Arbeitsrecht

Vertragsstrafeklauseln

BAG, 24. August 2017 – 8 AZR 378/16

1. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Höhe einer Vertragsstrafe sind nicht hinreichend transparent i. S. v. § 307 I 2 BGB und deshalb unwirksam, wenn sie widersprüchlich sind und vertraglich unklar ist, in welchem Verhältnis die Klauseln zueinander stehen.

2. Ist eine Vertragsstrafe höher als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist die Vertragsstrafe nur ausnahmsweise angemessen i. S. v. § 307 I 1 BGB. Hierfür muss das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung wegen besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigen.

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer Vertragsstrafe. Der Beklagte war seit dem 1. Juni 2014 bei dem Kläger als Altenpfleger für ein monatliches Gehalt von EUR 1.650 brutto tätig. Der Arbeitsvertrag sah für die Dauer der sechsmonatigen Probezeit eine Kündigungsfrist von 28 Tagen vor. Der Arbeitsvertrag enthielt diverse Vertragsstrafeklauseln: § 1 Nr. 5 sah für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund beendet, eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttogehalts vor. In § 6 Nr. 6 war eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund beendet. Nach § 15 Nr. 1 c war eine Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist fällig; diese betrug nach § 15 Nr. 2 und 3 während der Probezeit die Höhe des Bruttogehalts, das im Zeitraum der Kündigungsfrist erreichbar gewesen wäre und nach der Probezeit ein durchschnittliches Bruttogehalt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am vierten Arbeitstag fristlos. Daraufhin verlangte der Arbeitgeber die Zahlung einer Vertragsstrafe i. H. v. EUR 1.540. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt.

Die Revision des Beklagten vor dem BAG hatte Erfolg. Dem Kläger stehe keine Vertragsstrafe zu. Die Klauseln zur Höhe der Vertragsstrafe seien nach § 307 BGB unwirksam. Verstehe man § 6 Nr. 6 und § 1 Nr. 5 als Auslegungsvorschriften für § 15 Nr. 1 c, sei die von den Parteien getroffene Abrede zur Höhe der Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht hinreichend transparent i. S. d. § 307 I 2 BGB und deshalb gem. § 307 I 1 BGB unwirksam. Das Transparenzgebot verpflichte den Verwender dazu, zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang auszuführen oder den Bezug etwa durch eine Bezugnahme zu verdeutlichen. Die unterschiedlichen Regelungen zur Höhe der Vertragsstrafe in der Probezeit in § 1 Nr. 5 und § 15 Nr. 2 seien widersprüchlich. Falls § 6 Nr. 6 und § 1 Nr. 5 stattdessen eigenständige Anspruchsgrundlagen für eine Vertragsstrafe darstellten, sei jedenfalls die Höhe der Vertragsstrafe nach § 1 Nr. 5 unangemessen i. S. d. § 307 I 1 BGB und deshalb unwirksam: Der Arbeitgeber sei übersichert, da die Vertragsstrafe nach § 1 Nr. 5 auch dann ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt betrage, wenn der Arbeitnehmer – wie hier – das Arbeitsverhältnis während der Probezeit ohne Einhaltung der für diese Zeit maßgeblichen Kündigungsfrist von 28 Tagen auflöse. Der Umstand, dass der Kläger die Vertragsstrafe nach § 15 Nr. 2 und nicht nach § 1 Nr. 5 berechnet habe, ändere hieran nichts, da die §§ 307 ff. BGB schon das Stellen inhaltlich unangemessener AGB missbilligen und nicht erst deren Gebrauch.

Gleiss Lutz Kommentar

Das BAG erstreckt das Transparenzgebot in der Entscheidung ziemlich weitgehend auch auf die Struktur des Vertrages und verlangt, dass zusammengehörige Regelungen als solche auch erkennbar sein müssen. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Regelungen waren allerdings besonders weit verstreut. Die Gefahr von inhaltlichen Widersprüchen verringert sich, wenn die Regelungen eng zusammen gelegt oder gar hintereinander aufgeführt werden oder in den Klauseln entsprechend klar verwiesen wird.

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