Die Ereignisse des Jahres 2020 haben das Angebot und die Nachfrage telemedizinischer Leistungen exponentiell beschleunigt. Das Jahr 2021 brachte zentrale Veränderungen für die telemedizinische Versorgung: Die obligatorische elektronische Patientenakte, eine zunehmende Zahl verordnungsfähiger DiGAs, eine neue Kategorie „Digitaler Pflegeanwendungen“ sowie Videosprechstunden auch für Heilmittelerbringer und Hebammen. Auch im Jahr 2022 vernetzen sich Patienten und Ärzte über digitale Medizinprodukte sowie über Echtzeitgesundheitsdaten und die telemedizinischen Behandlungsmöglichkeiten werden dadurch ohne Qualitätsverlust gegenüber dem Vor-Ort-Besuch in einer Praxis immer größer.
Enno Burk und Dilara Puls aus dem Berliner Healthcare-Bereich von Gleiss Lutz, deren Beratungsschwerpunkt u.a. im Bereich der Telemedizin liegt, fassen den aktuellen Rechtsstand in Deutschland zusammen und blicken auf geplante Rechtsentwicklungen.
I. Online-Sprechstunden nunmehr fester Bestandteil der ärztlichen Versorgung
Online-Sprechstunden-Angebote sind inzwischen fester Bestandteil der ärztlichen Versorgung. Während sie bis 2018 nur vereinzelt in Deutschland durchgeführt wurden, haben sich inzwischen mehrere Anbieter mit zertifizierten Portalen etabliert, die Online-Sprechstunden zwischen Arzt und Patient sowohl für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung als auch für Privatversicherte ermöglichen.
- Die Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) erlaubt seit 2018 die ausschließliche Fernbehandlung ohne vorherigen persönlichen Erstkontakt zwischen Arzt und Patient, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt und der Patient über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird (§ 7 Abs. 4 MBO-Ä). Dabei können Ärzte sowohl privat- als auch vertragsärztlich Online-Sprechstunden bundesweit erbringen.
- 15 von 16 Ärztekammern in Deutschland haben die Regelung der MBO-Ä umgesetzt. Nur die Ärztekammer Brandenburg erlaubt eine Fernbehandlung weiterhin nur, wenn Patient und Arzt vorher einen persönlichen Erstkontakt hatten.
- Seit dem 01. April 2019 sind online durchgeführte Sprechstunden auch gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechenbar.
- Derzeit rechnen Vertragsärzte für Videosprechstunden primär ihre jeweilige Grund- und Versichertenpauschale ab. Je nachdem, ob die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, können darüber hinaus auch Zuschläge und zusätzlich abrechenbare Leistungen (z.B. für die Bereitstellung der Technik oder die Authentifizierung neuer Patienten) angesetzt werden.
- Auch Telekonsile, d.h. Abstimmungen zwischen Vertragsärzten unterschiedlicher Fachrichtungen, wurden in weitem Umfang in der vertragsärztlichen und der sektorübergreifenden Versorgung ermöglicht (§ 87 Abs. 2a Sätze 14 bis 15 SGB V). Seit dem Beschluss des ergänzten Bewertungsausschusses vom 01. Oktober 2020 sind Telekonsile in allen Fachbereichen vom EBM erfasst und werden vergütet – sogar unter Teilnahme des Patienten.
- Auch die Krankschreibung ist seit dem 07. Oktober 2020 im Rahmen der Videosprechstunde möglich. Seit dem 01. Oktober 2021 müssen Vertragsärzte die Bescheinigungen für die im Rahmen von Videosprechstunden festgestellte Arbeitsunfähigkeit in digitaler Form an die Krankenkassen übermitteln. Perspektivisch übermitteln die Krankenkassen die entsprechenden Daten direkt an die Arbeitgeber.
- Ferner ist die Möglichkeit der Verschreibung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA: digitale Medizinprodukte der Klasse I und IIa) vorgesehen.
- Private Krankenversicherungen schließen oftmals mit einzelnen Telemedizinportalen Kooperationsvereinbarungen ab, die es ihren Versicherten ermöglicht, Ärzte über diese Portale kostenlos (ohne nachgelagerte Anträge auf Kostenerstattung) zu konsultieren.
- Ein Schaubild zur Einführung der zentralen telemedizinischen Versorgungskomponenten finden Sie hier.
II. Schwerpunkt bleibt Vor-Ort-Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte
- Die Erbringung telemedizinischer Leistungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist ebenso wie die ambulanten Vor-Ort-Versorgung von der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung abhängig (§ 95 SGB V). Für Investoren oder Telemedizin-Dienstleister, die nicht nur Software, eine Online-Plattform oder entsprechende technische Dienstleistungen zur Verfügung stellen möchten, bleibt daher zumeist nur die Übernahme einer MVZ-gründungsberechtigten Trägergesellschaft, etwa eines zugelassenen Plankrankenhauses.
- Telemedizin bleibt zudem für Vertragsärzte auch nach den zum 09. Juni 2021 in Kraft getretenen Änderungen des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) eine Nebentätigkeit.
- Werden mehr als 30 % Online-Sprechstunden im GKV-System abgerechnet, sollen diese gemäß § 87 Abs. 2a Satz 30 SGB V nicht vergütungsfähig sein. Den Mittelpunkt der Tätigkeit des niedergelassenen Vertragsarztes bildet also noch immer die Versorgung der Patienten vor Ort in seiner Praxis.
- Während der Corona-Pandemie waren Online-Sprechstunden mengenmäßig unbegrenzt möglich, da die KBV und die Krankenkassen entsprechende Beschränkungen aufgehoben hatten. Seit April 2022 sind Fallzahl und Leistungsmenge jedoch wieder auf 30 % begrenzt Reine. Online-Praxen gibt es derzeit nicht und wird es folglich auch auf absehbare Zeit nicht geben.
III. Technische Mindestvoraussetzungen für Telemedizinportale
Der Einstieg in den neuen Markt der Telemedizin als Videosprechstundenanbieter ist zudem von der Einhaltung bestimmter technischer Anforderungen abhängig:
- Videodienstanbieter, die Videosprechstunden ermöglichen, wie auch Kommunikationsdienstleister, welche die Daten für die konsiliarische Befundbeurteilung übermitteln, müssen nach den Vorgaben des Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä Anlage 31a und 31b) zertifiziert sein und u.a. datenschutzrechtliche und datensicherheitsrelevante Voraussetzungen einhalten.
- Die Erfüllung der Anforderungen von GKV-Spitzenverband und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wird von unabhängigen zertifizierenden Stellen im Rahmen der beizubringenden Nachweise geprüft. Derzeit gibt es 62 zertifizierte Videodienstanbieter (Stand: 16. Mai 2022).
IV. Wettbewerb zwischen KBV und privaten Telemedizinportalen?
- § 370a SGB V sieht vor, dass die KBV ein neues Portal zur Vergabe von Online-Sprechstunden bei Vertragsärzten für gesetzlich Versicherte errichtet.
- Die bisher am Markt etablierten privaten Portale werden die Informationen, die sie derzeit direkt von den kooperierenden Ärzten erhalten, nur gegen eine Gebühr über die KBV abrufen können. Vertragsärzte können der Datenübermittlung von der KBV an Dritte widersprechen. Sie müssen (soweit derzeit bekannt) keine Gebühr für das Anbieten ihrer telemedizinischen Sprechstunden im neuen Portal der KBV zahlen. Im Jahr 2022 wird die KBV voraussichtlich ein Konzept für ihr eigenes Telemedizin-Portal vorstellen, was grundlegende Auswirkungen auf die privaten Wettbewerber haben kann.
- Auch die Bundesrepublik selbst betätigt sich im Bereich der digitalen Gesundheitsinformation: Zum 01. September 2020 wurde das nationale Gesundheitsportal https://gesund.bund.de errichtet – ein im Internet sowie über die Telematikinfrastruktur abrufbares Informationsportal, das gesundheits- und pflegebezogene Informationen barrierefrei in allgemein verständlicher Sprache zur Verfügung stellen soll (§ 395 Abs. 1 SGB V).
V. Öffentlichkeitswerbung für telemedizinische Behandlungen
Für telemedizinische Behandlungen darf entgegen des grundsätzlich bestehenden Werbeverbotes für Fernbehandlungen gemäß § 9 Satz 1 HWG ausnahmsweise dann in der Öffentlichkeit geworben werden, wenn ein persönlicher ärztlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient nach allgemein anerkannten fachlichen Standards nicht erforderlich ist (§ 9 Satz 2 HWG). Bisher legten die Oberlandesgerichte die Neuregelung – konzeptionell fragwürdig – unnötig eng aus (siehe z.B. OLG München, Urteil vom 09. Juli 2020 – 6 U 5180/19; OLG Hamburg, Urteil vom 05. November 2020 – 5 U 175/19).
Mit Urteil vom 09. Dezember 2021 (I ZR 146/20) hat der Bundesgerichtshof nun erstmals Kriterien zur Bestimmung des „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ definiert und damit Maßstäbe für die Zulässigkeit der Werbung für Fernbehandlungen – zu denen auch Videosprechstunden gehören – nach dem in § 9 Satz 2 HWG normierten Erlaubnistatbestand aufgestellt.
- Der Bundesgerichtshof hält fest, dass für eine rechtssichere und vorhersehbare Anwendung des § 9 Satz 2 HWG die dafür maßgeblichen "allgemein anerkannten fachlichen Standards" unter Rückgriff auf den gleichlautenden Begriff in § 630a Abs. 2 BGB und die dazu mit Blick auf die vom Arzt zu erfüllenden Pflichten aus einem medizinischen Behandlungsvertrag entwickelten Grundsätze auszulegen sind. Der Rückgriff auf § 630a Abs. 2 BGB biete nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zudem den Vorteil, bei der Auslegung auf umfangreiche Rechtsprechung zurückgreifen zu können. Dadurch könne eine vorhersehbare und rechtssichere Anwendung des Erlaubnistatbestandes gemäß § 9 Satz 2 HWG erfolgen.
- Ob eine beworbene Fernbehandlung nach ärztlichem Berufsrecht zulässig wäre, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs für § 9 HWG hingegen nicht entscheidend.
- Eine Anknüpfung an die Regelungen des ärztlichen Berufsrechts für die Bestimmung der für den Erlaubnistatbestand maßgeblichen „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ wird von dem Bundesgerichtshof u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass der Gesetzgeber einen abstrakt-generalisierenden Maßstab für die Bestimmung der Zulässigkeit der Werbung für eine Fernbehandlung intendiert habe. Die entscheidende berufsrechtliche Regel in § 7 Abs. 4 MBO-Ä n.F. biete diesen abstrakt-generalisierenden Maßstab aber nicht, sondern enthalte lediglich eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Anweisung an die behandelnde Person. Auch mit Blick auf die nicht einheitliche Umsetzung der MBO-Ä in den einzelnen Bundesländern, ist diese für eine bundeseinheitliche Auslegung des § 9 HWG ungeeignet.
- Zwar betont der Bundesgerichtshof, dass eine ausschließliche Fernbehandlung erst in jüngerer Zeit und dann auch nur im Einzelfall zulässig geworden ist und somit in nur wenigen Fällen einschlägige Fernbehandlungsrichtlinien existieren. Dabei weist er jedoch auch auf die gesetzgeberisch gewollte Weiterentwicklung der telemedizinischen Möglichkeiten hin und erweckt damit den Eindruck, einer solchen Dynamik unter Beachtung der fachlichen Standards jedenfalls nicht ablehnend gegenüberzustehen.
VI. „Booster“ für eine stärkere Nachfrage telemedizinischer Leistungen
Neben der Einführung der Videosprechstunde, die unmittelbar die Erbringung und Vergütung telemedizinischer Leistungen ermöglicht, gibt es verschiedene weitere Vorhaben im Rahmen der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens, die sowohl die Informationsmöglichkeiten des Arztes als auch die verordnungsfähigen Versorgungsangebote aus Sicht des Patienten verbessern. Über eine engere Vernetzung von Arzt und Patient wird so ein größeres Tätigkeitsspektrum von Leistungen ermöglicht als es in der Vergangenheit der Fall war. Hervorzuheben sind folgende Maßnahmen:
1. Elektronische Patientenakte
- Die elektronische Patientenakte (ePA) ist zentrales Element der digitalen und vernetzten Gesundheitsversorgung und der Telematikinfrastruktur. Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, ihren Mitgliedern die ePA seit dem 01. Januar 2021 anzubieten. Seit dem 01. Juli 2021 müssen alle Ärzte und Psychotherapeuten über die notwendige Ausstattung verfügen, um die Daten über die Telematikinfrastruktur in die ePA zu übertragen. Digitale Patientendaten sollen jetzt zentral an einem Ort gesammelt werden.
- Aktuell werden in der ePA insbesondere medizinische Informationen gespeichert. 2022 soll es darüber hinaus möglich sein, u.a. Impfnachweise, 2023 sogar Pflegedaten und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu implementieren.
- Art und Dauer der Einsichtnahme in die ePA sind derzeit der Wahl des Patienten vorbehalten. Bis 2023 soll ein entsprechender Zugang auch für Versicherungsvertreter möglich sein. Versicherte Patienten sollen zudem die Möglichkeit bekommen, ihre Daten aus der ePA für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen.
- Zur Stärkung der grenzüberschreitenden Patientensicherheit soll zudem die nationale E-Health-Kontaktstelle bis spätestens Mitte 2023 aufgebaut werden, damit Versicherte ihre Gesundheitsdaten auch Ärzten im EU-Ausland sicher und übersetzt zur Verfügung stellen können, § 219d Abs. 6 SGB V.
2. Flächendeckende Einführung des E-Rezepts
- Die ursprünglich zum 1. Januar 2022 geplante verpflichtende Nutzung des elektronischen Rezepts für alle Verordnungen von Arzneimitteln für alle gesetzlich Krankenversicherten ist erneut und diesmal auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Grund dafür ist die unzureichende technische Verfügbarkeit, gemessen an den mit der Selbstverwaltung vereinbarten Qualitätskriterien. Die seit Juli 2021 laufende Pilotphase in Berlin und Brandenburg, die zuletzt von der gematik bis Ende November 2021 verlängert wurde ist nunmehr nochmals verlängert und auf ganz Deutschland ausgeweitet worden.
- Am 03. November 2021 hat die KBV für die vertragsärztliche Versorgung bereits eine Richtlinie erlassen, wonach die bisherigen Muster 16-Vordrucke auch noch für eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2022 ersatzweise zum E-Rezept-Format weiter genutzt werden können, falls Ärztinnen und Ärzte technisch nicht in der Lage sind, das E-Rezept anzuwenden. Das Gleiche gilt für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Angesichts der aktuellen Entwicklungen zum E-Rezept hat die KBV die gematik GmbH aufgefordert, ihrer gesetzlichen Verantwortung im Rahmen des Zulassungsprozesses gerecht zu werden, insbesondere die Funktionsfähigkeit der Telematikinfrastruktur-Komponenten in den Vertragsarztpraxen zu gewährleisten.
- Um das E-Rezept nutzen zu können, müssen die Ärzte an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein sowie einen elektronischen Heilberufsausweis besitzen, damit eine elektronische Signatur möglich ist. Patienten brauchen zur Nutzung des E-Rezepts die E-Rezept-App. Auch Apotheker müssen an die Telematikinfrastruktur angebunden sein. Ein Schaubild zum Ablauf einer E-Rezept-Verordnung finden Sie hier.
- Für Privatversicherte wird die Verpflichtung zur Nutzung des E-Rezepts nicht gelten. Der PKV-Verband ist jedoch seit 2020 Gesellschafter der gematik GmbH und arbeitet gemeinsam mit den Akteuren der GKV an der Einführung einer einheitlichen digitalen Infrastruktur für das Gesundheitswesen, die eine Anbindung an die Telematikinfrastruktur beinhaltet, um für Patienten und Leistungserbringer die elektronische Patientenakte sowie das elektronische Rezept zu ermöglichen. Es ist perspektivisch davon auszugehen, dass auch private Versicherungen und private Leistungserbringer die Telematikinfrastruktur zeitnah nutzen können werden.
3. Zunehmende Anzahl verordnungsfähiger DiGAs und vernetzter Medizinprodukte
Ein seit Herbst 2020 vorhandenes, neues digitales Leistungsangebot in der GKV sind Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs). Es handelt sich um Medizinprodukte der Klasse I oder IIa, deren Hauptfunktionen auf digitalen Technologien beruhen (siehe hierzu die Mandanteninformation „Medical Apps werden Bestandteil der Regelversorgung“.
- DiGAs müssen vor ihrer Verordnungsfähigkeit in der GKV vom BfArM in das DiGA-Verzeichnis gemäß § 139e SGB V aufgenommen worden sein. In diesem Verzeichnis sind aktuell 30 DiGAs gelistet (Stand 31. März 2022). Die Anwendungsfelder sind divers und gehen von der Behandlung depressiver Erkrankungen über Diabetes, Multiple Sklerose bis hin zur Migräne. Nach dem im März 2022 veröffentlichten Bericht des GKV-Spitzenverbandes wurden im zeitraum vom 01. September 2020 bis zum 30. September 2021 mehr als 51.000 DiGAs verordnet.
- Gesetzlich Versicherte haben einen Anspruch auf eine Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen, die von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet werden können und durch die Krankenkasse erstattet werden. Versicherte, die ihrer Krankenkasse einen Nachweis über eine entsprechende Indikation vorlegen, erhalten die gewünschte DiGA. Dies ist auch ohne ärztliche Verordnung möglich, wenn die Satzung einer Krankenkasse dies vorsieht.
- Über die rein digitalen DiGAs hinaus bieten Krankenkassen insbesondere auf Grund von Verträgen über eine besondere Versorgung chronisch kranken Versicherten die Möglichkeit, vernetzt mit ihrem Arzt ihre Erkrankung zu behandeln. Der Arzt ist – etwa über digitale Messgeräte – über die Entwicklung des Gesundheitszustands jederzeit informiert.
- Das Gesetz sieht auch Investitionsmöglichkeiten im Bereich digitaler Gesundheitsangebote für öffentliche Träger vor. Gemäß §§ 68a ff. SGB V sind gesetzliche Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, KBV sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) berechtigt, digitale Innovationen durch (Teil-)Übernahme der Kosten zu fördern. Digitale Innovationen sind telemedizinische/vernetzte Versorgungsangebote und digitale Medizinprodukte. Krankenkassen können auch externe Anbieter in der Entwicklung unterstützen bzw. deren Beauftragung ist möglich. Krankenkassen dürfen hierfür bis zu 2 % ihrer Finanzreserven als Wagniskapital zur Förderung der Entwicklung digitaler Innovationen anlegen (§ 263a SGB V).
- Damit erhalten Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen erheblich mehr Spielraum für die Zusammenarbeit sowohl mit bereits etablierten Anbietern als auch mit Start-Ups im Bereich telemedizinischer Leistungen und digitaler Medizinprodukte für die Entwicklung und Gestaltung digitaler Versorgungsangebote.
VII. Fazit und Ausblick
Die Grundsteine für einen überfälligen Ausbau der telemedizinischen Versorgungsstrukturen in Deutschland wurden seit dem Jahr 2018 gelegt. Noch immer gilt aber eine Vielzahl von Sonderregeln. Trotzdem wird
- bedingt durch die ePA,
- das E-Rezept,
- zunehmende digitale Behandlungsmöglichkeiten durch vernetzte Medizinprodukte sowie
- die erweiterten Möglichkeiten der Kostenträger zur Beteiligung und Förderung digitaler Innovationen
der Versorgungsanteil der Telemedizin in Deutschland in den nächsten Jahren sprunghaft weiter steigen.