Arbeitsrecht

Konflikte im Metaverse

Belästigungen, Beleidigungen und Diskriminierungen können auch am “virtuellen” Arbeitsplatz im Metaverse vorfallen. Ähnlich wie in den sozialen Netzwerken begünstigt eine geringere Hemmschwelle (verbale) Übergriffe und Belästigungen. Arbeitgeber stehen im Metaverse vor der Hausforderung, geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.

Konfliktpotential im Metaverse

Interaktionen im Metaverse fühlen sich im Vergleich zur Realität zunächst (noch) unpersönlich und weniger real an. Nutzer können sich durch die Verwendung falscher Namen für anonym und nicht verfolgbar halten. Als Konsequenz ist im Metaverse mit einer geringeren Hemmschwelle hinsichtlich (verbaler) Übergriffe und Belästigungen zu rechnen. Parallelen können zu den sozialen Medien gezogen werden, in denen eine ähnliche Tendenz in den letzten Jahren bereits beobachtet werden konnte.

Medien haben bereits zu ersten Übergriffen im Metaverse berichtet. Der Avatar einer britischen Journalistin wurde nach ihren Angaben im Metaverse sexuell belästigt. Außerdem sollen frauenfeindliche Kommentare geäußert worden sein.

Neben diesen tatsächlichen Risiken von Belästigungen stellen sich Rechtsfragen bei der Bewertung von Diskriminierungen im Metaverse. Der Avatar entspricht nicht zwingend dem tatsächlichen Äußeren des dahinterstehenden Nutzers. Gestaltet zum Beispiel ein männlicher Nutzer seinen Avatar und erfährt eine Benachteiligung, weil der Benachteiligende denkt, es handele sich um eine Frau, lässt sich von einer Putativdiskriminierung sprechen. Kann in einem solchen Fall eine Benachteiligung im Sinne des AGG vorliegen, obwohl das Diskriminierungsmerkmal nur virtuell existiert?
§ 7 Abs. 1 AGG verbietet eine Benachteiligung jedenfalls auch wegen eines Grundes, dessen Vorliegen der Benachteiligende nur annimmt.

Reale Fürsorgepflichten im virtuellen Raum

Das Metaverse ist kein rechtsfreier Raum. Eine Durchsetzung von Rechten mag zwar insbesondere im internationalen Kontext auf Schwierigkeiten stoßen. Die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten gelten aber auch im Metaverse. Arbeitgeber sind bereits aufgrund ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, ihre Arbeitnehmer zu schützen und ihnen einen sicheren „virtuellen“ Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitnehmer sind umgekehrt auf Basis ihres Arbeitsverhältnisses zu Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber verpflichtet, was Beleidigungen und/oder Verleumdungen ungeachtet einer etwaigen strafrechtlichen Bewertung arbeitsrechtlich auch im Metaverse als Pflichtverletzung qualifiziert.

Präventionsmaßnahmen

Um Fehlverhalten von Arbeitnehmern vorzubeugen und das Bewusstsein für zu missbilligende Verhaltensweisen zu schärfen, ist es empfehlenswert, klare Verhaltensregeln für die Nutzung des digitalen Raums aufzustellen. Allgemeine Verhaltens-Richtlinien sollten zukünftig auch Interaktionen im Metaverse umfassen. Oftmals lassen sich Richtlinien für die Nutzung sozialer Medien um Regelungen zum Arbeiten im Metaverse ergänzen. Daneben können Schulungen die Arbeitnehmer sensibilisieren. Technische Maßnahmen, wie z.B. ein personalisiertes Login Verfahren zur Verifizierung der Identität und identifizierbare Avatare unterstützen eine Nachverfolgung des „Täters“ und wirken bereits aus diesem Grund präventiv.

Sanktionierung von Fehlverhalten

Kommt es zu Fehlverhalten von Arbeitnehmern im Metaverse, kann abhängig vom konkreten Vorwurf auf „klassische“ Sanktionsmöglichkeiten wie Abmahnung und Kündigung zurückgegriffen werden. Wie auch sonst, sind dabei die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dies können auch Besonderheiten einer Tätigkeit in der digitalen Welt sein. Bei Beleidigungen kann dies zum Beispiel die Reichweite der betreffenden Äußerung sein. Für die Wirksamkeit einer Abmahnung oder Kündigung kann es daher darauf ankommen, auf welchem „Kommunikationskanal“ die Äußerung im konkreten Einzelfall getätigt wurde und welche Adressatengruppe von der Äußerung Kenntnis erlangt hat. Eine Beleidigung auf einer Großveranstaltung im Metaverse (zum Beispiel im Rahmen eines Vortrags auf einer virtuellen Messe) wird deutlich schwerer zu Lasten des Arbeitsnehmers zu werten sein, als eine vergleichbare Äußerung im kleinen Rahmen einer digitalen Besprechung unter wenigen Kollegen. Entscheidend ist, von welchem Vertraulichkeitsgrad ausgegangen werden kann.

Fazit

Ähnlich wie die sozialen Medien geht aufgrund einer geringeren Hemmschwelle als in der realen Welt mit der Nutzung des Metaverse ein gesteigertes Risiko von Beleidigungen und Belästigungen einher. Die realen Fürsorgepflichten gelten auch im virtuellen Raum. Arbeitgeber haben deshalb geeignete organisatorische und unter Umständen auch technische Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, wenn sie Arbeitnehmer in das Metaverse schicken. Bei der Sanktionierung von Fehlverhalten im Metaverse können Besonderheiten des digitalen Umfelds zu berücksichtigen sein.

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