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Arbeitsrecht

Löschen von Daten des Arbeitgebers als außerordentlicher Kündigungsgrund

Das Löschen von Daten in erheblichem Umfang (hier: 7,48 GB) vom Server des Arbeitgebers im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich vom Arbeitnehmer trennen zu wollen, rechtfertigt die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung.

LAG Baden-Württemberg (17. Kammer), Urteil vom 17.9.2020 – 17 Sa 8/20

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlich fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger war bei der Beklagten seit 1. Februar 2016 beschäftigt. Am 5. Februar 2019 fand ein Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger statt. Die Beklagte wollte das Arbeitsverhältnis wegen aufgetretener Spannungen durch Aufhebungsvertrag beenden. Der Kläger lehnte dies ab. Er verabschiedete sich nach dem Gespräch von der Einkäuferin der Beklagten mit den Worten „man sieht sich immer zweimal im Leben“. Die Beklagte stellte Tage später fest, dass der Kläger 7,48 GB Datenvolumen vom Server des Unternehmens gelöscht hatte. Die von der Beklagten aufgebaute IT-Infrastruktur sieht vor, dass Daten auf dem Server der Beklagten zentral unter einem den Mitarbeitern zugewiesenen Verzeichnis abgelegt werden. Die Beklagte hörte den Kläger zu diesem Vorwurf mit Schreiben vom 11. Februar 2019 an und setzte ihm eine Frist zur Äußerung bis zum 19. Februar 2019, die der Kläger verstreichen ließ. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20. Februar 2019 die außerordentliche fristlose Tat- und Verdachtskündigung, hilfsweise eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Eine Abmahnung wurde zuvor nicht ausgesprochen. Lediglich in anderer Sache war in der Vergangenheit eine Abmahnung gegenüber dem Kläger ausgesprochen worden.

Der Kläger trug zur Verteidigung vor, alle Daten seien der Beklagten trotz Löschung nach wie vor zugänglich gewesen. Er habe diese nicht mit Schädigungswillen gelöscht, sondern nur verschoben bzw. per Email an die berechtigten Personen versendet. Im Übrigen habe es sich bei dem Speicherort um „seinen Ordner“ gehandelt. Die Beklagte hatte im Kündigungsschutzprozess zur Veranschaulichung, welche Daten der Kläger gelöscht haben soll, eine 93seitige tabellarische Übersicht „Ordnervergleich“ vorgelegt, welche in der linken Spalte die noch vorhandenen und in der rechten Spalte die gelöschten Daten darstellte. Die gelöschten Daten konnten später erfolgreich gerettet werden.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch außerordentliche, sondern erst durch ordentliche Kündigung beendet wurde. Eine bewusst vorsätzliche Schädigung des Klägers beim Löschen der Daten aus „seinem“ Ordner konnte es nicht feststellen.

Entscheidung des LAG Baden-Württemberg  

Das LAG änderte die Entscheidung ab. Es stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien schon durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 20. Februar 2019 beendet wurde. Das unbefugte Löschen von dem Arbeitgeber zustehenden und an diesen in entsprechender Anwendung von § 667 BGB herauszugebenden Dateien stelle eine erhebliche Verletzung von arbeitsvertraglichen Nebenpflichten dar, selbst wenn die Dateien später wiederhergestellt werden können. Von einer solchen unberechtigten Löschung war die Kammer überzeugt. Die Beklagten habe mit der vorgelegten Tabelle „Ordnervergleich“ hinreichend substantiiert vorgetragen, welche Daten gelöscht worden seien. Der Kläger wäre deshalb gehalten gewesen, sich zum Löschvorwurf konkret einzulassen. Da er dem nicht nachgekommen ist, galt das Vorbringen der Beklagten zu den Löschungen als zugestanden. Auch zu Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe für das Löschen hätte der Kläger substantiiert vortragen müssen. Die pauschale Aussage, nur „aufgeräumt“ und nicht mehr relevante bzw. ohnehin an anderen Speicherorten bereits vorhandene Dateien gelöscht zu haben, genügte dem nicht.

Auf die Abmahnung konnte verzichtet werden, weil ein Arbeitnehmer, der Daten in erheblichem Umfang aus Anlass eines Personalgesprächs, in dem der Arbeitgeber seinen Trennungswunsch geäußert hat, löscht, davon ausgehen muss, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht hinnehmen wird. Der Beklagten war es auch nicht zuzumuten, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Reagiert der Arbeitnehmer auf eine Konfliktsituation im Arbeitsverhältnis mit einer Löschung von Daten in beträchtlichem Umfang, darf die Beklagte angesichts des objektiven Erklärungswerts dieses Verhaltens annehmen, der Kläger wolle „verbrannte Erde“ hinterlassen.

Gleiss Lutz kommentiert

Zutreffend hat das LAG schon die Wirksamkeit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung festgestellt und die Entscheidung des Arbeitsgerichts korrigiert. In Anbetracht des vorausgehenden Personalgesprächs, der Äußerung des Klägers und seinem Untertauchen konnte man die Löschaktion des Klägers nicht mehr als bloße „Aufräumaktion“ oder „Versehen“ abtun. Begnügt sich der Arbeitnehmer mit diesem pauschalen Einwand und trägt nicht zu möglichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen vor, lässt dies keinen anderen Schluss zu, als dass er bei der Aktion vorsätzlich handelte. Jeder vernünftige Arbeitnehmer weiß auch, dass eine anlasslose Datenlöschung in solch beträchtlichem Umfang vom Arbeitgeber nicht gebilligt wird. In solch einem Fall läuft die Warnfunktion der Abmahnung leer, weshalb diese entbehrlich ist. Das Vertrauensverhältnis der Parteien wurde durch das Verhalten des Arbeitnehmers unwiederbringlich zerstört. Es wäre der Arbeitgeberin nicht zumutbar gewesen, den Ablauf der Kündigungsfrist abzuwarten und bis dahin weitere Sabotageakte in Kauf zu nehmen. Den Arbeitnehmer konnte insofern auch nicht entlasten, dass die Daten vom Arbeitgeber schlussendlich doch noch gesichert werden konnten.

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