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„Simplification Omnibus“ – EU-Kommission plant Vereinfachung der CBAM-Verordnung

Zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen plant die EU-Kommission durch eine umfassende sog. „Omnibus“-Initiative, Vereinfachungen in den Bereichen nachhaltige Finanzberichterstattung, Taxonomie und Sorgfaltspflichten im Bereich der Nachhaltigkeit umzusetzen. Die weitreichenden Änderungsvorschläge erstrecken sich auch auf das CO2-Grenzausgleichssystem. Kern der geplanten Vereinfachung der CBAM-VO ist dabei eine de-minimis-Regelung, die zahlreiche Unternehmen künftig vom persönlichen Anwendungsbereich ausnehmen würde. Im Detail bleiben Rechtsfragen allerdings weiterhin ungeklärt. 

I. Hintergrund

Nach der Ankündigung durch die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im November 2024 hat die Europäische Kommission am 26. Februar 2025 die sog. Omnibus-Initiative vorgelegt. Durch das nun vorgeschlagene, umfassende Maßnahmenpaket soll der bürokratische Aufwand für Unternehmen reduziert werden. Vereinfachungen der Vorschriften im Bereich der nachhaltigen Finanzberichterstattung, Taxonomie und nachhaltiger Sorgfaltspflichten sollen mehr Rechtssicherheit schaffen, Verwaltungsaufwand reduzieren und Investitionen in der EU vereinfachen. Laut Kommission sollen sich auf diese Weise jährliche Verwaltungskosten in Höhe von rund 6,3 Milliarden Euro einsparen und öffentliche sowie private Investitionskapazitäten in Höhe von 50 Milliarden Euro mobilisieren lassen.

Neben Änderungen der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) sollen durch die Omnibus-Initiative auch die Pflichten im Zusammenhang mit dem „Carbon Border Adjustment Mechanism“, Verordnung (EU) 2023/956 (CO2-Grenzausgleichsmechanismus, im Folgenden: „CBAM-VO“) zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichs, vereinfacht und rationalisiert werden (Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the council amending Regulation (EU) 2023/956 as regards simplifying and strengthening the carbon border adjust mechanism, 2025/0039 (COD)). Die CBAM-VO würde damit umfassende Veränderungen erfahren.

II. Funktionsweise des CBAM

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der Europäischen Union ist ein Instrument, das darauf abzielt, einen fairen Preis für die Kohlenstoffemissionen zu erheben, die bei der Produktion von kohlenstoffintensiven Gütern entstehen, die in die EU importiert werden. Ziel des CBAM ist es, eine sauberere industrielle Produktion in Nicht-EU-Ländern zu fördern und sicherzustellen, dass die Kohlenstoffpreise für Importe den Kohlenstoffpreisen der inländischen Produktion entsprechen. Dies soll die Verlagerung von Kohlenstoffemissionen in schwächer regulierte Regionen der Welt (sog. carbon leakage) verhindern. Der CBAM wird ab 2026 in seinem endgültigen Regime angewendet, während die derzeitige Übergangsphase von 2023 bis 2025 dauert.

EU-Importeure von Waren, die unter den CBAM fallen, müssen sich bei den nationalen Behörden registrieren, wo sie CBAM-Zertifikate für die bei der Herstellung der Waren freigesetzten Treibhausgase kaufen können. Der Preis der Zertifikate wird auf Basis des wöchentlichen Durchschnittspreises der Zertifikate des European Union Emissions Trading System (EU-ETS) berechnet. Die Importeure müssen die in ihren Importen enthaltenen Emissionen deklarieren und jährlich die entsprechende Anzahl an Zertifikaten abgeben. Wenn Importeure nachweisen können, dass während der Produktion der importierten Waren bereits ein Kohlenstoffpreis gezahlt wurde, kann der entsprechende Betrag abgezogen werden.

III. Welche Änderungen der CBAM-Verordnung sind vorgesehen?

Die Anpassungen der CBAM-VO durch die Omnibus-Initiative betreffen im Wesentlichen die folgenden Kernpunkte, die zu einer Reduzierung des anfallenden Aufwands für betroffene Unternehmen führen sollen:

1. Befreiung kleinerer Importeure von CBAM-Pflichten

Die Omnibus-Initiative der Kommission sieht eine Mindestimportschwelle für den Import emissionsrelevanter Waren vor, um die Importeure geringer Warenmengen zu entlasten. Bislang erfasst der Anwendungsbereich der CBAM-VO alle Importe von emissionsintensiven Waren, die im Annex I der CBAM-VO festgelegt sind, oberhalb einer Wertgrenze von EUR 150. Nach Auffassung der Kommission verantwortet allerdings nur ein kleiner Teil der Importeure einen großen Anteil der in die Union eingeführten grauen Emissionen. Eine Erstreckung des Anwendungsbereichs auf kleine und mittlere Importeure, die zusammen weniger als 1 % der erfassten Emissionen ausmachen, belaste diese Unternehmen unverhältnismäßig. Daher sollen nach der neuen Initiative künftig nur Importeure in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, die jährlich insgesamt mehr als 50 Tonnen Nettomasse CBAM-relevanter Waren in die Union einführen. Der Schwellenwert kann künftig von der Kommission angepasst werden, um wesentliche Änderungen in Emissionsintensitäten oder Handelsmustern zu berücksichtigen. Die Einhaltung und Durchsetzung der vorgesehenen Schwellenwerte sollen mit der Omnibus-Initiative ebenfalls verbessert werden.

2. Möglichkeit zur Delegation von Berichterstattungspflichten an Dritte

Die Omnibus-Initiative sieht in Art. 5 Abs. 7a CBAM-VO die Einführung eines sog. CBAM-Vertreters vor. Für CBAM-Anmelder soll es in Zukunft möglich sein, die Abgabe der CBAM-Erklärung auf den CBAM-Vertreter zu delegieren, sie also von diesem vornehmen zu lassen. Der CBAM-Vertreter wird in einem Mitgliedsstaat ansässig sein und bestimmte technische Anforderungen erfüllen müssen, etwa die Registrierung mit einer Wirtschaftsakteursregistrierungs- und Identifikationsnummer. Der CBAM-Anmelder bleibt auch im Falle der Delegation für die Erfüllung der CBAM-Verpflichtungen rechtlich verantwortlich. Durch die ausdrückliche Möglichkeit, erfahrene Dienstleister einzubeziehen, wird die Operationalisierung für die Unternehmen jedoch deutlich erleichtert.

3. Verschiebung des Verkaufs von CBAM-Zertifikaten auf den Februar 2027

Kernelement des CBAM ist die Einführung von CBAM-Zertifikaten in Anlehnung an den Emissionszertifikatehandel des ETS. Von Letzterem unterscheiden sich die CBAM-Zertifikate jedoch darin, dass keine festgelegte Obergrenze für die Gesamtzahl an auszugebenden Zertifikaten existiert und dass die ausgegebenen Zertifikate auch nicht zwischen Unternehmen handelbar sind, um bestehende Handelsströme aus Drittländern in die Union nicht zu beeinträchtigen (kein Cap-and-Trade-System). Der Verkauf dieser CBAM-Zertifikate würde aktuell nach einer Übergangsphase am 1. Januar 2026 starten. Die Kommission plant nun, den Verkauf auf den 1. Februar 2027 zu verschieben, um Unsicherheiten hinsichtlich der konkreten Umsetzung im planmäßig vorgesehenen ersten Geltungsjahr 2026 zu beseitigen und den Informationsaustausch zwischen dem CBAM-Register und der sog. gemeinsamen zentralen Plattform zu optimieren. Über die gemeinsame zentrale Plattform werden zukünftig durch die Mitgliedstaaten CBAM-Zertifikate an zugelassene CBAM-Anmelder verkauft. Die Daten zu den CBAM-Zertifikaten der Anmelder werden in einer standardisierten elektronischen Datenbank, dem sog. CBAM-Register, gespeichert und stehen somit den zuständigen Behörden automatisch und in Echtzeit zur Verfügung.

CBAM-Anmelder sollen, um sich an die Verordnungsänderungen anpassen zu können, erst ab dem Jahr 2027 verpflichtet sein, CBAM-Zertifikate für Emissionen zu erwerben, die aus Waren resultieren, die im Jahr 2026 in die Union eingeführt werden. Der Preis der im Jahr 2027 gekauften CBAM-Zertifikate, der den Emissionen der im Jahr 2026 importierten Waren entspricht, soll den Preis der EU-ETS-Zertifikate im Jahr 2026 widerspiegeln.

4. Vereinfachung der Berechnung sog. „grauer“ Emissionen für bestimmte Waren

„Graue“ Emissionen i.S.d. CBAM sind Treibhausgase, die direkt bei der Herstellung von Waren freigesetzt werden und Treibhausgase, die indirekt freigesetzt werden, weil bei der Herstellung Strom genutzt wird, der u.U. seinerseits nicht emissionsfrei produziert wurde. Bei der Berechnung der erforderlichen CBAM-Zertifikate kommt es auf diese grauen Emissionen an. Die Ermittlung dieser grauen Emissionen bereitet jedoch regelmäßig Schwierigkeiten. Sofern sich die tatsächlichen Emissionen nicht ermitteln lassen, können CBAM-Anmelder bei der Ermittlung der Emissionen auf Standardwerte zurückgreifen. 

Die Omnibus-Initiative zielt darauf, Berechnungen der CBAM-Anmelder, die sich auf Standardwerte stützen, zu vereinfachen. Zu diesem Zweck sollen die Standardwerte für Ausfuhrländer, die keine zuverlässigen Daten für eine Warenart bieten können, künftig auf der höchsten Emissionsintensität derjenigen Ausfuhrländer, für die zuverlässige Daten für eine Warenart herangezogen werden können, basieren.

Für Aluminium- und Eisenprodukte sollen künftig im Regelfall nur noch Emissionen berücksichtigt werden, die bei der Herstellung von Vorprodukten entstehen und nicht – wie bislang – auch Emissionen, die bei der Endverarbeitung der Aluminium- und Eisenprodukte entstehen.

Es ist davon auszugehen, dass die Ermittlung grauer Emissionen für CBAM-Anmelder aufgrund dieser avisierten Änderungen künftig einfacher umzusetzen wäre. Nichtsdestotrotz müssen Unternehmen auch künftig frühzeitig ein Verständnis dafür entwickeln, wie die Ermittlungsprozesse funktionieren, um die entsprechenden Daten im eigenen Unternehmen zielgerichtet sammeln zu können.

5. Erweiterte Möglichkeit für CBAM-Anmelder zur Geltendmachung von in einem Drittland gezahlten Kohlenstoffpreisen

Art. 9 Abs. 1 CBAM-VO sieht die Möglichkeit eines CBAM-Anmelders vor, in der CBAM-Erklärung eine Verringerung der Anzahl der abzugebenden CBAM-Zertifikate geltend zu machen, um einem etwaigen im Ursprungsland für die angegebenen Emissionen entrichteten Kohlenstoffpreis Rechnung zu tragen und so Doppelbelastungen zu vermeiden.

Die während des Übergangszeitraums gesammelten Informationen zeigen, dass es teils schwierig ist, erforderliche Informationen über den in einem Drittland tatsächlich gezahlten Kohlenstoffpreis zu erhalten. Die neue Omnibus-Initiative sieht deshalb die Einführung von Standard-Kohlenstoffpreisen in Anlehnung an das Standardwerte-System (s.o.) vor. Abweichend von den bestehenden Vorschriften soll sich ein CBAM-Anmelder im Rahmen des Verringerungsantrags in seiner CBAM-Erklärung auf jährliche Standard-Kohlenstoffpreise berufen können, wenn der im Drittland bezahlte Kohlenstoffpreis nicht mehr ermittelt werden kann. Die Kommission soll ab dem Jahr 2027 Standard-Kohlenstoffpreise pro Drittland auf der Grundlage der besten verfügbaren Daten aus zuverlässigen, öffentlich zugänglichen Informationen und von Drittländern bereitgestellten Informationen.

Nicht adressiert hat die Kommission mit der Omnibus-Initiative aber diejenigen Kosten, die Unternehmen entstanden sind, weil sie Zertifikate auf dem freiwilligen Zertifikatemarkt erwarben. Insoweit würde selbst mit der Umsetzung der Omnibus-Initiative in der derzeitigen Fassung die bislang bestehende Rechtsunsicherheit nicht beseitigt.

Ungeachtet dieser Rechtsunsicherheit würde die Umsetzung der Omnibus-Initiative zumindest dazu führen, dass Unternehmen Ausgaben für Treibhausgasemissionen in Drittstaaten einfacher berücksichtigen lassen können. Das setzt allerdings voraus, dass sich Unternehmen einen Überblick darüber verschaffen, inwieweit ihre importierten Waren schon Gegenstand einer Bepreisung von Treibhausgasemissionen waren. Hierbei sollte insbesondere berücksichtigt werden, ob bei der Produktion verwendeter Strom preisliche Aufschläge enthält, die die Treibhausgasemissionen berücksichtigen, die bei dessen Erzeugung entstanden. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der eigenen Lieferkette.

IV. Fazit & Ausblick

Für betroffene Unternehmen können die mit der Omnibus-Initiative vorgeschlagenen Anpassungen des CBAM eine Entlastung bedeuten. Das gilt insbesondere für Importeure unterhalb des Schwellenwertes und daher gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Bevor die geplanten Vereinfachungen geltendes Recht werden können, müssen sie das ordentliche Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene durchlaufen. Abzuwarten bleibt, ob sich im Europäischen Parlament und im Rat die entsprechenden politischen Mehrheiten finden. Die Kommission beabsichtigt zudem noch im Jahr 2025 eine komplette Überprüfung der CBAM-VO und deren Auswirkung auf andere, dem EU-ETS unterfallende Branchen und nachgelagerte Waren vorzunehmen. Insoweit ist denkbar, dass sich der Anwendungsbereich bei einer möglichen Anpassung an die vom EU-ETS erfassten Sektoren künftig erweitert. 

Mit einem Gesetzesvorschlag nach der Überprüfung der CBAM-VO ist Anfang des Jahres 2026 zu rechnen. In jedem Fall sollten betroffene Unternehmen die Entwicklungen sorgfältig im Auge behalten, um sich zielgerichtet auf die jeweils geltende Rechtslage einstellen zu können.

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