Außenwirtschaftsrecht

Außenwirtschaftsrecht Update: Weitere Sanktionen der EU, UK und USA gegen Russland verhängt

Als Reaktion auf die illegale russische Annexion von vier Gebieten in der Ukraine und die Durchführung von „Scheinreferenden“ in diesen Gebieten sowie auf die Teilmobilmachung in Russland und die erneute Drohung mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen hat die EU am 6. Oktober 2022 die Wirtschaftssanktionen gegen Russland erneut verschärft. Das – dieses Mal auch wieder von der EU als solches bezeichnete – achte Sanktionspaket folgt auf das als „Paket zur Aufrechterhaltung und Anpassung“ bezeichnete Maßnahmenpaket vom 21. Juli 2022 (Beitrag vom 28. Juli 2022), sowie auf die Sanktionspakete vom 3./4. Juni 2022 (Beitrag vom 9. Juni 2022), vom 9. April 2022 (Beitrag vom 12. April 2022), vom 16. März 2022 (Beitrag vom 18. März), vom 28. Februar / 2. März 2022 (Beitrag vom 7. März 2022) und vom 24. und 26. Februar 2022 (Beitrag vom 28. Februar 2022).

Mit dem achten Sanktionspaket will die EU, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen es ausdrückte, „den Kreml weiter zur Kasse bitten“. Zu diesem Zweck hat die EU insbesondere weitere Import- und Exportverbote verhängt und die personenbezogenen Sanktionen erneut erweitert. Ferner wird der räumliche Geltungsbereich der Sanktionen auf die vier von Russland annektierten ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja ausgeweitet. Außerdem schafft das achte Sanktionspaket die Grundlage für die Einführung des sogenannten „Ölpreisdeckels“ der G7.

Doch nicht nur die EU hat ihre Sanktionen deutlich verschärft: Bereits vor Inkrafttreten des EU-Sanktionspakets haben auch die USA und das Vereinigte Königreich ihre Maßnahmen ausgeweitet und Russland weitere Gegenmaßnahmen getroffen.

 

EU-Sanktionen

In ihrem achten Sanktionspaket (Verordnung (EU) 2022/1903, Verordnung (EU) 2022/1904, Verordnung (EU) 2022/1905 sowie Durchführungsverordnung (EU) 2022/1906) nimmt die EU weitere Verschärfungen und Anpassungen vor allem der Russland-Embargoverordnungen vor. Dies betrifft insbesondere die personenbezogenen Sanktionen in der Verordnung (EU) 269/2014 und die finanz- und handelsbezogenen Sanktionen in der Verordnung (EU) 833/2014.

Personenbezogene Sanktionen

Die EU hat die personenbezogenen Sanktionen im Vergleich zum Stand vom 21. Juli 2022 um weitere 30 Personen und sieben Organisationen ausgedehnt, sodass derzeit insgesamt über 1300 Personen und Organisationen betroffen sind. Durch die Verordnung (EU) Nr. 269/2014 werden Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, die im Eigentum oder Besitz der in Anhang I aufgeführten Personen sind, eingefroren. Ferner dürfen diesen Personen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen (sogenanntes Bereitstellungsverbot). Für natürliche Personen gilt zusätzlich ein Reiseverbot in und durch die EU-Gebiete (siehe dazu bereits unsere Newsletter vom 7. März 2022, vom 12. April 2022 und vom 9. Juni 2022). Im Maßnahmenpaket vom 21. Juli 2022 (Beitrag vom 28. Juli 2022) hat die EU diese personenbezogenen Sanktionen noch durch eine Meldepflicht für die von Sanktionen Betroffenen ergänzt, die – im Interesse einer effektiveren Durchsetzung des Einfrierens der Vermögenswerte und der Verhinderung von Umgehungen – nunmehr melden müssen, welche Vermögenswerte sie in der EU haben.

  • Im jetzigen, achten Sanktionspakte wurde die Liste im Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014 vor allem um solche Personen und Organisationen erweitert, die bei der Anordnung und Durchführung der illegalen Referenden in den besetzten Gebieten in der Ukraine beteiligt waren, darunter politische Entscheidungsträger und Mitglieder der Zentralen Wahlkommission sowie diese Organisation selbst. Weiterhin betreffen mehrere Neulistungen den russischen Verteidigungssektor, darunter den größten Anteilseigner des Waffenherstellers JSC Kalashnikov Concern, Alan Lushnikov, mehrere Rüstungsunternehmen und bestimmte Mitglieder der russischen Streitkräfte. Schließlich wurden weitere Personen aufgenommen, die gezielt Desinformation über den Angriffskrieg betreiben, wie die prominente Sängerin Yulia Chicherina und der bekannte „Denker“ Aleksandr Dugin.

Finanz- und handelsbezogene Sanktionen

Auch im Bereich der finanz- und handelsbezogenen Sanktionen hat die EU erneut erhebliche Ausweitungen und Verschärfungen beschlossen:

  • Im Bereich der güterbezogenen Sanktionen wurden sowohl umfassende neue Import- wie auch Exportbeschränkungen verhängt. Die Erweiterung der Exportbeschränkungen dient in erster Linie der Eindämmung des russischen Zugriffs auf Güter, die zur militärischen und technologischen Stärkung der Russischen Föderation oder seines Verteidigungs-, Sicherheits- oder Industriesektors beitragen können. Zu diesen Zwecken wurden Exportverbote im Hinblick auf Kohle, bestimmte Elektrogüter, technische Güter, die im Luftfahrtbereich verwendet werden, bestimmte Chemikalien sowie ferner auch Kleinwaffen verhängt bzw. verschärft. Der Bereich der Importbeschränkungen (Art. 3i Verordnung (EU) 833/2014) hat eine nahezu unüberschaubare Erweiterung auf die unterschiedlichsten Güter erfahren, die aus Sicht der EU zu erheblichen Einnahmen der Russischen Föderation beitragen. Während die neuen Importbeschränkungen für bestimmte Stahlerzeugnisse, Maschinen und Fahrzeuge nicht überraschen, kann das für die Aufnahme anderer Produkte nicht gelten. So haben es in etwa Kuriositäten wie „Glimmer“, „Schönheitsmittel“ oder „Schlummerrollen“, aber auch Toilettenpapier oder Gebäude auf die Liste in Anhang XXI geschafft.
  • Allerdings hat die EU im Hinblick auf die Importbeschränkungen auch weitere Ausnahmen geschaffen: Gemäß dem neu eingeführten Absatz 3a des Art. 3i Verordnung (EU) 833/2014 gelten die Importbeschränkungen nun nicht mehr, wenn die Güter für diplomatische Zwecke oder für den persönlichen Gebrauch von Staatsangehörigen oder deren unmittelbaren Familienangehörigen erforderlich sind. Weiterhin können Importgenehmigungen erteilt werden für Güter, die im Zusammenhang mit der zivilen Nutzung der Kernkraft stehen.
  • Die Importbeschränkungen des Art. 3g Verordnung (EU) 833/2014 hinsichtlich der in Anhang XVII aufgeführten Eisen- und Stahlerzeugnisse haben ebenfalls eine Erweiterung erfahren. Zum einen werden die Importverbote nun auch auf bestimmte Stahlprodukte ausgeweitet, die in Drittländern unter Verwendung der in Anhang XVII aufgeführten Erzeugnisse mit Ursprung in Russland verarbeitet wurden. Zum anderen gelten verschiedenste neue Übergangsregelungen für unterschiedliche Eisen- und Stahlerzeugnisse.
  • Die in Art. 5n Verordnung (EU) 833/2014 angeordneten Dienstleistungsverbote wurden ebenfalls ausgeweitet. Nunmehr sind nicht mehr nur Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Unternehmens- bzw. Public-Relations-Beratung gegenüber der russischen Regierung oder in Russland niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen verboten, sondern auch Dienstleistungen diesen gegenüber in den Bereichen IT-Beratung, Rechtsberatung, Architektur und Ingenieurwesen. Dadurch sollen Russlands industrielle Kapazitäten weiter geschwächt werden, weil diese in hohem Maße von den Dienstleistungen aus EU-Staaten abhängig sind. Für die neu angeordneten Dienstleistungsverbote gilt allerdings eine eingeschränkte Übergangsfrist für solche Dienstleistungen, die unbedingt erforderlich sind, um vor dem 7. Oktober 2022 geschlossene Verträge oder für deren Erfüllung erforderliche akzessorische Verträge bis zum 2. Januar 2023 zu beenden. Ferner gilt für alle Dienstleistungsverbote eine etwas im Anwendungsbereich erweiterte Ausnahme zur Wahrung der Rechte im Bereich der Justizgewährung. Unverändert gilt die Ausnahme für russische Tochtergesellschaften von EU-Unternehmen fort.
  • Schließlich wurde auch das Verbot in Art. 5b Absatz 2 Verordnung (EU) 833/2014, russischen natürlichen oder juristischen Personen Dienstleistungen im Bereich Kryptowährung, d.h. im Zusammenhang mit Krypto-Wallets, Krypto-Konten oder der Krypto-Verwahrung bereitzustellen, verschärft, indem die zuvor zulässige Wertschwelle von EUR 10.000 abgeschafft wurde und das Verbot nun wertunabhängig gilt.

Sanktionen im Energiebereich

Ein Kernstück des achten Sanktionspakets stellen die neuen Maßnahmen im Bereich Rohöl und Erdöl dar. Insbesondere hat die EU den Weg für den vielbeachteten „Ölpreisdeckel“, auf den sich die G7-Staaten verständigt hatten, bereitet.

  • Im neuen Sanktionspaket hat die EU die Grundlage für die Einführung des sogenannten Ölpreisdeckels der G7-Staaten geschaffen. Während die genaue Preisgrenze noch von der EU und den G7-Staaten ausgehandelt werden muss, steht der grundlegende Mechanismus des Ölpreisdeckels nun fest. Neben das bereits nach Art. 3n Absatz 1 Verordnung (EU) 833/2014 geltende Verbot, technische Hilfe, Vermittlungsdienste, Finanzmittel oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen, die ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland per Schiff ausgeführt wurden, in Drittländer zu erbringen, tritt nun auch ein Verbot der Beförderung selbst, einschließlich durch Umladungen zwischen Schiffen: Gemäß dem neuen Art. 3n Absatz 4 Verordnung (EU) 833/2014 ist es ab dem 5. Dezember 2022 auch verboten, Rohöl, bzw. ab dem 5. Februar 2023 auch bestimmte Erdölerzeugnisse, die ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden, in Drittländer zu befördern, auch nicht durch Umladungen zwischen Schiffen. Allerdings soll dieses Verbot ausweislich des Absatzes 5 erst dann in Kraft treten, wenn die Preisobergrenze festgelegt wurde.

    Nach der neuen Regelung zum Ölpreisdeckel in Art. 3n Absatz 6 Verordnung (EU) 833/2014 soll europäischen Unternehmen eine solche Ausfuhr per Schiff in Drittstaaten abweichend von den soeben dargestellten Verboten wieder erlaubt werden, wenn der Preis unterhalb einer vorab festgelegten Preisobergrenze bleibt. Dadurch soll ein Gleichgewicht zwischen den gegenläufigen Interessen hergestellt werden, einerseits Russlands Einnahmen zu schmälern und andererseits die globale Energiesicherheit nicht zu beeinträchtigen. Ferner sollen dadurch die Inflation und der Anstieg der Energiepreise begrenzt werden. Die Preisobergrenze soll von der Koalition für eine Preisobergrenze (Price Cap Coalition) festgelegt werden; sie wird sodann im Anhang XXVIII der Verordnung (EU) 833/2014 abgebildet. In der Praxis soll der Preisobergrenzenmechanismus durch ein Bescheinigungsverfahren umgesetzt werden, wodurch die Wirtschaftsbeteiligten in der Lieferkette den jeweiligen Erwerbspreis nachweisen können. Zu den komplexen Einzelfragen rund um die Preisobergrenze will die EU zeitnah Leitlinien veröffentlichen, um eine einheitliche Anwendung zu erleichtern und gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU und weltweit zu ermöglichen.
  • Insgesamt ausgenommen von Beschränkungen bleibt der Bereich Atomenergie. Explizit weist die EU darauf hin, dass keine der vorgesehenen Maßnahmen darauf abzielt, die Sicherheit ziviler nuklearer Kapazitäten oder die zivile nukleare Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich Forschung und Entwicklung zu untergraben oder die Planung oder Herstellung neuer Nuklearanlagen bzw. Instandhaltung oder Versorgung von Bestandanlagen mit Brennstoffen zu behindern. Dazu gehört auch, dass weiterhin Dienstleistungen und Handelsaktivitäten stattfinden dürfen, die darauf abzielen, die Sicherheit des Atomkraftwerks in Saporischschja zu erhalten. Das Transaktionsverbot des Art. 3k Verordnung (EU) 833/2014 hat ebenfalls eine weitere Ausnahme erfahren, wonach die Behörden eine Transaktion genehmigen können, wenn diese erforderlich ist für die Aufrechterhaltung und den Ausbau von Atomkraftwerken

Neue Sanktionskategorien

Gänzlich neu im komplexen Sanktionsgefüge ist die Möglichkeit, Personen auf Sanktionslisten aufzunehmen, wenn diese die bestehenden Sanktionen umgehen oder die Umgehung durch andere erleichtern oder unterstützen. Das gilt auch für die Umgehung durch EU-Staatsbürger. Eine Umgehung besteht beispielsweise darin, Güter in der EU zu kaufen, diese zunächst in Drittländer und erst dann nach Russland zu liefern. Die EU erhofft sich hiervon einen Abschreckungseffekt.

Schließlich verbietet die EU nunmehr auch den Staatsbürgern ihrer Mitgliedstaaten ab dem 22. Oktober 2022, Posten in Aufsichtsräten und anderen Führungsgremien von bestimmten staatlich gehaltenen Unternehmen in Russland zu bekleiden (Art. 5aa Absatz 1a Verordnung (EU) 833/2014). Damit dürfte auch die Pflicht zur Niederlegung bekleideter Posten einhergehen. Diese Regelung ergänzt die bereits bestehenden Transaktionsverbote mit jenen staatlich gehaltenen russischen Unternehmen. Vor allem die Bundesregierung hatte sich für diesen Schritt angesichts der langjährigen Betätigung des Ex-Bundeskanzlers Gerhard Schröder im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft eingesetzt, für die dieser stark kritisiert worden war.

 

UK-Sanktionen

Auch das Vereinigte Königreich hat als Reaktion auf die Annexionen und „Scheinreferenden“ am 26. September 2022 neue Sanktionen gegen Russland verhängt, die teilweise den neuen EU-Sanktionen entsprechen. Es handelt sich vor allem um personenbezogene Sanktionen gegenüber den an der Durchführung der „Scheinreferenden“ beteiligten Personen und Organisationen sowie gegenüber Entscheidungsträgern verschiedener staatlich gelenkter Unternehmen, darunter der Gazprombank, der Sberbank und der Sovcombank, aber auch „Putins Lieblings-PR-Agentur“ IMA Consulting. Damit unterliegen mittlerweile auch über 1200 Personen und über 120 Organisationen den Sanktionen des Vereinigten Königreichs. Ferner verbietet auch das Vereinigte Königreich die Erbringungen von IT- und Rechtsberatungsdienstleistungen und Dienstleistungen in den Bereichen Architektur und Ingenieurswesen. Schließlich wurden auch Exportbeschränkungen für an die 700 weitere Güter verhängt, die Russland für seine industriellen und technologischen Kapazitäten benötigt.

 

US-Sanktionen

Am 30. September 2022 haben auch die USA ihre Sanktionen verschärft. So hat das US-Finanzministerium (US Department of the Treasury’s Office of Foreign Assets Control, “OFAC”) die sogenannte “SDN-Liste” (Specially Designated Nationals and Blocked Persons List) um rund 300 neue Einträge ergänzt, darunter Angehörige der russischen Streitkräfte und Mitglieder der russischen Legislativorgane (zu den rechtlichen Konsequenzen der Listung siehe bereits unseren Newsletter vom 7. März 2022). Ähnlich wie die neue EU-Regelung, wonach auch EU-Bürger im Falle der Umgehung der Sanktionen oder die Unterstützung dazu eine eigene Listung befürchten müssen, haben auch die USA verkündet, dass jegliche Unterstützung des Angriffskriegs in der Ukraine auch zu vergleichbaren Konsequenzen in den USA führen wird. Im Zuge der Neuregelungen haben die USA erneut betont, dass die OFAC Sanktionen sich nicht auf den Verkauf oder Transport von russischem Rohöl, Erdölprodukten, LNG und Kohleprodukten russischen Ursprungs beziehen, außer wenn solche Produkte in die USA importiert werden. Bereits am 15. September 2022 hatte das US-Amt für Industrie und Sicherheit (Bureau of Industry and Security, „BIS“) außerdem die Exportkontrollen unter den Export Administration Regulations („EAR“) verschärft, einerseits in sachlicher Hinsicht durch Listung weiterer Güter, die viele Industriebereiche betreffen, andererseits auch in örtlicher Hinsicht durch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf Belarus.


Reaktion Russlands

Als Reaktion auf die umfassenden Sanktionen der EU und der USA hat Russland weitere Gegenmaßnahmen ergriffen und bestehende Maßnahmen verlängert.

Bereits seit längerem hat Russland verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Finanzstabilität zu wahren. So ist beispielsweise die Ausfuhr von Devisen in bar im Wert von mehr als 10.000 US-Dollar aus Russland bereits seit dem 2. März 2022 verboten. Es dürfen kein Bargeld und keine Finanzinstrumente in Fremdwährung, die den Gegenwert von 10.000 US-Dollar übersteigen, außer Landes gebracht werden. Diese Maßnahme wurde nunmehr bis zum 9. März 2023 verlängert. Bis zum 31. März 2023 gilt auch ein Verbot für Überweisungen ins Ausland von russischen Konten durch gebietsfremde natürliche und juristische Personen aus solchen Staaten, die Sanktionen gegen Russland erhoben haben. Insgesamt unterhält Russland nunmehr eine Fülle von Kapitalverkehrskontrollen.

Darüber hinaus hat Russland weitere Ausfuhrbeschränkungen in Form von Exportquoten für Schwefel (der für die Düngerproduktion benötigt wird), Recyclingpapier, Altpappe und Edelmetallabfall angeordnet. Weiterhin hat Russland seine personenbezogenen Sanktionen, die maßgeblich aus Einreiseverboten in die Russische Föderation bestehen, auf weitere Militärs, Politiker und Schauspieler aus westlichen Staaten ausgeweitet.

Am 8. September 2022 ist ferner ein Präsidialerlass in Kraft getreten, wonach fortan Rechtsgeschäfte, die direkt oder indirekt die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Eigentums-, Nutzungs- und Verfügungsrechten an Anteilen russischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung (russisch: OOO) betreffen, unter Genehmigungsvorbehalt der Regierungskommission über ausländische Investitionen stehen. Dies hat in der Praxis zur Folge, dass westlichen Unternehmen der Verkauf ihrer Russlandtochtergesellschaften und damit der Rückzug aus dem Russlandgeschäft erschwert wird.

 

Fazit und Ausblick:

Reaktionen auf die Sanktionen

Die EU zieht ein positives Fazit zur Wirkung der bisher bestehenden Sanktionen. Es habe sich gezeigt, dass Russlands Wirtschaft unter den Sanktionen leide und insbesondere seine Kapazitäten zur Schaffung und Wartung von Waffen und anderen Kriegsmitteln geschwächt seien.

Einige Mitgliedstaaten, z.B. Litauen, kritisieren die Sanktionen als weiterhin „zu schwach“, insbesondere angesichts der zahlreichen Ausnahmen bei einigen Verbotstatbeständen. Teilweise wurden solche Ausnahmen aber gerade auf Druck anderer Mitgliedstaaten eingefügt, die ihre Zustimmung zu den Sanktionspaketen davon abhängig gemacht hatten, weil sie um ihre eigene Versorgung und Wirtschaft fürchteten.

Anders als von einigen Mitgliedstaaten und vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj gefordert, hat die EU die russische Atomindustrie weitestgehend von Sanktionen ausgenommen. Weiterhin ist die Einfuhr russischen Urans und Kerntechnik in die EU nicht sanktioniert. Während einige dies für eine große Lücke im Sanktionsgeflecht halten, sehen andere diesen Schritt als vernünftig an, weil weiterhin Abhängigkeiten der EU von Russland in diesen Bereichen bestehen, sodass eine Sanktionierung aus deren Sicht ein „Schuss ins eigene Knie“ wäre.

Folgen für die Praxis und Ausblick

Angesichts der unüberschaubaren Fülle an Import- und Exportverboten ist besondere Vorsicht geboten, da auch „unerwartete“ Güter diesen Verboten unterfallen (etwa im Rahmen des Art. 3i bzw. des dazugehörigen Anhangs XXI). Unternehmen, die im Russlandgeschäft tätig sind, sollten auf der Basis der neuen Güterlisten eine grundlegende Neueinstufung ihrer Güter und Materialien vornehmen. Bedauerlicherweise hat die EU nur in sehr begrenztem Umfang Ausnahmen von bestehenden Importverboten ergänzt. Das bereits in unserem letzten Newsletter vom 28. Juli 2022) angesprochene Problem, dass infolge der Importbeschränkungen kritische Infrastrukturen und Industrien innerhalb der EU in Mitleidenschaft gezogen werden, wurde dadurch nur unerheblich entschärft.

Im Bereich der russischen Gegensanktionen muss man vor allem den neu eingeführten Genehmigungsvorbehalt der russischen Regierung bezüglich der bislang (im Gegensatz zu Aktien) frei übertragbaren OOO-Anteile bei Reorganisationen oder bei einem geplanten Rückzug aus dem Russlandgeschäft im Auge behalten.

Ein Ende des Angriffskriegs und damit auch der Sanktionen ist derzeit noch nicht abzusehen. Die EU hat ihre Sanktionen mittlerweile bis zum 15. März 2023 verlängert. Es gilt weiterhin, den Überblick über das komplizierte Geflecht an EU- und US-Sanktionen sowie russischen Gegensanktionen zu wahren und geschäftliche Tätigkeiten daran auszurichten. Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie auf dem Laufenden.

Update zum EU-Sanktionsstrafrecht

Auch im Bereich des EU-Sanktionsstrafrechts hat es Fortschritte gegeben: Nachdem die EU am 7. Juli 2022 bereits den Weg für die Einführung eines EU-einheitlichen Sanktionsstrafrechts bereitet hat (wir berichteten in unserem Newsletter vom 28. Juli 2022), hat der Bundestag am 29. September 2022 einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung gebilligt. Wenn auch der Bundesrat diesem Entwurf zugestimmt hat und das Gesetz in Kraft getreten ist, kann auch der Ratsbeschluss zur Erweiterung der EU-Kompetenzen auf dem Gebiet des Strafrechts um Sanktionsverstöße gefasst werden. Direkt im Anschluss können auf EU-Ebene die Arbeiten an einer Harmonisierungs-Richtlinie beginnen. Auch über die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich werden wir weiter berichten.

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