Arbeitsrecht

Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

BAG, 31. Januar 2018 – 10 AZR 392/17

Zahlt der Arbeitgeber die als Gegenleistung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbarte Karenzentschädigung nicht, kann der Arbeitnehmer vom Wettbewerbsverbot zurücktreten. Ein solcher Rücktritt wirkt nur ex nunc.

Die Parteien stritten über eine Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Im Arbeitsvertrag des klagenden Arbeitnehmers war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Hierfür sollte der Kläger eine Karenzentschädigung von 50 % der letzten monatlichen Bezüge erhalten. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Eigenkündigung des Arbeitnehmers zum 31. Januar 2016. Nachdem der Kläger nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses keine Karenzentschädigung erhielt, forderte er seinen Arbeitgeber per E-Mail unter Fristsetzung bis zum 4. März 2016 vergeblich zur Zahlung der Karenzentschädigung für den Monat Februar 2016 auf. Am 8. März 2016 teilte der Kläger der Beklagten in einer weiteren E-Mail mit, er fühle sich „ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden“. Der später erhobenen Klage auf Karenzentschädigung für die gesamte vereinbarte Laufzeit des Wettbewerbsverbots trat der Arbeitgeber mit dem Einwand entgegen, in der E-Mail vom 8. März 2016 habe der Kläger seinen Rücktritt gemäß §§ 323 ff. BGB erklärt, so dass jedenfalls für die Zeit danach keine Karenzentschädigung mehr geschuldet sei. Der Kläger war dagegen der Ansicht, die Erklärung sei lediglich eine „Trotzreaktion“ gewesen, so dass er sich nicht wirksam einseitig von dem Wettbewerbsverbot losgesagt habe.

Die Klage auf Karenzentschädigung hatte nur für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis zum 8. März 2016 Erfolg. Das BAG bestätigte seine ständige Rechtsprechung, wonach das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ein gegenseitiger Vertrag ist. Dabei stehe die Pflicht zur Wettbewerbsunterlassung im Synallagma zur Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung. Wenn der eine Vertragsteil die ihm obliegende Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, könne der andere Teil vom Vertrag gemäß § 323 BGB zurücktreten, wenn er vorher erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung/Nacherfüllung gesetzt hat. Eine solche Rücktrittserklärung sei in der E-Mail vom 8. März 2016 zu sehen. Auf die Motivation für die Abgabe dieser Erklärung als angebliche Trotzreaktion komme es nicht an, da die Erklärung jedenfalls aus Sicht des Arbeitgebers ernsthaft gewesen sei. Aus der Natur des Wettbewerbsverbots als einem Dauerschuldverhältnis folge allerdings, dass ein Rücktritt nicht auf den Vertragsbeginn zurückwirke, sondern nur ex nunc wirke.

Gleiss Lutz Kommentar

Das Urteil zeigt, dass auch bei der Abwicklung wirksam vereinbarter Wettbewerbsverbote gravierende Fehler gemacht werden können. Die wechselseitigen Verzichts- und Lösungsrechte nach §§ 75, 75 a HGB werden häufig falsch verstanden oder sogar übersehen. Dasselbe gilt für die wechselseitigen Rechte und Pflichten bezüglich Leistungsstörungen. Nach ständiger Rechtsprechung entfällt beim Verstoß des Arbeitnehmers gegen das Wettbewerbsverbot die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung für den Verstoßzeitraum von selbst. Zahlt hingegen der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht, kommt ein Rücktritt des Arbeitnehmers nach erfolgloser Fristsetzung in Betracht. Hingegen hat der Arbeitnehmer nach herrschender Auffassung kein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB, da eine Unterlassungspflicht nicht Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts sein kann.

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