Das Cannabisgesetz (CanG), das der Bundesrat nach langwierigen Diskussionen am 22. März 2024 gebilligt hat, und welches (überwiegend) zum 1. April 2024 in Kraft getreten ist, bringt nicht nur eine Teillegalisierung von Konsumcannabis mit sich, sondern auch wichtige Änderungen für den Bereich des medizinischen Cannabis.
Die beiden wichtigsten Neuerungen des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) sind:
- Der Anbau und der Vertrieb von Medizinalcannabis wird durch ein reines Erlaubnisverfahren statt eines Vergabeverfahrens geregelt. Die Zeiten des zentralen Einkaufs durch die Cannabisagentur sind vorüber.
- Medizinalcannabis wird aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gestrichen und unterliegt damit weniger bürokratischen Auflagen.
Für Hersteller, Ärzte, Apotheken und Patienten ergeben sich dadurch zahlreiche neue Chancen und Herausforderungen, die wir in diesem Beitrag beleuchten wollen.
Der Anbau von Medizinalcannabis wird erleichtert
Bisher mussten Anbauer von Medizinalcannabis ein aufwendiges und rechtlich unsicheres Vergabeverfahren durchlaufen, um eine Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu erhalten. Die Cannabisagentur beim BfArM kaufte das medizinische Cannabis zentral von den Herstellern, die den Zuschlag erhielten, ein. Dieses aufwendige Verfahren wurde mehrfach gerichtlich angefochten und verzögerte zum Teil die Versorgung der Patienten mit qualitativ hochwertigem Cannabis. Das neue Gesetz ersetzt das Vergabeverfahren durch ein reines Erlaubnisverfahren, das die Barrieren für den marktgerechten Anbau in Deutschland verringert und Chancengleichheit für die deutschen Anbauer im internationalen Wettbewerb herstellen dürfte.
Um eine Erlaubnis zu erhalten, müssen die Anbauer die erforderlichen Unterlagen beim BfArM einreichen und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen für den Anbau, die Herstellung, den Handel, die Einfuhr, die Ausfuhr, die Abgabe, die Veräußerung, das sonstige Inverkehrbringen, das Verschaffen oder den Erwerb von Medizinalcannabis zu medizinischen oder medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken erfüllen. Das Gesetz klärt über den konkreten Inhalt der Erlaubnis auf und erörtert, welche Unterlagen im Rahmen der Antragstellung benötigt werden.
Medizinalcannabis wird aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen
Eine weitere relevante Änderung folgt aus der Streichung von Medizinalcannabis aus dem BtMG. Diese Änderung betrifft insbesondere Ärzte sowie Apotheken und sorgt dafür, dass ein Teil des Aufwands im Umgang mit Cannabis wegfällt. Weder die BtM-Dokumentation, noch die Lagerung im Tresor ist weiter notwendig. Es bedarf auch keines BtM-Rezeptes mehr, vielmehr genügt ein normales ärztliches Rezept. Medizinisches Cannabis wird künftig wie jedes andere verschreibungspflichtige Medikament behandelt.
Die Bundesregierung schätzt, dass pro Verordnung eine Zeitersparnis von fünf Minuten realistisch sei. Hochgerechnet würden Apotheken dadurch bundesweit jährlich über zwei Millionen Euro an Personalkosten einsparen. Auch für die Patienten bedeutet die Streichung aus dem BtMG eine Erleichterung, da sie weniger Hürden bei der Verschreibung und Abholung von Medizinalcannabis überwinden müssen.
Die pharmazeutische Qualität von Medizinalcannabis wird gewährleistet
Es muss auch weiterhin sichergestellt sein, dass Medizinalcannabis die gleichen Qualitätsstandards erfüllt wie andere pflanzliche Arzneimittel. Dazu gehören die Vorgaben der "Guten Praxis für die Sammlung und den Anbau von Arzneipflanzen" (Good Agricultural and Collection Practice, GACP), der "Guten Herstellungspraxis" (Good Manufacturing Practice, GMP) und der entsprechenden Monografien aus dem Deutschen Arzneibuch (DAB). Diese Vorgaben sollen die Sicherheit, Wirksamkeit und Reinheit von Medizinalcannabis garantieren und die Rückverfolgbarkeit der Produkte ermöglichen.
Neue Vorgaben für Konsumcannabis
Das Gesetz regelt auch die Teillegalisierung von Konsumcannabis. So ist der Besitz von bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum, am Wohnsitz von bis zu 50 Gramm für Volljährige erlaubt. Darüber hinaus dürfen pro volljähriger Person im Haushalt künftig drei Cannabispflanzen angebaut werden, wobei das dabei geerntete Cannabis ausschließlich für den Eigenverbrauch bestimmt ist und nicht weitergegeben werden darf.
Private Anbauvereinigungen mit maximal 500 Mitgliedern (die mindestens 18 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz in Deutschland haben) dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen. Das dort angebaute Cannabis darf dabei nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben werden. Der Betrieb einer Anbauvereinigung bedarf einer behördlichen Genehmigung und unterliegt der Überwachung durch die Landesbehörden. Die Regelungen zu den Anbauvereinigungen treten erst am 1. Juli 2024 in Kraft.
Eine weitere Liberalisierung auch der wirtschaftlichen Verwertung von Konsumcannabis („Coffee Shops“) im Rahmen regional begrenzter Modellprojekte soll nach aktuellen Pressemeldungen in Form einer Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft noch in dieser Legislaturperiode eingeführt werden. Einzelheiten sind der Öffentlichkeit noch nicht bekannt. Ob auf diesem Wege die bestehenden europa- und völkerrechtlichen Bedenken gegen eine kommerzielle Legalisierung von Konsumcannabis ausgeräumt werden können, bleibt zweifelhaft. Hintergründe zu den rechtlichen Hürden finden Sie auch im Beitrag vom 24. August 2023.
Fazit
Die Cannabisteillegalisierung bringt (auch) für den Bereich des medizinischen Cannabis wesentliche Änderungen mit sich, die sowohl den Anbau, die Abgabe als auch die Verschreibung und den Erhalt von Medizinalcannabis erleichtern und die Qualität sichern sollen. Für Hersteller, Ärzte, Apotheken und Patienten eröffnen sich dadurch zahlreiche neue Chancen und Herausforderungen.