Compliance & Investigations

Neues GwG – Vorstandsbefassung erforderlich

Das neue Geldwäschegesetz (GwG) zur Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie ist am 26. Juni 2017 in Kraft getreten. Mit der Pflicht zur Einführung eines geldwäschebezogenen Risikomanagements verlagert der Gesetzgeber die Verantwortung für die generelle Einhaltung von Pflichten nach dem GwG direkt auf den Vorstand oder die Geschäftsführung des Unternehmens.   Jeder Verpflichtete hat künftig ein „Mitglied der Leitungsebene“ zu benennen, welches persönlich für das Risikomanagement verantwortlich zeichnet und die zugehörige Risikoanalyse sowie interne Sicherungsmaßnahmen genehmigen und deren Wirksamkeit und Aktualität überwachen muss. Daneben haben viele Verpflichtete einen Geldwäschebeauftragten sowie einen Stellvertreter zu bestellen, wobei der Geldwäschebeauftragte „auf Führungsebene“ zu installieren ist.   Während der Begriff „Mitglied der Führungsebene“ im Gesetz definiert ist (§ 1 Abs. 15 GwG), schweigt sich das Gesetz darüber aus, was unter „Leitungsebene“ zu verstehen sei. Mitglieder der Führungsebene sind definitionsgemäß Führungskräfte oder leitende Mitarbeiter, die mit der Befugnis ausgestattet sind, Entscheidungen über den Umgang mit den geldwäscherechtlichen Pflichten zu treffen.   Da der Begriff „Geschäftsleitung“ bislang nur im KWG und weiteren Gesetzen zur Regulierung der Finanzbranche Verwendung gefunden hat, während im Gesellschaftsrecht allgemein von „Vorstand“ oder „Geschäftsführer“ gesprochen wird, hilft zur Auslegung ein Blick in die englischsprachige Fassung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie: Während in Bezug auf die Mitglieder der Führungsebene von „senior management“ gesprochen wird, wird die Leitungsebene andererseits als „member of the board of directors“ bzw. „management board“ angesprochen.   Der deutsche Gesetzgeber konnte mithin nicht, wie die Richtlinie, auf ein „Mitglied des Leitungsorgans“ abstellen, da Personengesellschaften und andere Konstellationen, wie z. B. Stiftungen oder Trusts oft kein solches „Leitungsorgan“ haben und hat ­stattdessen den Begriff „Mitglied der Leitungsebene“ verwendet.   Demnach ist die Gesamtverantwortung für die Geldwäscheprävention und die Pflicht zur Genehmigung der Maßnahmen des Risikomanagements unmittelbar beim höchsten operativen Leitungsorgan der Gesellschaft, also beim Vorstand (der AG) oder der Geschäftsführung (der GmbH und weiterer Gesellschaftsformen) zu verorten.   Mit dieser gesetzlichen Zuschreibung der Verantwortung auf ein einzelnes Mitglied der Leitungsebene wird zwar nicht die gesellschaftsrechtliche Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder, die über das Ressortprinzip hinausgeht, verändert, jedoch dürfte es sich bei dieser Verantwortungszuschreibung zugleich um eine Beauftragung im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 OWiG handeln, was die Möglichkeit zur Verhängung von Bußgeldern gegen das zuständige Geschäftsführungsmitglied deutlich erweitert und vereinfacht.   Dabei kommt in der Praxis zum Tragen, dass die Folgen von Verstößen gegen die Verpflichtungen im neuen GwG signifikant verschärft und erweitert worden sind. Das Gesetz führt eine massive Ausweitung des Bußgeldkataloges und eine deutliche Erhöhung der Bußgelder herbei. Ferner ist bemerkenswert, dass Bußgeldentscheidungen zukünftig im Regelfall durch die zuständigen Aufsichtsbehörden bekannt zu machen, d.h. auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen sind. Lediglich im Falle der Verletzung des Persönlichkeitsrechts einer natürlichen Person durch die Bekanntmachung, kann diese aufgeschoben werden oder anonymisiert erfolgen.   Fazit   Erhebliche Reputationsschäden für betroffene Unternehmen werden bei strikter Umsetzung der neuen Vorschriften durch die Bußgeldbehörden nicht ausbleiben. Bei allen Verpflichteten – zu denen auch die Güterhändler, Finanzunternehmen, Immobilienmakler und eine Reihe weiterer Verpflichteter außerhalb der Finanzbranche zählen – ist es daher nunmehr an der Zeit, Geldwäscheprävention als einen integralen Bestandteil der Compliance im Unternehmen zu verstehen und sich dieser auf höchster Unternehmensebene mit der erforderlichen Aufmerksamkeit zu widmen.
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