Das Einheitliche Patentgericht (EPG) hat sich rasch als beliebter Gerichtsstand in Europa etabliert. Der EPG-Report von Gleiss Lutz berichtet regelmäßig über diejenige EPG-Rechtsprechung, die für die Herausbildung des neuen einheitlichen Patentrechts und Patentprozessrechts in Europa am bedeutsamsten ist.
Unser EPG-Report 01|25 behandelt folgende Themen:
- Zuständigkeit des EPG für Schadensersatzklage nach nationalem Verletzungsurteil
- Zuständigkeit des EPG für Verletzung des UK-Teils eines Europäischen Patents
- SEP/FRAND
- Erschöpfungseinwand
- Kein Nichtigkeitseinwand ohne Widerklage
- Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage trotz Stillhalteabkommen
- Präklusion im Nichtigkeitsverfahren
- Auskunftserteilung in elektronischer Form nur auf Antrag
- Zwangsgeld wegen zu spät erteilter Auskunft
- Wegfalls des Zwangsgelds nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung
- Klageantrag auf endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen
- Veröffentlichung von Entscheidungen
- Prozesskostensicherheit durch den Beklagten
Kostentragung seitens des Streithelfers
Zuständigkeit des EPG für Schadensersatzklage nach nationalem Verletzungsurteil
Das Berufungsgericht hat entschieden, dass das EPG für eine bezifferte Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung eines Europäischen Patents (Art. 32 Abs. 1 lit. a EPGÜ) auch dann zuständig ist, wenn die Frage der Patentverletzung und die Feststellung der Schadensersatzpflicht zuvor nicht vom EPG, sondern von einem nationalen Gericht eines EPGÜ-Staats entschieden wurde (Entscheidung vom 16. Januar 2025 – UPC_CoA_30/2024). Zugleich hat das Berufungsgericht entschieden, dass sich die Zuständigkeit des EPG auch auf Verletzungshandlungen erstreckt, die vor Inkrafttreten des EPGÜ (1. Juni 2023) begangen wurden, sofern das geltend gemachte Patent zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EPGÜ noch nicht erloschen war.
Im entschiedenen Fall hatte ein deutsches Gericht vor Inkrafttreten des EPGÜ rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde nach zur Zahlung von Schadensersatz wegen Patentverletzung verpflichtet ist. Nach Inkrafttreten des EPGÜ erhob die Klägerin ihre Schadensersatzklage (Höheprozess) nicht bei dem vorbefassten deutschen Gericht, sondern beim EPG. Sie verlangt Schadensersatz für Verletzungshandlungen in Deutschland, nicht aber für Handlungen in anderen EPGÜ-Vertragsstaaten. Das EPG-Berufungsgericht hat die Sache an die Lokalkammer Hamburg zurückverwiesen.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts befasst sich ausschließlich mit der Frage der Zuständigkeit des EPG. Offengelassen hat das Berufungsgericht, ob für die Beurteilung von Handlungen, die nur vor Inkrafttreten des EPGÜ begangen wurden, das zum Zeitpunkt der als Patentverletzung angesehenen Handlungen allein geltende nationale Patentrecht Anwendung findet oder ob das EPG rückwirkend das EPGÜ anwenden darf. Insbesondere stellt sich die Frage, ob das EPG die Höhe des anzuordnenden Schadensersatzes nach dem EPGÜ bestimmen darf oder auch insoweit das zum Zeitpunkt der festgestellten Patentverletzung allein geltende nationale Recht anwenden muss. Offen ist auch, ob die Zuständigkeit des EPG anders zu beurteilen wäre, wenn mit der Zahlungsklage nicht nur Schadensersatz für die rechtskräftig festgestellten Verletzungshandlungen, sondern auch für Handlungen in anderen EPGÜ-Staaten verlangt worden wäre, die nicht Gegenstand eines vorangegangenen nationalen Verletzungsverfahrens waren.
Zuständigkeit des EPG für Verletzung des UK-Teils eines Europäischen Patents
Die Lokalkammer Düsseldorf hat entschieden, dass das EPG auch für Klagen wegen Verletzung des UK-Teils eines Europäischen Patents zuständig ist (Entscheidung vom 28. Januar 2025 – UPC_CFI_355/2023). Das gelte jedenfalls dann, wenn die Beklagte Ihren Sitz in einem EPGÜ-Vertragsmitgliedstaat (hier: Deutschland) hat. Da die Beklagte zwar eine Nichtigkeitswiderklage gegen den deutschen Teil, aber keine Nichtigkeitsklage gegen den UK-Teil erhoben hatte, musste die Lokalkammer Düsseldorf nicht entscheiden, ob die Zuständigkeit auch dann (noch) bestanden hätte, wenn die Beklagte gegen den UK-Teil Nichtigkeitsklage vor dem zuständigen UK-Gericht erhoben hätte. Die Lokalkammer Düsseldorf erklärt den deutschen Teil für nichtig und weist die Verletzungsklage aus dem deutschen Teil ab. Die Verletzungsklage aus dem UK-Teil weist die Lokalkammer Düsseldorf ebenfalls ab. Das EPG könne den UK-Teil zwar selbst nicht für nichtig erklären. Ein Verletzungsurteil könne aber nur ergehen, wenn das Gericht vom Rechtsbestand überzeugt sei. Das sei nicht der Fall. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass der UK-Teil aus denselben Gründen nichtig sei, wie der deutsche Teil. Es sei in einer solchen Konstellation Sache des Verletzungsklägers konkret darzulegen, warum das zuständige UK-Gericht über den Rechtsbestand des UK-Teils anders entscheiden würde; an einer solchen Darlegung fehlte es.
SEP/FRAND
In SEP/FRAND-Fällen sieht die Lokalkammer München vorrangig den Implementierer in der Pflicht. Vor einer Prüfung, ob das Angebot des SEP-Inhaber FRAND-konform war, sei regelmäßig zu prüfen, ob der Implementierer die Voraussetzungen dafür gesetzt hat, dass das EPG in diese Prüfung überhaupt einsteigen muss (Entscheidung vom 18. Dezember 2024 – UPC_CFI_9/2023). Die „Prüfungstiefe“ des Verhaltens des SEP-Inhaber richte sich danach, welche Informationen der Implementierer dem SEP-Inhaber zugänglich gemacht hat, und welche Beanstandungen er gegenüber dem SEP-Inhaber (vorprozessual) erhoben hat. Liege ein Verletzungshinweis und ein Lizenzangebot vor, müsse der Implementierer in jedem Fall Auskunft erteilen und Sicherheit leisten, selbst wenn das Angebot des SEP-Inhabers nicht FRAND wäre. Ausdrücklich offen gelassen hat die Lokalkammer, ob sich die Höhe der Sicherheit nach dem Lizenzangebot des SEP-Inhabers oder nach dem Gegenangebot des Implementierer richtet. Der Implementierer habe hinzunehmen, wenn bei dieser Handhabung des FRAND-Einwands eine inhaltliche Prüfung des Lizenzangebots des SEP-Inhabers gänzlich unterbleibt. Er könne seinen Anspruch auf Lizenzerteilung im Rahmen einer eigenen Klage, entweder bei den nationalen Kartellgerichten oder beim EPG im Wege einer Widerklage auf Lizenzerteilung, geltend machen (s. bereits Lokalkammer Mannheim, Entscheidung vom 22. November 2024 – UPC_CFI_210/2023).
Die Lokalkammer hält es zudem für kartellrechtlich unbedenklich, wenn der SEP-Inhaber sukzessive unterschiedliche Angebote unterbreitet, oder wenn er alternative Lizenzangebote – eine bilaterale Lizenz einerseits und eine Pool-Lizenz andererseits – unterbreitet, von denen jedoch nur eines FRAND-konform ist oder – in Ermangelung konkreter Beanstandungen seitens des Implementierers – vom EPG als FRAND-konform unterstellt werden könne. Die Lokalkammer scheint auch Lizenzangebote für berücksichtigungsfähig anzusehen, die der SEP-Inhaber erst nach Klageerhebung abgegeben hat.
In SEP/FRAND-Fällen habe das EPG auch keine besonderen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des gerichtlichen Verbots zu beachten. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei durch die Berücksichtigung des FRAND-Pflichtenprogramms genüge getan. Es bleibt abzuwarten, ob das EPG-Berufungsgericht die von der Lokalkammer München vertretene sehr einseitig zu Lasten der Implementierer gehende Handhabung des FRAND-Einwands bestätigen wird. Insbesondere die Fokussierung auf das Gegenangebot ohne vorherige Prüfung, ob das Lizenzangebot des SEP-Inhaber FRAND ist, dürfte nicht in Einklang mit den Vorgaben des EuGH stehen (Urteil vom 16. Juli 2015 – Huawei v. ZTE).
Erschöpfungseinwand
Die Lokalkammer München versteht den Erschöpfungseinwand (Art. 29 EPGÜ) umfassend dahingehend, dass mit dem Inverkehrbringen von Produkten mit Zustimmung des Patentinhabers nicht nur etwaige das Produkt unter Schutz stellende Erzeugnisansprüche, sondern auch Patentansprüche erschöpft sein können, die Verfahren unter Schutz stellen, in denen das Produkt zum Einsatz kommen kann (Entscheidung vom 18. Dezember 2024 – UPC_CFI 9/2023). Es bleibt abzuwarten, ob das EPG-Berufungsgericht diese eher weite Auslegung von Art. 29 EPGÜ bestätigen wird, die in SEP/FRAND-Fällen als eine pragmatische, gut vertretbare Position einzustufen ist, aber vom bisherigen Verständnis abweicht, dass die Erschöpfung regelmäßig keine Verfahrensansprüche umfasst.
Die Lokalkammer München will den Erschöpfungseinwand im Verletzungsverfahren nur dann berücksichtigen, wenn er alle angegriffenen Ausführungsformen betrifft. Sind nicht alle angegriffenen Ausführungsformen von einer möglichen Erschöpfung umfasst, sei im Einzelfall zu entscheiden, ob und inwieweit der Erschöpfungseinwand erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen ist, der Klage also trotz (teilweiser) Erschöpfung vollständig stattgegeben wird.
Kein Nichtigkeitseinwand ohne Widerklage
Nach Auffassung der Lokalkammer Wien hat das EPG den Einwand der Nichtigkeit im Verletzungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn der Beklagte eine Nichtigkeitswiderklage in Einklang mit den R.25 ff. VerfO) erhoben hat (Entscheidung vom 15. Januar 2025 – UPC_CFI_33/2024). Andernfalls ist der Nichtigkeitseinwand unbeachtlich.
Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage trotz Stillhalteabkommen
Vereinbart der Patentinhaber mit einem Dritten, dass eine Nichtigkeitsklage erst nach vorheriger Ankündigung und nach Ablauf einer definierten Frist erhoben werden darf, kann eine unter Verstoß gegen die vertragliche Abrede erhobene Klage dennoch zulässig sein. Der dem Nichtigkeitskläger verfassungsrechtlich garantierte Zugang zum Gericht könne nur bei einem überwiegenden öffentlichen Interesse beschränkt werden, nicht aber durch ein alleine dem Individualinteresse des Patentinhabers dienendes Stillhalteabkommen (Entscheidung vom 18. Dezember 2024 – UPC_CFI_454/2023). Die Zentralkammer bestätigt damit ihre Rechtsprechung, dass ein Stillhalteabkommen kein Prozesshindernis für eine Nichtigkeitsklage ist (Anordnung vom 10. Mai 2024 – UPC_CFI_454/2023). Für den Patentinhaber bleiben damit nur Ansprüche wegen Vertragsverletzung. Er sollte daher versuchen, das Stillhalteabkommen mit einer Vertragsstrafe zu bewehren.
Präklusion im Nichtigkeitsverfahren
Die Zentralkammer Paris hat in zwei Entscheidungen die von ihr entwickelten Präklusionsregeln im Nichtigkeitsverfahren weiter konkretisiert. Im Ausgangspunkt bleibt es dabei, dass mit der Nichtigkeitsklage alle rechtlichen und tatsächlichen Angriffe sowie zugehörigen Beweismittel vorzutragen sind und späterer Vortrag prinzipiell nur in Reaktion auf die Erwiderung des Patentinhabers zulässig sein soll (s. dazu EPG-Report 12|24). Im Hinblick auf die Grundsätze der Verfahrenseffizienz und der Verhältnismäßigkeit verbiete sich jedoch eine allzu strenge Anwendung der Präklusionsregeln (Entscheidung vom 21. Januar 2025 – UPC_CFI_311/2023). Nichtigkeitskläger sollen nicht vorsorglich Tatsachen und Beweismittel vortragen müssen, bei denen sie nicht mit einem Bestreiten durch den Patentinhaber rechnen müssten. Zudem gebiete das Recht auf ein faires Verfahren in Grenzfällen, in denen der Übergang zwischen einer Reaktion auf Vortrag des Patentinhabers und neuen Argumenten des Nichtigkeitsklägers fließend sei, eine großzügige Anwendung der Präklusionsregeln im Sinne einer Zulassung des Vortrags des Nichtigkeitsklägers (Entscheidung vom 17. Januar 2025 – UPC_CFI_316/2023).
Auskunftserteilung in elektronischer Form nur auf Antrag
Die Lokalkammer München ist der Ansicht, dass ein Patentverletzer die Auskunft über Verletzungshandlungen (Art. 67 EPGÜ) nur dann in elektronischer Form erteilen muss, wenn der Kläger dies konkret beantragt und das Gericht den Patentverletzer entsprechend verurteilt hat (Anordnung vom 17. Dezember 2025 – UPC_CFI_390/2023). Wird der Patentverletzer zur Auskunftserteilung verurteilt, ohne dass der Urteilstenor eine bestimmte Form der Auskunftserteilung vorgibt, hat der Patentverletzer die Wahl, ob er die Auskunft in elektronischer Form oder in Papierform erteilt. Kläger sollten regelmäßig eine Auskunftserteilung in elektronischer (besser: elektronisch auswertbarer) Form beantragen, um zu vermeiden, dass der Beklagte die Auskunft in Papierform erteilen kann (deren Auswertung je nach Umfang deutlich aufwändiger sein kann als eine elektronisch auswertbare Auskunft).
Zwangsgeld wegen zu spät erteilter Auskunft
Nach Auffassung der Lokalkammer München soll ein vom EPG verhängtes Zwangsgeld (Art. 82 Abs. 4 EPGÜ, R. 354 VerfO) zur Erzwingung der Auskunftserteilung (Art. 67 EPGÜ) nicht lediglich Beugefunktion, sondern auch Straffunktion haben. Es sei daher selbst dann zu zahlen, wenn der Schuldner die Auskunft zwar ordnungsgemäß, jedoch erst nach Ablauf der im Urteil hierfür gesetzten Frist (aber vor der Entscheidung des Gerichts über das Zwangsgeld) erteilt (Anordnung vom 17. Dezember 2024 – UPC_CFI_390/2023). Es bleibt abzuwarten, ob das EPG-Berufungsgericht die Ansicht der Lokalkammer bestätigen wird. Dies erscheint eher zweifelhaft, weil im Gegensatz zum Zwangsgeld zu Zwecken der Unterlassungsvollstreckung dem Zwangsgeld im Rahmen der Auskunftserzwingung keine repressive Funktion zukommt. Dies gilt jedenfalls nach deutschem Rechtsverständnis. Im deutschen Vollstreckungsverfahren kann der Auskunftsschuldner die Verhängung eines wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilter Auskunft beantragten Zwangsgelds (§ 888 ZPO) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zwangsgeldverfahrens durch ordnungsgemäße Auskunftserteilung vermeiden. Die aus der Rechtsprechung der Lokalkammer München zu Lasten des Auskunftsschuldners resultierende Diskrepanz zwischen EPG-Vollstreckung und nationaler Vollstreckung verträgt sich schlecht mit Art. 82 Abs. 3 S. 2 EPGÜ, wonach Entscheidungen des Gerichts unter den gleichen Bedingungen vollstreckt werden wie Entscheidungen, die in dem Vertragsmitgliedstaat, in dem die Vollstreckung erfolgt, ergangen sind. Der deutsche Gesetzgeber hat den Zugang zum nationalen Vollstreckungsverfahren auch für eine vom EPG angeordnete Auskunft eröffnet (s. Art. II § 19 Abs. 3 InPatÜG, der auf § 888 ZPO verweist). Allerdings ist die Bedeutung des „Unbeschadet-Vorbehalts“ in Art. 82 Abs. 3 S. 1 EPGÜ noch durch das EPG-Berufungsgericht zu klären.
Wegfall des Zwangsgelds nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung
Das Berufungsgericht hat entschieden, dass ein Zwangsgeld, das wegen eines Verstoßes gegen eine einstweilige Verfügung verhängt wurde (Art. 63 Abs. 2 EPGÜ, R. 354.4 S.3 VerfO), wieder aufzuheben ist, wenn die einstweilige Verfügung samt Zwangsgeldandrohung (R. 354.3 VerfO) aufgehoben wurde (Anordnung vom 10. Dezember 2024 – UPC_CoA_470/2023). Mit der Aufhebung entfalle die Grundlage der Anordnung des Zwangsgelds. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Aufhebung – wie in der Regel – rückwirkend erfolgt. Der Vollstreckungsschuldner wird dann einen Anspruch auf Rückforderung des bereits gezahlten Zwangsgelds haben. Im entschiedenen Fall hatte die Lokalkammer München eine einstweilige Verfügung mit Zwangsgeldandrohung erlassen, gegen die der Beklagte verstieß, sodass die Lokalkammer ein Zwangsgeld verhängte. Später hob das Berufungsgericht die einstweilige Verfügung samt Zwangsgeldandrohung auf.
Klageantrag auf endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen
Auch nach Auffassung der Lokalkammer Wien ist die endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen (Art. 64 Abs. 2 lit. d) eine eigenständige, vom Rückruf (Art. 64 Abs. 2 lit. b) zu trennende Abhilfemaßnahme, die nur in Betracht kommt, wenn der Verletzer hierzu die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten hat (Entscheidung vom 15. Januar 2025 – UPC_CFI_33/2024). Die Klageanträge sind daher auf konkrete und hinreichend bestimmte Maßnahmen zu richten, zu deren Vornahme der Beklagte tatsächlich und rechtlich in der Lage ist (so auch schon Lokalkammer Düsseldorf, Entscheidung vom 3. Juli 2024 – UPC_CFI_7/2023).
Veröffentlichung von Entscheidungen
Die Anordnung der Bekanntmachung eines Patentverletzungsurteils in öffentlichen Medien kommt auch nach Ansicht der Lokalkammer Wien nur in Betracht, wenn der Schutz des Klägers nicht bereits durch die anderen vom EPG angeordneten Abhilfemaßnahmen gewährleistet ist (Entscheidung vom 15. Januar 2025 – UPC_CFI_33/2024). Das EPG habe bei der Ausübung seines Ermessens die von Art. 80 verfolgten Zwecke (Abschreckung künftiger Verletzer und Sensibilisierung der Öffentlichkeit) zu berücksichtigen. Der Kläger habe darzulegen, worin im konkreten Verletzungsfall dieses Präventionsinteresse begründet sei und weshalb die anderen vom EPG angeordneten Abhilfemaßnahmen nicht ausreichend sind und das Interesse des Klägers an der Veröffentlichung das gegenläufige Interesse des Beklagten überwiegt (s. zur Veröffentlichungsanordnung auch EPG-Report 12|24).
Prozesskostensicherheit durch den Beklagten
Die Lokalkammer Düsseldorf hat ihre Rechtsprechung bestätigt, dass einem Beklagten auferlegt werden kann, Prozesskostensicherheit zu Gunsten des Klägers zu leisten, R.158 VerfO (Anordnung vom 3. Dezember 2024 – UPC_CFI_140/2024). Es bestehe kein Konflikt zu Art. 69(4) EPGÜ, der nur eine Prozesskostensicherheit seitens des Klägers vorsieht. An eine Prozesskostensicherheit seitens des Beklagten seien jedoch strengere Anforderungen zu stellen als an eine Prozesskostensicherheit seitens des Klägers. Zu berücksichtigen sei, dass sich der Kläger freiwillig dazu entschieden habe, einen Rechtsstreit zu führen. Zudem sei dem Recht des Beklagten auf ein faires Verfahren besonders Rechnung zu tragen. Die Anordnung der Prozesskostensicherheit dürfe die effektive Rechtsverteidigung des Beklagten nicht einschränken.
Kostentragung seitens des Streithelfers
Nach Auffassung der Lokalkammer Wien hat der Streithelfer der unterlegenen Partei seine eigenen Kosten und zudem die Kosten der obsiegenden Partei zumindest teilweise in dem Umfang zu tragen, in dem er durch sein Prozessverhalten bei der obsiegenden Partei einen Mehraufwand verursacht hat (Entscheidung vom 15. Januar 2025 – UPC_CFI_33/2024). Die VerfO enthält keine speziellen Regeln zur Kostentragung des Streithelfers. Die Lokalkammer Wien stützt sich hinsichtlich der Kostentragung seitens des Streithelfers auf R 315(4) VerfO, wonach der Streithelfer als Partei zu behandelt ist.
Sie möchten regelmäßig von unseren Experten über die aktuelle Rechtsprechung des Einheitlichen Patentgerichts informiert werden?
Melden Sie sich hier für unseren Newsletter an (Interesse: IP/IT)
Weitere Informationen zu Patentstreitigkeiten im Einheitlichen Patentgericht (Unified Patent Court, UPC) finden Sie hier: