei Voraussetzungen vorliegen, damit ein Unternehmen als KMU zu qualifizieren ist:
- Das Unternehmen beschäftigt weniger als 250 Personen und
- erzielt einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder seine Jahresbilanzsumme beläuft sich auf höchstens 43 Millionen Euro.
Bei der Anwendung der Definition ist im Einzelfall jedoch zu beachten, dass unter bestimmten Umständen auch die Beschäftigtenzahlen und Wirtschaftsdaten von Partnerunternehmen oder verbundenen Unternehmen berücksichtigt werden müssen. Insbesondere in Konzern- und Franchise-Verflechtungen ist der KMU-Status daher im Einzelfall zu prüfen.
Fazit
Unternehmen sollten sorgfältig prüfen, ob sie in den Anwendungsbereich des GEIG fallen und zur Errichtung von Ladeinfrastruktur verpflichtet sind. Die Errichtungskosten von Leitungsinfrastruktur und Ladepunkten liegen pro Fall im mittleren/oberen vierstelligen Bereich und summieren sich nach Schätzungen der Bundesregierung pro Jahr auf etwa EUR 40 Mio. in ganz Deutschland. Bauherren und Eigentümer von Gebäuden können daher von den Errichtungskosten erheblich betroffen sein. Zugleich ist die Nichtbeachtung der GEIG-Vorgaben eine Ordnungswidrigkeit, die zu einem Bußgeld führen kann.