Markenrecht

Auswirkungen des Brexit auf das Markenrecht

Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten. Nach einer fast einjährigen Übergangsphase während der die Regelungen der Europäischen Union zu Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern vorübergehend noch weitgehend Anwendung fanden, war es am 1. Januar 2021 schließlich soweit: Das Vereinigte Königreich ist vom territorialen Schutzbereich von Unionsmarken (einschließlich IR-Marken mit Benennung der Europäischen Union) und Gemeinschaftsgeschmacksmustern nicht länger umfasst. Diese Schutzrechte1 können dort nicht mehr geltend gemacht werden.

Eingetragene Unionsmarken

Die gute Nachricht: Der Markenschutz ging dennoch nicht verloren. Denn die Inhaber von eingetragenen Unionsmarken erhalten automatisch, kostenfrei und ohne erneute Prüfung eine entsprechende nationale Marke im Vereinigten Königreich (sog. „comparable UK trademark“). Dies erhält die Priorität bzw. Seniorität der Unionsmarke aus der sie „geklont“ wurde. Für die ersten drei Jahre ist noch nicht einmal ein Inlandsvertreter (d. h. ein im Vereinigten Königreich, auf Gibraltar oder den Channel Islands ansässiger Vertreter für die Marke) erforderlich. Diese Übergangsfrist gilt allerdings nicht für IR-Marken mit Benennung der Europäischen Union, bei denen wirksame Eingaben grundsätzlich nur durch einen Inlandsvertreter möglich sind.

Verlängerungen

Bei Verlängerungen muss neben der Unionsmarke auch die entsprechende comparable UK trademark verlängert werden. Erfreulicherweise kann die Verlängerung dabei noch durch den bisherigen Vertreter erfolgen. Achtung: Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Schutzendes der Marke. Vor dem 31. Dezember 2020 getätigte Verlängerungen von Unionsmarken sind unbeachtlich für die Verlängerung der comparable UK trademark, wenn deren Schutz erst nach dem 1. Januar 2021 endet. D. h. eine im Februar 2021 endende comparable UK trademark muss separat verlängert werden, auch wenn die Verlängerungsgebühren für die ihr zugrundeliegende Unionsmarke bereits gezahlt wurde. Organisatorisch kommt das britische Markenamt (UKIPO) den Markeninhabern aber entgegen: Am Tag des Schutzendes schickt es eine Erinnerung und ermöglicht eine Verlängerung bis sechs Monate nach Schutzendedatum.

Unionsmarken im Anmeldestadium

Etwas weniger komfortabel ist die Situation bei Unionsmarken die sich am 1. Januar 2021 noch im Anmeldeverfahren befanden. Hier muss man gegebenenfalls tätig werden:

Bis zum 30. September 2021 besteht die Möglichkeit eine nationale britische Marke unter Wahrung der Priorität bzw. Seniorität einer entsprechenden Unionsmarke anzumelden. Anders als die comparable UK trademark wird diese aber nicht ungeprüft übernommen, sondern durchläuft das Prüfungsverfahren nach britischem Markenrecht. Zudem werden für diese Markenanmeldung die üblichen Gebühren des UKIPO fällig.

Die Möglichkeit einer prioritätswahrenden Anmeldung einer nationalen britischen Marke kann auch bei Kollisionen mit gegnerischen Markenanmeldungen im Vereinigten Königreich helfen. Kommt es bis zum 30. September 2021 zur Anmeldung einer kritischen Marke im Vereinigten Königreich, dürfte es möglich sein, auf eine am 1. Januar 2021 noch im Anmeldestadium befindliche Unionsmarke zurückzugreifen und diese unter Rückgriff auf deren bessere Priorität als nationale britische Marke anzumelden aus der dann ein Widerspruch geführt wird.

Erschöpfung

Bis zum 31. Dezember 2020 galt auch für das Vereinigte Königreich die unionsweite Erschöpfung. Waren, die im Vereinigten Königreich auf den Markt gebracht wurden, waren in der übrigen Europäischen Union erschöpft und umgekehrt. Dies ist ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr der Fall, was beim grenzüberschreitenden Handel mit dem Vereinigten Königreich beachtet werden muss.

Der Wegfall unionsweiter Erschöpfung in Bezug auf das Vereinigte Königreich ist allerdings nicht rückwirkend: Waren, hinsichtlich derer bis zum 31. Dezember 2020 unionsweit Erschöpfung eingetreten ist, bleiben erschöpft.

Löschungsverfahren

Gegen Unionsmarken anhängige Löschungsverfahren bleiben grundsätzlich bestehen und setzen sich fort. Wird eine Unionsmarke für ungültig erklärt oder widerrufen, fällt prinzipiell auch die entsprechende comparable UK trademark weg. Eine Ausnahme kann dann bestehen, wenn die Ungültigkeits- oder Nichtigkeitsgründe auf das Vereinigte Königreich nicht zutreffen. Denkbar sind hier etwa Nichtigkeitsverfahren, die aus älteren Marken geführt werden, für die keine entsprechende nationale britische Marke existiert (z. B. wenn das Nichtigkeitsverfahren aus einer nationalen deutschen Marke geführt wird). Bei erfolgreichem Löschungsverfahren gegen eine Unionsmarke sollte man sich daher vergewissern, dass auch die entsprechende comparable UK trademark gelöscht wird.

 

Hinweis zur Anwendung britischen Rechts: Die Einzelheiten der Behandlung von Unionsmarken im Vereinigten Königreiche bzw. darauf basierenden nationalen britischen Marken (insbesondere comparable UK trademarks) unterliegen dem Recht des Vereinigten Königreichs. Im Zweifel sollte daher ein dortiger lokaler Anwalt eingeschaltet werden.

 

1 Die nachfolgenden Ausführungen sich nur auf Unionsmarken (einschließlich IR-Marken mit Benennung der Europäischen Union). Sie gelten aber für Gemeinschaftsgeschmacksmuster entsprechend.

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