Metaverse

Markenrecht im Metaverse

Metaverse bedeutet sowohl neue Chancen als auch neue Risiken für Markeninhaber. Unabhängig davon, ob Markeninhaber ihre Marken künftig auch im virtuellen Raum nutzen oder lediglich potentielle Markenverletzungen im Metaverse abwehren möchten, sollte Metaverse im Rahmen der Markenstrategie in den Blick genommen werden.

 

Der Wirbel um virtuelle Waren

Nike, Gucci, Balenciaga sind nur einige Beispiele für Marken aus der Modebranche, die bereits eigene Flagship-Stores in der neuen virtuellen Umgebung eröffnet haben und dort sogenannte NFT für digitale Bekleidung, Schuhe und Accessoires zur Ausstattung von Avataren anbieten. Andere Markenartikelhersteller, wie etwas Hermès, entscheiden sich hingegen bewusst gegen eine Virtualisierung ihrer Produkte und gehen gegen Dritte vor, die ihre Marke im Metaverse benutzen.

 

Stellungnahme des EUIPO vom 23. Juni 2022

Wie eine kürzlich veröffentlichte Stellungnahme des Amts der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) zeigt, erreicht auch die Markenämter eine zunehmende Anzahl an Markenanmeldungen für virtuelle Waren und NFT (vgl. Virtuelle Waren, Non-Fungible-Tokens und Metaverse - News - UM (europa.eu)).

Virtuelle Waren selbst – also beispielsweise das rein virtuell existierende Designerabendkleid, das von einem Avatar getragen werden kann – seien nach der Auffassung des EUIPO als virtuelle Waren im Sinne der Klasse 9 zu behandeln. Denn bei diesen digitalen Waren handelt es sich letztlich um digitale Inhalte oder Bilder. Bei der Abfassung des Warenverzeichnisses ist es dennoch nicht ausreichend, schlicht den Begriff der „virtuellen Waren“ zu wählen, da dieser nicht präzise genug ist. Vielmehr soll aus der Markenanmeldung konkret hervorgehen, für welche spezifische Art von virtueller Ware Schutz begehrt wird. So umfassen etwa die in Klasse 9 für die Wortmarke des Modelabels TOMMY HILFIGER eingetragenen virtuellen Waren – ähnlich wie auch die unter dieser Marke physisch angebotenen Waren – beispielsweise Parfümeriewaren, Kleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen und Taschen.

Von virtuellen Waren zu unterscheiden sind sog. NFT. Bei diesen Non-Fungible Tokens (nicht-austauschbaren Wertmarken) handelt es sich nach der Definition des EUIPO um in einer Blockchain registrierte, eindeutige digitale Zertifikate, die digitale Artikel authentifizieren, sich aber von diesen digitalen Artikeln unterscheiden. Während eine digitale Ware, etwa ein Paar digitaler Schuhe, beliebig oft kopiert werden kann, ermöglicht es ein NFT in Bezug auf ein bestimmtes digitales Objekt ein ausschließliches Echtheitszertifikat zu erwerben. Auch hinsichtlich NFT ist der Begriff „Non-Fungible Token“ nach Auffassung des EUIPO für eine Markeneintragung nicht ausreichend. Daher ist für die ebenfalls in Klasse 9 einzutragenden NFT zusätzlich die Art des digitalen Artikels anzugeben, der durch den NFT authentifiziert wird. Vor diesem Hintergrund wird nunmehr auch der Begriff der „herunterladbaren durch Non-Fungible Token authentifizierten digitalen Dateien“ in der 12. Ausgabe der Nizza-Klassifikation neu in die Klasse 9 aufgenommen werden. 

Nach der Stellungnahme des EUIPO sollen Dienstleistungen im Zusammenhang mit virtuellen Waren und NFT weiterhin nach den bisher festgelegten Grundsätzen in die entsprechenden Dienstleistungsklassen der Nizza-Klassifikation eingeordnet werden. So gibt es etwa bereits Unionsmarken, die für „Computergestützte Online-Großhandels- und Einzelhandelsdienstleistungen für Käufer und Verkäufer von herunterladbaren digitalen Videos, Bekleidungsstücken, Hüten, Brillen, Taschen, die durch nicht fungible Token [NFT] authentifiziert werden“, als Dienstleistung in Klasse 35 eingetragen sind.

 

Ist eine virtuelle Handtasche eine Handtasche?

Virtuelle Umgebungen bergen auch neue Risiken. Beispielsweise sah sich das Modehaus Hermès mit über 100 von der berühmten Birkin-Bag inspirierten virtuellen MetaBirkins konfrontiert, die von einem Dritten in der virtuellen Umgebung OpenSea angeboten wurden. Da Hermès sich gegen eine Erweiterung des Markenschutzes auf virtuelle Waren entschieden hatte, stellt sich die Frage, ob eine für Handtaschen eingetragene Marke durch das Angebot von virtuellen Handtaschen verletzt wird.

Eine Markenverletzung liegt nach Maßstäben des Unionsrechts grundsätzlich vor, sofern Verwechslungsgefahr besteht (§ 14 Abs. 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 2 Unionsmarkenverordnung). Dafür bedarf es der Verwendung eines ähnlichen oder identischen Zeichens für ähnliche oder identische Waren oder Dienstleistungen. Entscheidend ist daher der Vergleich zwischen der physischen und der virtuellen Ware. Nur wenn die Rechtsprechung eine Ähnlichkeit zwischen virtuellen und physischen Waren annimmt, können Markeninhaber sich auch ohne virtuellen Warenschutz auf der Basis ihrer geschützten Marke gegen die Benutzung ihrer Marken für virtuelle Waren zur Wehr setzen. Welche Position die Markenämter und Gerichte insoweit einnehmen werden, lässt sich heute noch nicht beantworten. Das markenrechtliche Territorialitätsprinzip erfordert weiterhin eine Markenverletzung im Inland. Unter welchen Voraussetzungen dies durch eine virtuelle Markenbenutzung im Metaverse der Fall ist, lässt sich ebenfalls noch nicht beantworten.

Inhaber bekannter Marken sind insoweit privilegiert, da ihr Markenschutz nicht auf die Benutzung des Zeichens für ähnliche Waren beschränkt ist. Allerdings kann es in Einzelfällen sehr aufwendig sein, im Verletzungsverfahren die Bekanntheit einer Marke nachzuweisen. Angesichts der bestehenden Unsicherheiten im Hinblick auf die Reichweite des Markenschutzes, empfiehlt es sich, den Markenschutz auch als Teil einer vorerst defensiven Markenstrategie auf virtuelle Waren zu erstrecken. Gleichzeitig können damit bösgläubige Markenanmeldungen Dritter für virtuelle Waren der eigenen Marke einfacher abgewehrt werden. Hierbei kommt den Inhabern deutscher- und Unionsmarken die fünfjährige Benutzungsschonfrist zugute, so dass Markeninhabern nach Anmeldung der Marke für virtuelle Waren ausreichend Planungs- und Umsetzungszeit für den tatsächlichen Eintritt in Metaverse verbleibt, bevor die Marke wegen Nichtbenutzung löschungsreif wird. Da Grenzen und Märkte im Metaverse verschwimmen, dürfte eine auf rein nationale Märkte ausgerichtete Markenstrategie häufig keinen ausreichenden Schutz vor Markenverletzungen im Metaverse bieten. Wie sich Verbotstitel im Metaverse durchsetzen lassen, wird sich ebenfalls zeigen müssen.

 

Fazit

Während sich das Universum immer weiter ausdehnt, gewinnt auch das Metaversum täglich neue Akteure und Applikationen hinzu. Das Metaverse ist dabei kein rechtsfreier Raum. Unabhängig davon, ob Markeninhaber im Metaverse aktiv oder zunächst vor allem gegen potentielle Markenverletzungen im Metaverse gewappnet sein möchten, empfiehlt es sich bereits jetzt, einen möglichst umfassenden Markenschutz in der virtuellen Welt anzustreben. Konkret empfiehlt sich Folgendes:

  • Eine Erweiterung des Markenportfolios um virtuelle Waren- und NFT-Marken in Klasse 9 und Dienstleistungsmarken in Klasse 35.
  • Eine territoriale Erweiterung des Markenschutzes erscheint ebenfalls sinnvoll, da aktuell noch unklar ist, welche Reichweite nationale Marken im Metaverse haben werden.
  • Eine angepasste Überwachung von Markenanmeldungen Dritter – gerade auch für virtuelle Waren und NFT in Klasse 9 – um konfligierende Markenanmeldungen rechtzeitig zu erkennen.

Für eine Vertiefung einzelner Aspekte sowie für eine Bewertung Ihrer individuellen Pläne und Rückfragen steht Ihnen unser Expertenteam der Gruppe Digital Economy sehr gerne zur Verfügung.

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