I. Der FATF-Abschlussbericht Deutschland
Die Financial Action Task Force (“FATF”) hat am 25. August 2022 ihren Länderbericht über die Geldwäscheprävention in Deutschland (Mutual Evaluation Report Germany) veröffentlicht.
Die FATF ist ein internationales Gremium, das Standards setzt, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern und zu bekämpfen. Mehr als 200 Staaten haben sich dazu verpflichtet diese Standards einzuhalten. Alle 10 Jahre führt eine Expertengruppe der FATF Länderprüfungen bei den Mitgliedsstaaten durch und stellt damit eine regelmäßige Kontrolle der staatlichen Bemühungen in diesem Bereich sicher.
Seit September 2020 hat die FATF eine entsprechende Länderprüfung im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland durchgeführt. Dabei untersuchten die Experten zum einen die Umsetzung der FATF-Standards in Deutschland, d.h. inwiefern die notwendigen nationalen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen die Einhaltung der 40 FATF-Empfehlungen gewährleisten. Zum anderen prüfte das Gremium, ob und inwieweit die formalen Vorgaben auch tatsächlich effektiv angewandt werden. Hierzu hat die FATF u.a. Interviews mit maßgeblichen institutionellen und privaten Akteuren aus geldwäscherelevanten Sektoren (sog. On-Site-Visits) durchgeführt. Nach weiteren Erörterungen lag Ende August der finale Bericht der FATF vor.
II. Zentrale Erkenntnisse
In ihrem Bericht erkennen die Prüfer der FATF an, dass Deutschland in den letzten fünf Jahren erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gemacht hat. Insbesondere bei der Technical Compliance, die den Umsetzungsstand der FATF-Standards im nationalen Recht betrifft, habe Deutschland den Prüfern zur Folge ein zufriedenstellendes Level erreicht. Die Anpassung des Geldwäschetatbestands im Strafgesetzbuch und die Erleichterung der Einziehung inkriminierter Werte seien dabei wichtige Schritte. Das Gremium lobt zudem, dass ein Transparenzregister eingerichtet wurde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) sowie die Financial Intelligence Unit („FIU“) personell aufgestockt wurden und das allgemein gute Verständnis der Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Bankensektor. Auch die Bemühungen zur Verbesserung der internationalen wie nationalen Koordination im Bereich Geldwäsche hebt die FATF positiv hervor.
Trotzdem identifiziert die FATF in teilweise zentralen Bereichen der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung erheblichen weiteren Handlungsbedarf.
Im Einzelnen:
1. Effektivere Nutzung von Informationen durch die FIU
Die FATF sieht die Bemühungen Deutschlands, die FIU umzustrukturieren, zwar als richtigen Schritt an. Dennoch müssten der Zugang zu und die Nutzung von Finanzinformationen der FIU verbessert werden. Zudem müssten die Analysen der FIU besser auf die operativen Bedürfnisse der Strafverfolgungsbehörden abgestimmt werden. Die vorhandenen Informationen müssten durch aktuelle Strategien, wie den Einsatz Künstlicher Intelligenz, effizienter genutzt und auswertetet werden.
2. Bund-Länder-Koordination und Aufsicht im Nichtfinanzsektor
Neben der BaFin als zentraler Aufsichtsbehörde im Finanzsektor bestehen für andere Bereiche auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene eine Vielzahl von Aufsichtsbehörden zur Überwachung der geldwäscherechtlichen Vorgaben. Deren Zuständigkeiten sind nach Ansicht der Prüfer der FATF zwar ausreichend geregelt, jedoch müsse die personelle Ausstattung und Effektivität dieser Behörden stark verbessert werden. Handlungsbedarf bestehe vor allem bei der Koordination der Behörden untereinander und mit den Strafverfolgungsbehörden. Dies gelte umso mehr, als auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene mehr als 300 Behörden für die Beaufsichtigung der geldwäscherechtlich Verpflichteten zuständig seien. Nur durch eine effektive Koordinierung sämtlicher Behörden könne ein gemeinsamer Ansatz zur Geldwäschebekämpfung effektiv verfolgt werden.
Während Finanzinstitute sich ihrer Geldwäsche-Verpflichtungen im Allgemeinen bewusst seien, sei das Risikobewusstsein im Nicht-Finanzsektor noch zu schwach ausgeprägt. Die FATF sieht Verpflichtete (insbesondere kleinere Unternehmen) aus dem Nicht-Finanzsektor vor erheblichen Herausforderungen dabei Präventivmaßnahmen ordnungsgemäß umzusetzen.
3. Ausbau des Transparenzregisters
Wenngleich die FATF die Einführung des Transparenzregisters grundsätzlich positiv bewertet, monieren die Prüfer, dass genaue und aktuelle Informationen im Transparenzregister zum Zeitpunkt ihrer Länderprüfung teilweise nicht durchgängig zur Verfügung gestanden hätten. Entsprechende Defizite müssten kontinuierlich abgebaut werden. Insbesondere habe Deutschland sicherzustellen, dass das Register über eine angemessene Ausstattung verfüge; sei dies doch Voraus-setzung, um das Potential des Registers bei der Bekämpfung von Geldwäsche auszuschöpfen.
4. Prävention und Verfolgung
Im Bereich der Strafverfolgung bemängeln die Prüfer insbesondere, dass ein deutliches Missverhältnis zwischen der Wirtschaftskraft und der Größe Deutschlands sowie dem Risikoprofil des Landes einerseits und der Zahl der zur Anklage gebrachten Geldwäschetaten andererseits bestehe.
Die Aufdeckung komplexer Geldwäschestrukturen sei insgesamt verbesserungswürdig. Generell verfolge Deutschland einen (zu) zurückhaltenden Ansatz bei der Strafverfolgung. Dies könne u.a. dazu führen, dass professionelle Geldwäschenetzwerke, Bargeldschmuggel und die (missbräuchliche) Nutzung juristischer Personen nicht aufgedeckt würden. Auch gegen nicht registrierte Anbieter sog. Money Value Transfer Services, insbesondere Betreiber von Hawala-Netzwerken, werde in Deutschland nicht effektiv genug vorgegangen.
III. Auswirkungen
Auch wenn die FATF-Standards keine rechtliche Bindungswirkung entfalten und die Prüfung und der Abschlussbericht keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen haben, finden die Feststellungen der FATF international erhebliche Beachtung. Zum einen senden die Untersuchungsergebnisse ein politisches Signal und können Auswirkungen auf die Reputation Deutschlands als Wirtschaftsstandort haben. Zum anderen können Defizite bei der Umsetzung der Geldwäschevorgaben Einfluss auf den Geschäftsverkehr nehmen, wenn z.B. ausländische Unternehmen internationale Transaktionen oder Geschäfte mit deutschen Unternehmen einer stärkeren geldwäscherechtlichen Prüfung unterziehen.
Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass Deutschland versuchen wird, die Empfehlungen der FATF umzusetzen und die bemängelten Defizite abzustellen. Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung des Berichts der FATF hatte der Bundesfinanzminister angekündigt eine neue Bundesbehörde zur effektiveren Bekämpfung der Geldwäsche (Bundesbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität, „BBF“) einzurichten. Hierdurch sollen Kompetenzen gebündelt und die Strafverfolgung gestärkt werden. Im Zuge dieser Maßnahmen soll ein – ebenfalls neues – Bundes-finanzkriminalamt geschaffen werden, das dem BBF untersteht und dessen Mitarbeiter eigene Ermittlungszuständigkeiten und -befugnisse erhalten sollen. Das Bundesfinanzministerium hat dazu ein Eckpunktpapier vorgestellt.
IV. Praxisrelevanz für Unternehmen
Als globaler Wirtschaftsstandort ohne Bargeldbeschränkungen bietet Deutschland nach wie vor einen großen Anreiz für (national wie international agierende) Geldwäscher. Dies hat die FATF Deutschland nunmehr noch einmal ausdrücklich attestiert. Zwar hat es sich insbesondere der amtierende Finanzminister zur Aufgabe gemacht, den bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung identifizierten Nachholbedarf anzugehen. Die Empfehlungen der FATF bestätigen jedoch das (jedenfalls derzeit) bestehende geldwäscherechtliche Risikopotential für Unternehmen in Deutschland.
Geldwäscherechtlich verpflichtete Unternehmen sollten daher die Empfehlungen der FATF zum Anlass nehmen, um angemessene und risikoadäquate Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und den hiermit zusammenhängenden straf- sowie ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiken zu treffen. Dies gilt umso mehr, als dass der von der FATF angemahnte Handlungsbedarf, trotz fehlender Bindungswirkung der Empfehlungen, wesentlichen Einfluss auf den Gesetzgeber und das Handeln der Aufsichtsbehörden haben dürfte. Aufgrund der zahlreichen Empfehlungen der FATF für den Nichtfinanzsektor, gehen wir davon aus, dass insofern insbesondere die an die Verpflichteten aus dem Nichtfinanzsektor gestellten Anforderungen zur Geldwäscheprävention vermehrt in den Fokus der Aufsichtsbehörden rücken werden.