Zum 1. April 2022 treten neue Regelungen zum Statusfeststellungsverfahren – niedergelegt in § 7a F – in Kraft. Die Reform verändert das Statusfeststellungsverfahren in vielerlei Hinsicht. Die materiell-rechtliche Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit bleibt jedoch unberührt.
Ausgangslage
Im Arbeitsrecht wird eine erste - häufig unproblematische - Weichenstellung mit der Feststellung vorgenommen, dass es sich bei der betroffenen Person um eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer im Sinne des jeweiligen Gesetzes handelt. Das Sozialrecht stellt dagegen entscheidend auf das Vorliegen von Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV ab. Arbeitnehmer- und Beschäftigteneigenschaft verlaufen häufig, aber nicht immer, parallel. Da mit einer fehlerhaften Einordnung, beispielsweise im Rahmen einer Scheinselbständigkeit, für den Auftraggeber erhebliche finanzielle und sogar strafrechtliche Risiken verbunden sind, sieht das Gesetz in § 7a SGB IV das sog. Statusfeststellungsverfahren vor, mit welchem Auftraggeber und Auftragnehmer das Bestehen von Versicherungspflicht in einem Verwaltungsverfahren durch die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) prüfen und feststellen lassen können. Das hierfür anwendbare Verfahrensrecht wird zum 1. April 2022 erheblich geändert.
Neue Regelungen
Das Statusfeststellungsverfahren hat bisher die Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht zum Ziel. Die meist allein strittige abhängige Beschäftigung prüft die DRV Bund dabei nur als Vorfrage. Demzufolge konnte der Feststellungsbescheid der DRV Bund meist nur mit einer auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht gerichteten Feststellungsklage verbunden werden. Dass schon keine Beschäftigung, sondern eine selbständige Tätigkeit vorlag, konnten Arbeitgeber nur gesondert feststellen lassen, wenn der Feststellungsbescheid der DRV Bund unzulässigerweise die Vorfrage der Beschäftigung tenorierte (sog. Elementenfeststellung). Dieses vielfach kritisierte Prozedere ändert sich in § 7a nF grundlegend: Ab dem 1. April 2022 wird die DRV Bund nicht die Versicherungspflicht, sondern den Erwerbsstatus, d. h. das Vorliegen von Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit feststellen.
Das Statusfeststellungsverfahren ist bisher auf die Feststellung der Versicherungspflicht für einzelne Auftragsverhältnisse beschränkt. Mit § 7a Abs. 4b, 4c SGB IV nF wird die Möglichkeit einer gutachterlichen Äußerung zum Erwerbsstatus von Auftragnehmern in ähnlichen Auftragsverhältnissen eingeführt. Diese Gruppenfeststellung kann nur vom Auftraggeber beantragt werden und entfaltet keine Bindungswirkung für die DRV Bund oder andere Versicherungsträger.
Gleiss Lutz kommentiert
Erwerbsstatus und Gruppenfeststellung sind nur zwei der vielen Neuerungen, welche die Reform des Statusfeststellungsverfahrens bringt. Gerade zur gutachterlichen Gruppenfeststellung werden bis zum Inkrafttreten im April 2022 und weit darüber hinaus noch viele Fragen zu klären sein.
Ein erster Schritt ist vielfach bereits mit dem Wissen um die Existenz des Statusfeststellungsverfahrens gemacht. Auftragnehmer sind häufig gut beraten, das Verfahren einzuleiten. Erstens drohen Auftraggebern bei Scheinselbständigkeit erhebliche Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV. Diese entfallen nur, wenn der Auftraggeber unverschuldet keine Kenntnis von der (durch die Versicherungspflicht ausgelösten) Zahlungspflicht hatte. Sieht der Auftraggeber jedoch von der Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens ab, wird die Unkenntnis oft nicht mehr unverschuldet sein.
Zweitens kann die Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens die Versicherungs- und Beitragspflicht unter bestimmten Umständen bis zur Bekanntgabe des Feststellungsbescheides aufschieben. Dies gilt auch für die Zeit nach dem 1. April 2022. Gelegentlich ist das Auftragsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits beendet, sodass eine Versicherungspflicht unabhängig von Vorliegen einer Beschäftigung im Auftragsverhältnis nie entstanden ist.