Kartellrecht spielt auch im Verbandswesen eine wichtige Rolle. Insbesondere Exklusivitätsklauseln in Satzungen von Spitzenverbänden haben die Kartellbehörden in den letzten Jahren aufgegriffen (vgl. etwa die Verfahren gegen die ISU (Eislauf) sowie gegen die FIBA (Basketball) und FIA (Motorsport). Die Kartellbehörden sehen es als unzulässige Wettbewerbsbeschränkung an, wenn Spitzenverbände ihre Marktmacht nutzen, um Wettbewerber im Veranstaltungsbereich vom Markt zu drängen.
Gleiss Lutz ist es jetzt in einem ähnlich gelagerten Fall gelungen, einen wichtigen Erfolg gegen den Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. (VDH) zu erzielen. In Folge des Gerichtsverfahrens ist es diesem Dachverband untersagt, dem Verein für Deutsche Schäferhunde e.V. (SV) kartellrechtswidrige Weisungen zu erteilen. Es muss diesem Verein auch zukünftig möglich sein, seine Zucht- und Ausstellungsrichter zu konkurrierenden Veranstaltungen zu senden. Das Landgericht Dortmund entschied nach mündlicher Verhandlung am 4. März 2020, dass eine entsprechende Weisung des VDH vom Dezember 2019 gegen europäisches und deutsches Kartellrecht verstößt. Es handelt sich sowohl um einen verbotenen Beschluss einer Unternehmensvereinigung zur Verhinderung von Wettbewerb als auch um die verbotene missbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht. In der zweiten Instanz bestätigte das Oberlandesgericht Düsseldorf (VI-U (Kart) 4/20) am 7. September 2020 diese Entscheidung in allen wesentlichen Punkten. Eine vom Landgericht Dortmund am 12. Februar 2020 erlassene einstweilige Verfügung (8 O 2/20 [Kart]) wurde aus rein formellen Gründen aufgehoben. Der VDH hat die betreffende Weisung nach Urteilsverkündigung sofort zurückgezogen.
Hintergrund sind Streitigkeiten zwischen der Fédération Cynologique Internationale (FCI), dem internationalen rasseübergreifenden Dachverband für Hundesport und Hundezüchtung, und der Weltunion für Vereine für Deutsche Schäferhunde (WUSV), dem internationalen Dachverband für Schäferhunde, über den Wirkungsbereich des Vereins für Deutsche Schäferhunde (SV). Dieser ist seit seiner Gründung vor über 120 Jahren der „Gralshüter“ der Zuchtstandards für Deutsche Schäferhunde und Mitglied in beiden Weltverbänden. Seit der Weisung des VDH vom Dezember 2019 war es ihm verboten, seine Zucht- und Ausstellungsrichter zu Veranstaltungen außerhalb des FCI-Einflussbereichs zu senden. Vereine, die „nur“ Mitglieder der WUSV, aber nicht Mitglied der FCI sind, konnten folglich keine Zuchtschauen und Ausstellungswettbewerbe mehr organisieren.
Gleiss Lutz hat das Verfahren als Pilotverfahren für drei nicht mit der FCI kooperierende Mitgliedsvereine der WUSV aus Spanien, Ungarn und den USA (Real C.E.P.P.A. - Real Club Español del Perro de Pastor Alemán, Magyarországi Német Juhászkutya Klub, United Schutzhund Clubs of America) vor dem Landgericht Dortmund und dem Oberlandesgericht Düsseldorf geführt.
Für die WUSV-Vereine war das folgende Gleiss Lutz-Team tätig: Dr. Petra Linsmeier (Partner, Kartellrecht), Dr. Luidger Röckrath (Counsel, Litigation, beide Federführung, München), Dr. Björn Kalbfus (Counsel, Gewerblicher Rechtsschutz, München) und Kathrin Haag (Kartellrecht, München). Gleiss Lutz hat bereits in der Vergangenheit wichtige Gerichtsverfahren wegen kartellrechtswidriges Verhalten im Verbandsbereich geführt, so etwa für die Euroleague gegen die FIBA Europe (1 HK O 8126/16) und für einen Billardtuchanbieter gegen den Bayerischen Billardverband (4 HK O 13978/08), jeweils vor dem Landgericht München I.