Angesichts der weiter fortdauernden Angriffe Russlands gegen die Ukraine und deren Unterstützung durch Belarus hat die EU weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland erlassen: Am 3. / 4. Juni 2022 ist das – nach offizieller Zählung der EU – nunmehr sechste Sanktionspaket in Kraft getreten. Dieses folgt auf die Sanktionspakete vom 24. und 26. Februar 2022 (Beitrag vom 28. Februar 2022), vom 28. Februar / 2. März 2022 (Beitrag vom 07. März 2022), vom 16. März 2022 (Beitrag vom 18. März 2022) sowie das Paket vom 09. April 2022 (Beitrag vom 12. April 2022). Es umfasst eine Reihe von Maßnahmen, die die russischen Möglichkeiten zur Fortsetzung der militärischen Angriffe wirksam vereiteln sollen.
Zu den bisherigen Sanktionen hinzugekommen sind nunmehr insbesondere ein schrittweises Einfuhrverbot für russisches Öl sowie das Verbot der Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Buchführung, Öffentlichkeitsarbeit und Beratung. Auch hat die EU den Adressatenkreis der personenbezogenen Sanktionen erneut erweitert, ebenso den Kreis der von dem Ausfuhrverbot von Dual-Use-Gütern erfassten Personen. Erweitert hat die EU auch die Liste derjenigen Güter und Technologien, die angesichts ihrer militär- oder technologiestützenden Wirkung nicht nach Russland ausgeführt werden dürfen. Zudem wurden nun auch die Sberbank sowie weitere russische und belarussische Banken aus dem globalen Bankenkommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen. Drei große russische Staatssender dürfen ihre Inhalte in der EU nicht länger verbreiten, was auch ein Werbeverbot umfasst.
Auch die USA haben ihre personen- und dienstleistungsbezogenen Sanktionen erweitert.
Russland hat neben weiteren Verschärfungen im Bereich der Immaterialgüterrechte insbesondere ein weitreichendes Geschäftsverbot mit russischerseits sanktionierten Personen eingeführt, ebenso Beschränkungen des Handels mit bestimmten ausländischen Wertpapieren an der russischen Börse sowie der Belieferung von EU-Staaten mit Gas.
EU-Sanktionen
In ihrem sechsten Sanktionspaket (VO (EU) 2022/877 und 2022/879 sowie DVO (EU) 2022/876 und 2022/878) vom 3./4. Juni 2022 nimmt die EU weitere Ergänzungen und Verschärfungen insb. der Verordnungen (EU) 765/2006, 269/2014 und 833/2014 vor.
- Die EU hat die personenbezogenen Sanktionen im Vergleich zum Stand am 9. April 2022 um 83 weitere Einträge auf derzeit insgesamt 1158 Personen und 98 Organisationen ausgedehnt. Im neuen Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 sind nunmehr auch Offiziere der in Butscha und Mariupol agierenden Einheiten, Beteiligte an der Zusammenarbeit mit der russischen Besatzung im Gebiet Cherson sowie weitere Politiker, Propagandisten, führende Geschäftsleute und Familienangehörige von bereits sanktionierten Personen gelistet. Zu den neu gelisteten Organisationen gehört daneben eine Reihe von Unternehmen, die direkt oder indirekt die Streitkräfte der Russischen Föderation und die Regierung der Russischen Föderation unterstützen, darunter auch der größte russische Wertpapierverwahrer, das National Settlement Depository. Wie bereits in unserem Beitrag vom 07. März 2022 erläutert, gilt für die gelisteten Personen ein Ein- und Durchreiseverbot für das Unionsgebiet; sämtliche Vermögenswerte der betroffenen Personen werden eingefroren. Weiterhin gilt für sie ein Bereitstellungsverbot, das es europäischen Unternehmen verbietet, gelisteten Personen Vermögenswerte zur Verfügung zu stellen.
- Zudem wurden 12 Personen und acht Organisationen aus Belarus, die regierungsfreundlich sind, neu in die in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 enthaltene Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt wurden, aufgenommen.
- Die EU erweitert die Liste der Personen und Organisationen, die von Ausfuhrbeschränkungen in Bezug auf Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck betroffen sind. Sowohl russische als auch belarussische Organisationen wurden der Liste hinzugefügt.
- Der Schwerpunkt der Sanktionen liegt wiederum in der Ergänzung der Verordnung (EU) 833/2014 im Bereich der finanz- und handelsbezogenen Sanktionen:
- Neu eingeführt wurde in Art. 3m der Verordnung (EU) 833/2014 das Verbot, die in Anhang XXV genannten Erdölerzeugnisse oder Rohöl unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, einzuführen oder zu verbringen, wenn sie ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden. Auch ist verboten, unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe, Vermittlungsdienste, Finanzmittel oder Finanzhilfen oder andere Dienste in diesem Zusammenhang bereitzustellen. Es bestehen jedoch eine Reihe von Ausnahmen von diesen Verboten. So gelten sie bis zum 5. Dezember 2022 bzw. 5. Februar 2023 nicht für kurzfristige einmalige Geschäfte oder für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 4. Juni 2022 geschlossen werden. Diese Fristen können in Kroatien und Bulgarien unter Umständen verlängert werden (die so eingeführten Waren dürfen dann aber nicht an Käufer weiterverkauft werden, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland ansässig sind). Die Verbote gelten zudem nicht für den Erwerb, die Einfuhr oder die Weitergabe von auf dem Seeweg eingeführtem Rohöl und von Erdölerzeugnissen gemäß Anhang XXV, wenn diese Waren ihren Ursprung in einem Drittland haben und nur durch Russland durchgeführt werden, sofern die Waren nicht in russischem Eigentum stehen. Weiter gilt das Verbot nicht für Rohöl des KN-Codes 2709 00, das aus Russland über Pipelines in die jeweiligen Mitgliedstaaten geliefert wird. Jedoch ist die Weiterleitung oder der Verkauf in andere Mitgliedstaaten (außer für durchschnittliche Mengen bis zunächst 5. Dezember 2023 nach Tschechien) oder Drittländer verboten.
- Auch ist nach dem neuen Art. 3n der Verordnung (EU) 833/2014 untersagt, im Zusammenhang mit der Beförderung der genannten Güter in Drittländer unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe, Vermittlungsdienste, Finanzmittel oder Finanzhilfen zu erbringen, einschließlich durch Umladungen zwischen Schiffen. Dieses Verbot gilt bis zum 5. Dezember 2022 nicht für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 4. Juni 2022 geschlossen wurden. Ebenso gilt es – ähnlich wie das eigentliche Einfuhrverbot – nicht, wenn diese Waren ihren Ursprung in einem Drittland haben und nur durch Russland durchgeführt werden, sofern die Waren nicht in russischem Eigentum stehen.
- Für das Geschäftsverbot des Art. 5aa der Verordnung (EU) 833/2014 (siehe dazu unseren Newsletter vom 18. März 2022) wurde mit dem neuen Abs. 2 a klargestellt, dass sich die Ausnahme vom Geschäftsverbot für vor dem 16. März 2022 geschlossene Verträge auch auf die Entgegennahme von Zahlungen bezieht, die aufgrund dieser Verträge geschuldet werden. Weitere Ausnahmen für Transaktionen zur Abwicklung von Gemeinschaftsunternehmen sowie im Zusammenhang mit der Bereitstellung von elektronischen Kommunikationsdiensten, Rechenzentrumsdiensten oder Callcenter-Diensten wurden eingeführt.
- Nach dem neuen Art. 5n der Verordnung (EU) 833/2014 ist es jetzt auch verboten, für die russische Regierung oder in Russland niedergelassene Organisationen unmittelbar oder mittelbar Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung einschließlich Abschlussprüfung, Buchführung und Steuerberatung sowie Unternehmens- und Public-Relations-Beratung zu erbringen. Ausnahmen bestehen aber insbesondere für die Erbringung von Dienstleistungen für die Beendigung von vor dem 4. Juni 2022 geschlossener Verträge bis zum 5. Juli 2022 („Wind Down Period“, (in der deutschen Fassung liegt hier wohl ein Übersetzungsfehler vor) und von Dienstleistungen, die zur ausschließlichen Nutzung durch in Russland niedergelassene Organisationen bestimmt sind, welche sich im Eigentum oder unter der alleinigen oder gemeinsamen Kontrolle einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten oder eingetragenen Organisation befinden.
- Auch die Einfuhrverbote in die Union gemäß Art. 3i der Verordnung (EU) 833/2014 (siehe dazu bereits unseren letzten Newsletter und den Newsletter vom 18. März) wurden auf weitere Erzeugnisse ausgeweitet. Der neue Anhang XXI der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 wurde nochmals auf weitere Nahrungs- und Genussmittel, Zement, Kaliumchlorid, Düngemittel, weitere Holzwaren usw. erweitert.
- Des Weiteren wird das Ausfuhrverbot des Art. 2a in Verbindung mit Anhang VII der Verordnung (EU) 833/2014 für Güter und Technologien erweitert, die zur technologischen Verbesserung des russischen Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten. Zu den Ergänzungen zählen 80 Chemikalien, die für die Produktion chemischer Waffen verwendet werden können.
- Die EU setzt die Sendetätigkeiten von drei weiteren staatseigenen russischen Medien in der EU aus: Rossiya RTR/RTR Planeta, Rossiya 24 / Russland 24 und TV Centre International. Nach dem neuen Art. 2f Abs. 3 der Verordnung (EU) 833/2014 ist es auch verboten, in Inhalten, die von diesen Medien gesendet werden, für Produkte und Dienstleistungen zu werben.
- Die EU weitet das bestehende Verbot der Erbringung spezieller Zahlungsverkehrsdienste (SWIFT) auf drei weitere russische Kreditinstitute aus – die Sberbank als größte russische Bank, die Credit Bank of Moscow, die Russische Landwirtschaftsbank. Auch die Belarussische Bank für Entwicklung und Wiederaufbau wird ausgeschlossen.
Aussetzung der Einfuhrzölle auf ukrainische Exporte in die EU
Zwischenzeitlich hat die EU auch eine vorübergehende Liberalisierung des Handels und andere Handelszugeständnisse in Bezug auf bestimmte ukrainische Waren ermöglicht. Konkret entfallen ein Jahr lang sämtliche Einfuhrzölle auf ukrainische Exporte in die EU.
US-Sanktionen
Die USA haben bereits am 8. März 2022 ein am 22. April in Kraft getretenes Einfuhrverbot für russisches Rohöl, Erdöl, Erdölbrennstoffe einschließlich ihrer Destillationsprodukte und verflüssigtes Erdgas sowie Kohle und Kohleprodukte beschlossen (siehe Newsletter vom 18. März). Auch haben die USA bereits im Februar (siehe Newsletter vom 18. März) und April 2022 (siehe Newsletter vom 12. April), ihre seit 2014 gegen die Sberbank verhängten Sanktionen erweitert.
Seit unserem letzten Außenwirtschaftsrechts Update zu den Ukraine-Sanktionen haben die USA insbesondere folgende Verschärfungen/ Erweiterungen des US-amerikanischen Sanktionsregimes beschlossen:
- Bereits am 8. Mai 2022 haben die USA ihre personenbezogene Sanktionsliste (SDN-Liste) um Personen erweitert, die – so die Einschätzung des US-Finanzministeriums – eine entscheidende Bedeutung für Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung haben. Dazu gehören die Vorstandsmitglieder der Gazprombank und Sberbank sowie der russischen Staatsbank Moscow Industrial Bank und zehn ihrer Tochtergesellschaften. Gelistet sind nun außerdem ein staatlich unterstützter Waffenhersteller (Limited Liability Company Promtekhnologiya) und drei staatlich kontrollierte russischer Fernsehsender (Channel One Russia, NTV Broadcasting Company, Fernsehsender Russland-1). Am 2. Juni 2022 haben die USA die SDN-Liste nochmals insbesondere mit dem Ziel ergänzt, diejenigen Netzwerke zu zerschlagen, die versuchen, US-Sanktionen zu umgehen und weltweit anonym von Luxusgütern Gebrauch zu machen. Zu diesem Zweck wurden unter anderem eine Airline, eine für russische Oligarchen tätige „Yachtvermittlung“ sowie Unternehmen gelistet, die Präsident Putin Yachten zur Verfügung gestellt haben. Es wurden bestimmte Yachten und Flugzeuge identifiziert, die (teils) im Eigentum der gelisteten Personen stehen. Der SDN-Liste wurden außerdem weitere prominente russische Regierungsbeamte sowie der Verwalter von Präsident Putins Offshore-Vermögen hinzugefügt. Wie in unserem Newsletter vom 7. März 2022 dargestellt, geht die Listung insbesondere mit der „Sperrung“ bzw. dem Einfrieren aller in den USA belegenen oder von einer US-Person kontrollierten Vermögenswerte der gelisteten Personen und einem Transaktionsverbot einher. Das US-Handelsministerium hat zudem die sog. Commerce Entity List um weitere 71 Unternehmen mit Sitz in Russland und Weißrussland mit Ziel ergänzt, um diese Unternehmen vom Zugang zu militärisch bedeutsamen Gütern und Technologien mit US-Ursprung abzuschneiden.
- Die USA haben ihre Sanktionen zudem auf diverse Bereiche des Beratungssektors ausgeweitet. Hierdurch soll russischen Personen der Zugang zu Dienstleistungen versperrt werden, die sie zur Umgehung der Sanktionen nutzen. So dürfen US-amerikanische Unternehmen ab dem 7. Juni 2022 grundsätzlich keine Buchhaltungs-, Treuhand- und Unternehmensgründungs- oder Unternehmensberatungsdienste in Russland mehr anbieten und ausführen. Notwendige Abwicklungsgeschäfte sind noch bis zum 7. Juli 2022 gestattet. US-amerikanische Wirtschaftsprüfer und Ratingagenturen dürfen ihr Russlandgeschäft aufgrund einer allgemeinen Genehmigung (General License) nach aktuellem Stand noch bis zum 20. August 2022 ausüben. Das in den USA belegene oder unter Kontrolle von US-Personen stehende Vermögen von im Einzelnen zu bestimmenden Personen, die Wirtschaftsprüfungs-, Treuhand- und Unternehmensgründungsdienste sowie Unternehmensberatung für die russische Wirtschaft erbringen oder erbracht haben, wird „gesperrt“.
- Die allgemeine Ausnahmegenehmigung (General License 9A), die für eine „Wind Down-Period“ noch bestimmte Transaktionen mit Beteiligung russischer Finanzinstitute (u.a. VTB Public Joint Stock Company Sberbank of Russia, Alfa-Bank) sowie der russischen Zentralbank des Nationalen Vermögensfonds der Russischen Föderation oder des russischen Finanzministeriums gestattete, lief – je nach Finanzinstitut/ Finanzinstitution – am 25. Mai 2022 oder 1. Juni 2022 aus. US-Personen bleiben aber ungeachtet des Transaktionsverbots mit der Zentralbank der Russischen Föderation, dem Nationalen Vermögensfonds und dem russischen Finanzministerium jedenfalls bis zum 30. September 2022 berechtigt, im Rahmen ihres täglichen Geschäfts, Steuern, Gebühren oder Einfuhrzölle zu zahlen und Genehmigungen, Lizenzen, Registrierungen oder Bescheinigungen zu erwerben oder zu erhalten (General License 13A).
Weitere russische Gegenmaßnahmen
- Die Gegensanktionen Russlands werden für den Bereich der Immaterialgüterrechte von Rechtinhabern aus „unfreundlichen Staaten“ erneut verschärft (siehe bereits unsere Newsletter vom 12. April 2022 und 18. März 2022). So ist am 27. Mai 2022 das Präsidentialdekret Nr. 322 „Über das vorläufige Verfahren zur Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber bestimmten Gläubigern“ in Kraft getreten:
- Hiernach haben russische Schuldner Zahlungen für die Nutzung von Immaterialgüterrechten an einen näher konkretisierten Kreis von ausländischen Rechtinhabern auf ein im Namen des Rechtsinhabers eröffnetes und für die Begleichung von Verpflichtungen bestimmtes Sonderkonto Typ-O und ausschließlich in Rubel zu zahlen. Die Erfüllung von Verbindlichkeiten ohne Verwendung eines Sonderkontos Typ-O ist künftig nicht mehr zulässig. Betroffen von der Regelung sind unter anderem:
- Ausländische Rechteinhaber, die mit ausländischen Staaten assoziiert sind, die „unfreundliche Handlungen“ gegenüber der Russischen Föderation, russischen juristischen und natürlichen Personen begehen.
- Rechteinhaber, die öffentlich die Umsetzung ausländischer restriktiver Maßnahmen unterstützen oder öffentlich dazu aufgerufen haben.
- Rechteinhaber, die die Nutzung von Immaterialgüterrechten in Russland oder die Herstellung oder Lieferung von Waren, die Erbringung von Dienstleistungen und/oder die Ausfuhr von Waren aus Russland nach dem 23. Februar 2022 aufgrund der Einhaltung von Sanktionen oder aus anderen Gründen, die nichts mit der wirtschaftlichen Durchführbarkeit zu tun haben, untersagt haben.
- Die zugelassenen Banken, bei denen die betroffenen Rechteinhaber ein Sonderkonto Typ-O eröffnen können, werden von der Regierung der Russischen Föderation bestimmt. Das Sonderkonto Typ-O wird in Rubel geführt. Der Rechteinhaber kann dem Schuldner die Zustimmung erteilen, dass der Schuldner entsprechende Zahlungen auf das Sonderkonto Typ-O leisten kann. Solange der Rechteinhaber eine solche Zustimmung gegenüber einem Schuldner nicht erteilt hat, ist dieser berechtigt, die Zahlung zu verweigern, ohne dass er dadurch seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Rechteinhaber verletzt.
- Auf Fremdwährung lautende Verpflichtungen gelten als ordnungsgemäß vom Schuldner erfüllt, wenn eine Zahlung in Rubel in der Höhe erfolgt ist, die dem Wert der auf die Fremdwährung lautenden Verpflichtungen zum jeweils geltenden, offiziellen Wechselkurs entspricht.
- Eine Überweisung der auf dem Sonderkonto Typ-O des Rechteinhabers eingegangenen Beträge auf ein Konto bei einer anderen Bank in Russland oder im Ausland ist nur mit Genehmigung der Regierungskommission für die Kontrolle ausländischer Investitionen in der Russischen Föderation zulässig.
- Das Dekret sieht eine Reihe von Verträgen vor, bei denen es keine Anwendung findet. Diese Verträge betreffen die Einräumung von Immaterialgüterrechten für:
- die Einfuhr oder die Herstellung von Arzneimitteln, medizinischen Geräten, industriellen und landwirtschaftlichen Produkten sowie Lebensmitteln,
- die Bereitstellung von Kommunikationsdiensten und
- die Erstellung und/oder Nutzung von Computerprogrammen, Datenbanken, Informationssystemen und Datenverarbeitungszentren.
- Weiterhin sind Zahlungen an Rechteinhaber, die von natürlichen Personen im Rahmen der Nutzung von Immaterialgüterrechten zu rein persönlichen, nicht unternehmerischen Zwecken geleistet werden und 100.000 Rubel nicht übersteigen, von den Regelungen des Dekrets ausgenommen.
- Auch für Zahlungen an Rechteinhaber, die zwar dem vom dem Dekret erfassten Personenkreis unterfallen, aber ihre vertraglichen Verpflichtungen mit den Schuldnern ordnungsgemäß erfüllen, finden die Einschränkungen des Dekrets keine Anwendung.
- Hiernach haben russische Schuldner Zahlungen für die Nutzung von Immaterialgüterrechten an einen näher konkretisierten Kreis von ausländischen Rechtinhabern auf ein im Namen des Rechtsinhabers eröffnetes und für die Begleichung von Verpflichtungen bestimmtes Sonderkonto Typ-O und ausschließlich in Rubel zu zahlen. Die Erfüllung von Verbindlichkeiten ohne Verwendung eines Sonderkontos Typ-O ist künftig nicht mehr zulässig. Betroffen von der Regelung sind unter anderem:
- Darüber hinaus hat Russland unter anderem die folgenden weiteren Gegenmaßnahmen beschlossen:
- Nachdem Immobiliengeschäfte zwischen russischen und mit „unfreundlichen Staaten“ verbundenen ausländischen Personen bereits seit März 2022 der behördlichen Zustimmung bedürfen, sind am 3. Mai 2022 das sehr weitreichende Präsidentialdekret Nr. 252 „Über die Anwendung von Vergeltungssonderwirtschaftsmaßnahmen als Reaktion auf unfreundliche Handlungen bestimmter ausländischer Staaten und internationaler Organisationen“ und am 12. Mai die zugehörige Durchführungsverordnung Nr. 851 in Kraft getreten. Danach ist es allen russischen Behörden und der russischen Gerichtsbarkeit unterliegenden Personen untersagt, mit den in der Durchführungsverordnung gelisteten, sanktionierten Personen Geschäfte durchzuführen, zugunsten der sanktionierten Personen Finanztransaktionen durchzuführen und in Russland hergestellte oder abgebaute Produkte durch eine oder an eine sanktionierte Person auszuführen. Bei den sanktionierten Personen handelt es sich derzeit insbesondere um Unternehmen des Energiesektors, darunter Gazprom Germania GmbH, Gazprom NGV Europe GmbH, Astora GmbH, WIBG GmbH, WIEH GmbH, WINGAS GmbH, WINGAS Sales GmnBH, WINGAS Holding GmbH, Industriekraftwerk Greifswald GmbH. Die Durchführungsverordnung enthält zwar die Möglichkeit, für die grundsätzlich untersagten Transaktionen im Einzelfall Genehmigungen einzuholen. Details zum Verfahren lassen sich der Durchführungsverordnung Nr. 851 aber nicht entnehmen.
- Die russische Zentralbank hat beschlossen, ab dem 30. Mai 2022 den Handel an der russischen Börse für solche ausländischen Wertpapiere einzuschränken, deren Kauf oder Verkauf nicht mehr von internationalen Clearing- und Abrechnungsorganisationen abgewickelt wird. Ausnahmen gelten für Wertpapiere ausländischer Emittenten, die hauptsächlich in Russland produzieren und wirtschaftliche Aktivitäten ausüben. Daraufhin kündigte die zweitgrößte russische Börse SPB an, bis zu 14 % der US-Aktien im Besitz ihrer Kunden auf ein Sperrdepot zu transferieren. Durch die neuen Beschränkungen bleiben die Kunden von SPB zwar Eigentümer ihrer jeweiligen Aktienbestände. Sie haben aber keinen Zugriff auf Papiere von Firmen wie Apple oder Tesla, können diese also nicht verkaufen.
- Russland weitet schließlich den Kreis der Länder bzw. Gasversorger aus, an die kein Gas mehr geliefert werden soll, weil sie sich weigern, ihre Rechnungen in Rubel zu begleichen. So hat Russland bereits die Lieferungen nach Polen, Bulgarien, Finnland und die Niederlande eingestellt. Zuletzt kündigte Russland an, auch die Exporte an den dänischen Versorger Ørsted und an Shell Energy Europe zu stoppen.
Fazit und Ausblick: Stückweise Ausweitung bestehender Sanktionen; Ende bestehender Sanktionen bisher nicht absehbar
- Das sechste Sanktionspaket der EU und die weiteren Sanktionen von US-Seite zeigen, dass „der Westen“ auch weiterhin bereit ist, außerordentlich drastische Schritte zu unternehmen, um die Einnahmequellen des russischen Staates zu treffen.
- Zusätzlich zu dem bereits beschlossenen Kohleimportverbot aus Russland und dem Verbot, bestimmte Mineralerzeugnisse, einschließlich Erdöl und Erdgas, aus Belarus einzuführen, haben sich die EU-Mitgliedstaaten nach langen Verhandlungen nun auch auf ein Teil-Ölembargo (Einfuhr) verständigt. Dieses ist auf Öllieferungen über den Seeweg beschränkt und wird voraussichtlich bis zum Ende dieses Jahres über zwei Drittel der bisherigen Ölimporte aus Russland stoppen. Obwohl Pipeline-Lieferungen nicht vom sechsten Sanktionspaket erfasst sind, haben Deutschland und Polen signalisiert, in Zukunft gleichwohl kein Öl mehr über die Druschba-Pipeline beziehen zu wollen. In diesem Fall könnten sich die Ölimporte der EU bis zum Ende des Jahres um 90% reduzieren. Wie stark sich die Regelungen des sechsten Sanktionspakets auf die russische, aber auch die Wirtschaft der EU auswirken werden, bleibt abzuwarten.
- Der Trend weitreichender russischer Gegensanktionen setzt sich fort und sollte von Unternehmen mit Russlandgeschäft im Blick behalten werden.
- Ein Ende dieser Spirale ist bisher nicht abzusehen. Jedenfalls die bestehenden Sanktionen werden wohl noch längere Zeit in Kraft bleiben.