Seit 2015 ist die internationale Staatengemeinschaft bestrebt, die seit 2006 bestehenden Sanktionen gegenüber dem Iran zu lockern, wenn der Staat sein Nuklearprogramm zurückbaut. Zum ersten Mal will nun allerdings der amerikanische Präsident Donald Trump die politische Bestätigung des Abkommens verweigern. In rechtlicher Hinsicht stellt dies bestehende Exportverträge mit dem Iran vor neue Unsicherheiten: Wie ist mit einem so genannten Snap Back, dem möglichen Wiederinkrafttreten verschärfter Sanktionen in Beziehungen zu iranischen Geschäftspartnern umzugehen?
Hintergrund: Das Iran-Embargo
Seit 2006 hat der Sicherheitsrat der UN verschiedene Resolutionen verabschiedet, mit denen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verhängt wurden, weil die internationale Staatengemeinschaft das Land verdächtigte, unter dem Deckmantel der friedlichen Nutzung der Atomkraft zur Energiegewinnung an einem Atombombenprogramm zu arbeiten. Der Iran sollte so zur Aussetzung der Anreicherung und Wiederaufbereitung von Uran gezwungen werden.
Die Umsetzung der Resolutionen erfolgt auf europäischer Ebene durch Beschlüsse der EU auf dem Gebiet der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Diese Beschlüsse werden in der Regel wiederum bindend durch unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltende EU-Verordnungen umgesetzt. Die zentrale Verordnung für die Beschränkung des Außenwirtschaftsverkehrs mit dem Iran stellt die EU-Verordnung Nr. 267/2012 vom 23. März 2012 (Iran-Embargoverordnung) dar, die zwischenzeitlich mehrfach aktualisiert wurde. Nach dieser Verordnung gilt – auch aktuell – ein abgestuftes System von Verboten und Genehmigungspflichten, die an bestimmte Güter, Dienstleistungen oder Personen anknüpfen.
Sanktionslockerungen und Snap Back-Mechanismus
In den letzten zwei Jahren wurden diese Sanktionen allerdings gelockert. Die E3+3-Staaten (Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland, China und die USA) einigten sich mit dem Iran auf das sog. Atomabkommen. Rechtswirksam wurde das Atomabkommen am 18. Oktober 2015. Mit diesem Adoption Day musste der Iran mit dem Rückbau seines Nuklearprogramms beginnen. Nach Bestätigung der Umsetzung der entsprechenden Rückbauschritte traten am 16. Januar 2016 (Implementation Day) innerhalb der EU Verordnungen in Kraft, die das Sanktionsregime der Iran-Embargoverordnung lockerten. Dadurch wurden beispielsweise güterbezogene Verbote in Genehmigungspflichten umgewandelt oder ganz aufgehoben; auch personenbezogene Sanktionen wurden reduziert. Weitere schrittweise Lockerungen der Sanktionen sollen bis 2025 erfolgen. Bis dahin gilt aber weiterhin, dass der Handel mit dem Iran nach wie vor rechtlich beschränkt ist.
Die genannten Lockerungen der UN-Sanktionen unterliegen aber gleichzeitig einem sog. Snap Back-Mechanismus: Sie können wieder in Kraft treten, wenn der Iran gegen seine Verpflichtungen verstößt und die Kooperation mit der internationalen Staatengemeinschaft nicht wie vorgesehen funktioniert. Dann wird ein im Einzelnen geregelter, förmlicher Streitbeilegungsmechanismus in Gang gesetzt, an dessen Ende die (erneute) Verschärfung der Sanktionen stehen könnte. Die grundsätzlichen Vor- und Nachteile eines solchen Mechanismus liegen auf der Hand: Er gewährt die größtmögliche Flexibilität in Bezug auf eine effektive Kontrolle und Sanktionierung von Verstößen gegen internationale Abkommen. Allerdings entstehen der exportierenden Wirtschaft dadurch auch deutliche rechtliche Risiken und Ungewissheiten über den Fortbestand bestehender vertraglicher Vereinbarungen, die unter der Geltung der gelockerten Sanktionsregelungen begründet wurden.
Aktueller Iran-Kurs der Trump-Regierung
Diese Unsicherheiten nehmen durch die Politik des amerikanischen Präsidenten Trump zu. Dieser hatte bereits im Wahlkampf die Lockerungen gegenüber dem Iran kritisiert; diese Kritik gipfelte schließlich darin, dass er dem Iran Ende 2017 die Einhaltung der Vorgaben des Abkommens nicht mehr bestätigte: Nach amerikanischem Recht (Iran Nuclear Agreement Review Act) muss der Präsident dem Kongress alle 90 Tage bestätigen, dass der Iran die Vorgaben des Atomabkommens einhält und dass das Abkommen weiterhin den nationalen Sicherheitsinteressen der USA entspricht. Diese Bestätigung hat Trump am 15. Oktober 2017 verweigert. Als Folge hätte der Kongress innerhalb von 60 Tagen – also bis zum 14. Dezember 2017 – die gelockerten US-Sanktionen wieder in Kraft setzen können. Diese US-Sanktionen richten sich zwar in erster Linie an sog. US-persons, können darüber hinaus aber auch nicht-amerikanische Personen und Unternehmen treffen (sog. secondary sanctions). Der Kongress hätte zudem andere oder gar weitergehende Sanktionen beschließen können. Er entschied sich indes für die dritte Möglichkeit und blieb untätig. Am 12. Januar 2018 verweigerte Trump erneut die Bestätigung. Gleichzeitig verlängerte er aber auch die Lockerungen der nationalen Sanktionsvorschriften.
Diese Weigerungen lösen zwar rechtlich den Snap Back-Mechanismus nicht unmittelbar aus, es könnte aber der erste Schritt sein. Auf der internationalen Ebene wäre zunächst ein Konsultationsverfahren durchzuführen, wenn einer der am Abkommen Beteiligten der Auffassung ist, dass die vereinbarten Verpflichtungen nicht erfüllt worden seien. Wenn die Angelegenheit am Ende des Verfahrens nicht beigelegt wurde und noch immer die Auffassung vertreten wird, dass die Angelegenheit eine erhebliche Nichterfüllung der Verpflichtungen aus dem Atomabkommen darstellt, kann der am Abkommen beteiligte Staat den UN-Sicherheitsrat davon unterrichten. Der UN-Sicherheitsrat stimmt dann über eine Resolution zur Beibehaltung der Sanktionsaufhebung ab. Wird diese Resolution sodann nicht innerhalb von 30 Tagen nach der Mitteilung angenommen, finden die Bestimmungen der maßgeblichen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates wieder Anwendung (Snap Back), sofern der UN-Sicherheitsrat nichts anderes beschließt. Die UN-Sanktionen treten also nur dann nicht automatisch wieder in Kraft, wenn der UN-Sicherheitsrat ihre weitere Aussetzung beschließt. Dies kann jedoch seitens eines ständigen Mitglieds des UN-Sicherheitsrats (z.B. eben den USA) durch die Einlegung eines Vetos verhindert werden.
Auf EU-Ebene wäre es dann notwendig, die verschärften internationalen Anforderungen durch eine erneute Änderung der EU-Verordnungen umzusetzen. Zwar sehen die bisherigen EU-Verordnungen vor, dass Altverträge, die noch unter der Geltung der Sanktionslockerungen geschlossen werden, von einem Snap Back nicht betroffen sein sollen, die Einzelheiten hierzu sind allerdings noch völlig offen. Hinzu kommt die Gefahr, dass sich EU-Sanktionen und US-secondary sanctions materiell auseinander bewegen: So könnte nach Unionsrecht legal sein, was seitens der USA mit secondary sanctions sanktioniert wird.
Empfehlung für Unternehmen: Mit Vertragsklauseln den Unsicherheiten Rechnung tragen
Da die Verschärfung der Iran-Sanktionen zumindest politisch nicht mehr gänzlich unwahrscheinlich ist, sollten Unternehmen daran denken, das Snap Back-Risiko in Exportverträgen mit iranischen Geschäftspartnern zu berücksichtigen. Hierfür kommen beispielsweise force majeur-Klauseln in Betracht. Diese Klauseln greifen in unvorhersehbaren, außergewöhnlichen Situationen, die der Kontrolle der Vertragsparteien entzogen sind. Hierunter könnten die Verschärfung von Sanktionen – etwa durch den Snap Back-Mechanismus, aber auch durch eine einseitige Verhängung von secondary sanctions durch die USA – gefasst werden. Trotz der gegenwärtigen Diskussion über Sanktionsverschärfungen dürften insbesondere die Folgen der US-amerikanischen Exportkontrollpolitik gegenüber dem Iran derzeit noch als unvorhersehbar zu bezeichnen sein. Rechtsfolge einer solchen Klausel wäre dann die Anpassung des Vertrags an die neuen Entwicklungen, wobei den Vertragsparteien dabei verschiedene Möglichkeiten offen stehen: Denkbar ist beispielsweise die Befreiung des Schuldners von seinen Lieferverpflichtungen und von Sekundäransprüchen wie Schadensersatz. Weitergehend ist eine Kündigung oder eine automatische Vertragsauflösung denkbar. Die Vertragsbeendigung sollte indes im Interesse der Rechtssicherheit nur als Folge einer rechtsgeschäftlichen Erklärung einer Partei und nicht automatisch eintreten. Das deutsche Recht (welches man nach Möglichkeit immer bei Verträgen mit iranischen Geschäftspartnern zu Grunde legen sollte) bietet hier einen erheblichen Gestaltungsspielraum, wobei im Einzelfall auf eine Vereinbarkeit mit einer nach § 7 AWV verbotenen Boykotterklärung zu achten sein wird.
Fazit
Aufgrund der durch den US-Präsidenten Trump angestoßenen politischen Entwicklung ist ein Snap Back – eine Verschärfung der gelockerten Sanktionen – gegenüber dem Iran nicht mehr auszuschließen. Bei der Vertragsgestaltung mit iranischen Geschäftspartnern sollte die dadurch entstehende Unsicherheit durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung berücksichtigt werden – quasi als „vertragliches Compliance Management“.