Mit dem Wachstumschancengesetz wird die sog. Fünftelregelung nicht abgeschafft, ihre Handhabung jedoch modifiziert: Ab dem 1. Januar 2025 ist die Fünftelregelung nicht mehr durch die Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen. Stattdessen findet die Fünftelregelung erst bei der Veranlagung zur Einkommensteuer, d.h. nachdem der jeweilige Arbeitnehmer eine Steuererklärung abgegeben hat, durch das zuständige Finanzamt Anwendung. Damit rückt eine der Auszahlung nachgelagerte Anwendung durch die Finanzämter an die Stelle einer vorgelagerten Anwendung durch den Arbeitgeber. Für Arbeitgeber sollen so Pflichten sowie Haftungsrisiken reduziert werden. Es lohnt sich also, einen Blick auf die Wirkweise der Fünftelregelung und die zum Jahreswechsel anstehenden Änderungen durch das Wachstumschancengesetz zu werfen.
Bislang Tarifermäßigung schon mit Lohnsteuerabzug
Arbeitnehmern fließen als steuerbare Einkünfte neben dem laufenden Arbeitslohn ggf. auch weitere Zahlungen wie bspw. Abfindungen oder Einkünfte aus Mitarbeiter-Beteiligungsprogrammen, langlaufenden Bonusprogrammen oder sonstigen Incentivierungsplänen zu.
Handelt es sich bei solchen sonstigen Bezügen gleichzeitig um außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 1 und 2 EStG, werden diese durch Anwendung der sog. Fünftelregelung begünstigt besteuert. Diese Regelung dient dazu, die hohe Steuerlast abzumildern, welche aufgrund des progressiven Steuertarifs bei einer einmaligen (hohen) Zahlung entsteht. Hierzu wird der Arbeitnehmer rechnerisch so gestellt, als ob ihm die Einkünfte anteilig verteilt auf einen Zeitraum von fünf Jahren zufließen.
Voraussetzung für die Anwendung der Fünftelregelung ist eine Zusammenballung von Einkünften. Dabei handelt es sich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, welches mit der Ausnahmesituation der Progressionsbelastung durch den Zufluss der außerordentlichen Einkünfte zusammenhängt. Eine Zusammenballung von Einkünften liegt regelmäßig vor, wenn die Einkünfte für mehrere Jahre gezahlt werden, weil es dann durch die Zahlung in einem Jahr aufgrund des progressiven Steuertarifs zu einer erhöhten Steuerlast kommen kann.
Nach der Fünftelregelung wird zuerst die Jahreslohnsteuer für den Arbeitslohn ohne z.B. die Abfindung ermittelt und in einem zweiten Schritt dem Jahresarbeitslohn ein Fünftel der Abfindung hinzugerechnet. Die Differenz zwischen den beiden Werten wird mit fünf multipliziert und ergibt die Lohnsteuer für die Abfindung. In der Regel ergibt sich durch diese Rechnung ein Progressionsvorteil und eine im Vergleich zur Einkommensbeteuerung ohne Anwendung der Fünftelregelung niedrigere Steuerlast.
In der Praxis waren Arbeitgeber jedoch mit Schwierigkeiten bei der Anwendung der Fünftelregelung konfrontiert. Vor allem lässt sich für den Arbeitgeber nicht ohne Weiteres feststellen, ob die Voraussetzungen für eine Zusammenballung von Einkünften vorliegen.
Künftige Begünstigung erst mit Veranlagung
Mit dem Wachstumschancengesetz reagierte der Gesetzgeber und schafft ab dem 1. Januar 2025 die Pflicht des Arbeitgebers, die Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren anzuwenden, ab. Sonstige Einkünfte werden künftig vom Arbeitgeber, genau wie der laufende Arbeitslohn, regulär dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Die sonstigen Bezüge müssen aber weiterhin gesondert in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen werden. Dieser Betrag muss richtig ermittelt und ausgewiesen werden, womit das mit der Reform verfolgte Ziel des Bürokratieabbaus bei Arbeitgebern nur zum Teil erreicht wird.
Für Arbeitnehmer bleibt die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG für sonstige Einkünfte, wie bspw. eine Abfindung, allerdings weiterhin bestehen. Neu ist, dass die Begünstigung aber erst im Veranlagungsverfahren, also nach Abgabe einer Einkommensteuererklärung durch den Arbeitnehmer zum Tragen kommt. Im Ergebnis kann der Steuerpflichtige die Steuerersparnis nicht direkt bei Auszahlung der Abfindung nutzen, sondern erst nach Veranlagung zur Einkommensteuer.
Fazit und Praxisfolgen
Zwar muss die Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Allerdings sind die entsprechenden Einkünfte zutreffend auf der Lohnsteuerjahresbescheinigung auszuweisen. Der Aufwand bei den Arbeitgebern dürfte sich daher (nur) teilweise reduzieren.
Da die Steuervergünstigung nur durch Abgabe einer Steuererklärung erlangt werden kann, sollte der Arbeitgeber hierauf ausdrücklich hinweisen, um hier ärgerliche Missverständnisse zu vermeiden. Aus Arbeitgebersicht ist dabei darauf zu achten, dass lediglich auf eine Änderung der Verfahrensweise hingewiesen wird. Keinesfalls sollten Arbeitgeber zusagen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung, insbesondere die Zusammenballung, vorliegen. Eine solche Zusage werden Arbeitgeber in der Regel weder machen können noch machen wollen.