Die Mangelbeseitigungsfrist für formelle Fehler der Wahlvorschlagslisten beträgt drei Arbeitstage. Die Frist ist zwingend. Das BAG hat nun eine Betriebsratswahl der letzten Wahlperiode für unwirksam erklärt und zu diesem und weiteren formellen Aspekten Stellung bezogen. Die Rechtsprechung dürfte sich auch auf die neue Wahlordnung übertragen lassen.
BAG, Beschluss vom 20. Oktober 2021 – 7 ABR 36/20
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer im Mai 2018 durchgeführten Betriebsratswahl. Zur Vorbereitung der Wahl erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben. Das Ausschreiben machte der Betriebsrat per Aushang und E-Mail bekannt. Der Wahlvorstand wies darauf hin, dass Wahlvorschläge bis Dienstag, den 3. April 2018, 15:30 Uhr eingereicht werden könnten. Es wurden drei Vorschlagslisten eingereicht, von denen der Wahlvorstand zwei zuließ. Die zugelassenen Vorschlagslisten wurden anschließend per Aushang bekannt gemacht.
Der dritten Vorschlagliste war die erforderliche Zustimmungserklärung des Kandidaten nicht im unterzeichneten Original, sondern lediglich als Kopie beigefügt. Dem Listenvertreter wurde daraufhin mitgeteilt, dass der Wahlvorschlag ungültig sei, wenn nicht bis Montag, den 9. April 2018, 15:30 Uhr das Original einginge. Das Original ging daraufhin erst nach Fristablauf ein. Die dritte Vorschlagliste wurde daher im Rahmen der Wahl nicht berücksichtigt.
Die Kandidaten der zurückgewiesenen Vorschlagsliste begehrten anschließend die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl. Sie führten die Zurückweisung ihrer Liste und die fehlende Bekanntmachung der Listen per E-Mail als Unwirksamkeitsgründe an. Sowohl das ArbG Oberhausen als auch das LAG Düsseldorf erklärten die Wahl für ungültig.
Entscheidung des BAG
Das BAG bestätigte die Unwirksamkeit der Wahl. Zwar habe der Wahlvorstand die Vorschlagsliste mangels original unterschriebener Zustimmung zutreffend zurückgewiesen. Allerdings sei das weitere Vorgehen des Wahlvorstands rechtsfehlerhaft gewesen:
- Zunächst habe der Wahlvorstand die zugelassenen Listen in gleicher Weise bekanntmachen müssen, wie er das Wahlausschreiben bekanntgemacht habe. Mache der Betriebsrat anfangs von der Möglichkeit Gebrauch, das Wahlausschreiben auch mittels E-Mail bekannt zu machen, müsse der Wahlvorstand im Folgenden auch die zugelassenen Vorschlagslisten per E-Mail bekannt geben. Die Wähler, denen das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht worden sei, würden regelmäßig darauf vertrauen, dass sie auf demselben Weg, auf dem sie über die Einleitung der Wahl informiert wurden, auch alle weiteren für die Wahl relevanten Informationen erhalten würden.
- In der gewährten Frist zur Nachbesserung liege ein erheblicher Fehler, der geeignet sei, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen. Die Wahlordnung bestimme zur Mängelbehebung eine Frist von drei Arbeitstagen. Diese Frist endete daher bereits am Freitag, den 6. April 2018. Die gewährte Frist bis Montag, den 9. April 2018, sei unzutreffend berechnet und daher rechtsfehlerhaft. Die Frist werde durch die Rüge von Gesetzes wegen in Gang gesetzt und sei nicht disponibel. Der Wahlvorstand könne die Frist weder verkürzen noch verlängern. Indem der Wahlvorstand dem Listenvertreter eine unzutreffend lange Frist mitteilte, habe der Wahlvorstand gegen seine Verpflichtungen aus der Wahlordnung verstoßen. Dieser Verstoß könne das Wahlergebnis beeinflussen, da dem Listenvertreter die besondere Eile möglicherweise nicht hinreichend deutlich wurde.
Fazit
Erfreulicherweise präzisiert das BAG mit der vorliegenden Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zur Einordnung formeller Mängel bei Betriebsratswahlen. Die Rechtsprechung dürfte auf die insofern unveränderte neue Wahlordnung übertragbar sei.
Angesichts der noch laufenden oder gerade beendeten Wahlperiode kann sich vereinzelt eine Überprüfung der durchgeführten Wahl anbieten. Auch der Arbeitgeber ist berechtigt, das Wahlergebnis binnen zwei Wochen ab ordnungsgemäßer Bekanntgabe der Ergebnisse anzufechten. Die Anfechtung hat Aussicht auf Erfolg, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Dies gilt nicht, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.