Arbeitsrecht

Update: Bundesrat beschließt Bürokratieentlastungsgesetz – Textform ersetzt künftig vielfach Schriftform

Das Schriftformerfordernis wird künftig in wichtigen Bereichen des Arbeitsrechts durch die Textform ersetzt. Der Bundesrat hat am 18. Oktober 2024 dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz („BEG IV“) zugestimmt. Dieses sieht unter anderem vor, dass der Nachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen nach dem Nachweisgesetz künftig statt in Schriftform auch in Textform möglich ist. Eine Änderung im SGB VI sorgt zudem dafür, dass auch die typische Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze wirksam in Textform vereinbart werden kann. Überdies können Arbeitszeugnisse künftig in elektronischer Form erteilt werden und Ansprüche nach dem BEEG in Text- statt wie bisher in Schriftform geltend gemacht werden. 

Künftig: Abschluss digitaler Arbeitsverträge?

Schon nach bisheriger Rechtslage bestanden keine generellen gesetzlichen Formvorschriften für den Abschluss von Arbeitsverträgen. Arbeitsverträge konnten daher auch digital unterzeichnet, per E-Mail oder sogar mündlich wirksam geschlossen werden. Das Nachweisgesetz schreibt jedoch bislang vor, dass Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festzuhalten haben. Da Verstöße gegen das Nachweisgesetz seit 2022 bußgeldbewehrt sind, hatte sich die Schriftform für den Abschluss von Arbeitsverträgen in der Praxis daher (erneut) etabliert.

Von Beginn an war das Schriftformerfordernis stark kritisiert. Mit Blick auf die anstehende Digitalisierungsarbeit überrascht es nicht, dass Deutschland das einzige Land in Europa war, das diesen Weg bei der Umsetzung der europäischen Richtlinie gewählt hat. Bereits im Januar 2024 wurden erste zaghafte Änderungspläne der Bundesregierung im Hinblick auf das Schriftformerfordernis bekannt. Während das Schriftformerfordernis zunächst nur durch die elektronische Form gemäß § 126a BGB ersetzt werden sollte, was nur bedingt Besserung gebracht hätte, teilte Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann im März 2024 erfreulicherweise mit, dass über die geplanten Änderungen hinaus in den darauffolgenden Verhandlungen ein Durchbruch erzielt worden sei: „Der Ersatz der Schriftform durch die Textform im Nachweisgesetz“ (Beitrag vom 22. März 2024).

Am 26. September 2024 nahm der Bundestag den Regierungsentwurf für ein „BEG IV“ an. Diesem hat nunmehr auch der Bundesrat am 18. Oktober 2024 zugestimmt. Die Regelung tritt voraussichtlich zum Jahreswechsel in Kraft.

Das beschlossene BEG IV umfasst insbesondere die vom Bundesjustizminister angekündigte Ersetzung der Schriftform im Nachweisgesetz durch die Textform. Konkret ist nunmehr vorgesehen, dass die Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG n.F. in Textform (§ 126b BGB) abgefasst und elektronisch übermittelt werden kann, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Nach dem Wortlaut des künftigen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen; nicht zwingend für die Erfüllung der Pflichten aus dem Nachweisgesetz ist demgegenüber, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich einen Empfangsnachweis abgibt (auch wenn dies zu Beweiszwecken von Vorteil ist). Wurde ein Arbeitsvertrag nach dieser Maßgabe in Textform abgefasst und übermittelt, entfällt – wie bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen – die Verpflichtung zur Erteilung einer Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen, soweit der Arbeitsvertrag die erforderlichen Angaben enthält. Arbeitnehmern bleibt es unbenommen, einen Nachweis vom Arbeitgeber in Schriftform zu verlangen. Dafür muss nun aber der Arbeitnehmer aktiv werden. Nur für die Wirtschaftsbereiche oder Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes bleibt das Schriftformerfordernis bestehen. Hierzu zählen etwa Unternehmen des Baugewerbes, des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes, des Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbes sowie der Fleischwirtschaft. 

Auch die in Arbeitsverträgen übliche Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze wird künftig wirksam in Textform vereinbart werden können, § 41 Abs. 2 SGB VI n.F. Für sonstige Befristungen gilt jedoch nach § 14 Abs. 4 TzBfG weiterhin die Schriftform; alternativ ist nur die praktisch kaum relevante elektronische Form (mit qualifizierter elektronischer Signatur, § 126a BGB) zulässig.

Erteilung von Arbeitszeugnissen in elektronischer Form

Mit dem BEG IV wird auch die Gewerbeordnung angepasst: Künftig können Arbeitszeugnisse – mit Einwilligung des Arbeitnehmers – auch in elektronischer Form (§ 126a BGB) erteilt werden, § 109 Abs. 3 GewO n.F. In der Praxis ist dabei zu berücksichtigten, dass weiterhin auf die Schriftform zurückgegriffen werden muss, wenn die für die elektronische Form erforderliche qualifizierte elektronische Signatur wegen der daraus ersichtlichen Zeitangabe unzulässige Rückschlüsse zulasten des Arbeitnehmers ermöglichen würde und eine Rückdatierung rechtlich erforderlich ist, etwa im Fall von Zeugnisberichtigungen. 

Anpassung des BEEG 

Arbeitnehmer können künftig sowohl den Anspruch auf Elternzeit (§ 16 Abs. 1 BEEG n.F.) als auch den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 15 Abs. 7 Nr. 5 BEEG n.F.) in Textform (z.B. per E-Mail) geltend machen. Die bisher für die Geltendmachung dieser Ansprüche vorgegebene Schriftform wird abgeschafft. Wenn der – in Betrieben mit weniger als 15 Mitarbeitern formlos im Konsensualverfahren mögliche – Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung (§ 15 Absatz 5 BEEG n.F.) mit der Mitteilung nach § 15 Absatz 7 Nummer 5 BEEG n.F. verbunden wird, gilt künftig ebenfalls die Textform. Arbeitgeber können die Verringerung der Arbeitszeit oder deren Verteilung künftig auch mit Begründung in Textform ablehnen. Zudem können Arbeitgeber künftig Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder selbständige Tätigkeit während der Elternzeit aus dringenden betrieblichen Gründen in Textform ablehnen (§ 15 Absatz 4 BEEG n.F.).

Anpassung des ArbZG: Auslage auch digital 

§ 16 Abs. 1 ArbZG wird dergestalt angepasst, dass Arbeitgeber künftig die Pflicht, eine Kopie des Arbeitszeitgesetzes, etwaiger einschlägiger Verordnungen und Kollektivvereinbarungen auszulegen, auch digital erfüllen können, indem sie diese über die im Betrieb „übliche Informations- und Kommunikationstechnik“ (also z.B. im Intranet) zur Verfügung stellen. Bisher sind Arbeitgeber nach § 16 Abs. 1 ArbZG verpflichtet, die Dokumentation „an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen“, also etwa am Schwarzen Brett oder im Aufenthaltsraum. Da schon für die bisherige Rechtslage vertreten wird, dass ein Zurverfügungstellen auch im Intranet zulässig ist, trägt die Änderung des § 16 Abs. 1 ArbZG erfreulich zur Rechtsklarheit bei.

Gleiss Lutz kommentiert

Dass Bundestag und Bundesrat die Ersetzung der Schriftform im Nachweisgesetz durch die Textform beschlossen haben, ist sehr zu begrüßen. Besonders erfreulich ist, dass der Gesetzgeber gleichzeitig für die in Arbeitsverträgen standardmäßige Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze künftig nur noch die Textform vorschreibt und damit den Weg für die digitale Personalakte ebnet. 

Inhaltlich steht nun erfreulicherweise fest, dass die Schriftform im Nachweisgesetz insgesamt, also auch für gesonderte Nachweisschreiben, durch die Textform ersetzt wird. Damit ist klar, dass durch die Übermittlung des Nachweises in Textform – etwa per E-Mail – den Anforderungen des Nachweisgesetzes künftig vollumfänglich entsprochen werden kann. Die Speicher- und Ausdruckmöglichkeit ist zu beachten, sollte in aller Regel aber nicht zu Problemen führen. Noch nicht ganz absehen lässt sich, welche Voraussetzungen in der Praxis an die Aufforderung zur Abgabe eines Empfangsnachweises zu stellen sind. Nach der Beschlussempfehlung soll dieses Kriterium lediglich den bereits nach allgemeinen Regeln erforderlichen Zugang des Nachweises über die wesentlichen Vertragsbedingungen vor dem Hintergrund möglicher Unsicherheiten bei der elektronischen Übermittlung zusätzlich absichern. Arbeitgeber sind gut beraten, hier einen Standardprozess aufzusetzen, um dieses Detail nicht zu vergessen. 

Zu kritisieren ist, dass Befristungen nach dem TzBfG weiterhin der Schriftform bedürfen. Die alternativ mögliche elektronische Form nach § 126a BGB geht an den Bedürfnissen der Praxis vorbei und spielt daher kaum eine Rolle. Es läge nahe, auch Befristungen per E-Mail zu erlauben; dasselbe gilt für Arbeitszeugnisse.

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