Arbeitsrecht

Arbeitsrechtliche Herausforderungen im Metaverse

Das Metaverse bietet Unternehmen die Möglichkeit, Arbeitsplätze teilweise oder vollständig in die virtuelle Welt zu verlagern. Die neue virtuelle Umgebung wirft zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen auf.

 

Metaverse – eine neue digitale Welt

Der technologische Wandel hat in den vergangenen Jahren die zunächst Desktop-basierte Internetnutzung in der Arbeitswelt revolutioniert. Die fortwährende Verbesserung des mobilen Internets hat sich auf den Arbeitsalltag ausgewirkt und ein ortsungebundenes Arbeiten ermöglicht. Steigende Mobile Office-Tendenzen sind die Folge. Ein mobiles Arbeiten außerhalb des Büros oder Homeoffice ist in vielen Berufszweigen heutzutage ohne weiteres möglich. In den kommenden Jahren ist mit einer weiteren Verlagerung von der mobilen Internetnutzung hin zur Internetnutzung in virtuellen Räumen zu rechnen. Laut Mark Zuckerberg sei in der Zukunft ein nahezu zeitgleicher Wechsel zwischen virtuellem Büro, einem Konzert im Metaverse mit Freunden oder dem virtuellen Wohnzimmer der Eltern „per Mausklick“ denkbar. Möglich machen solle dies das Metaverse.

Virtual Reality Brillen, personalisierbare Avatare und virtuelle Büroräume können den Arbeitsalltag der Zukunft prägen. Das Metaverse schafft einen digitalen Raum, der es Unternehmen ermöglicht, sich besser miteinander und mit Arbeitnehmern aus aller Welt zu vernetzen. Unter Einbeziehung von cyber-physikalischen Systemen, digitalen Kopien realer Gegenstände, 5G-gestützter Virtual Reality und KI-gestützten Rechenzentren mit geringer Latenz können zum Beispiel Produkte in der virtuellen Sphäre entwickelt werden. Erkenntnisse und Feedback von Kunden können in virtueller Umgebung getestet werden, bevor sie in die reale Welt für die tatsächliche Produktion übertragen werden. Hersteller können digitale Fließbandsimulationen durchführen, um Produktionsabläufe zu testen und Prozesse zu optimieren. Ein solches industrielles Metaverse kann Fertigungsabläufe effizienter, innovativer und profitabler werden lassen.

 

Auswirkungen auf die Praxis

Die Verlagerung von Teilen der Arbeitswelt in das Metaverse tangiert eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Aspekte:

  • Sofern individual- oder kollektivvertragliche Regelungen nicht entgegenstehen, dürften Arbeitnehmer einseitig im Wege des Direktionsrechts zu einer anlassbezogenen und vorübergehenden Tätigkeit im Metaverse, bspw. im Rahmen von Besprechungen, angewiesen werden können. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die erforderliche technische Infrastruktur zur Verfügung stellt. Soll der Arbeitnehmer seine Tätigkeit dagegen schwerpunktmäßig aus dem Metaverse erbringen, dürfte eine entsprechende einseitige Weisung im Regelfall nicht von dem allgemeinen Direktionsrecht gedeckt sein. Ist ein solcher Einsatz in einer „Metaverse-Workforce“ geplant, sollten insbesondere Musterarbeitsverträge bereits im Vorfeld angepasst werden.
  • Sind Arbeitnehmer im Metaverse tätig, dürfte schnell die Frage nach der Einhaltung der Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes aufkommen. Die Erbringung von Arbeitsleistungen im virtuellen Raum mit Hilfe von Virtual Reality-Technologie ist dabei im Einzelfall zu beurteilen. Einerseits kann der Nutzung Grenzen zu setzen sein. Andererseits bietet die Technologie z.B. Möglichkeiten, die Inklusion von schwerbehinderten Arbeitnehmern zu verbessern.
  • Im Metaverse tätige Arbeitnehmer wären grundsätzlich wie Arbeitnehmer, die im Homeoffice arbeiten, bestehenden Betrieben zuzuordnen. Denkbar ist aber auch, dass der physische Betrieb vollkommen entfällt. Künftig werden Fragen nach der maßgeblichen Mitbestimmungseinheit zu beantworten sein, wenn die Belegschaft ausschließlich in einem Metaverse-Betrieb tätig ist. Wird es dann zu der Bildung von im Metaverse ansässigen Betriebsräten mit Kompetenz für alle für das Unternehmen in Deutschland tätige Arbeitnehmer kommen? Ist das Territorialprinzip in einer virtuellen Arbeitswelt überhaupt noch passend?
  • Mit fortschreitender Internationalisierung der Zusammenarbeit im Metaverse dürften allgemein Schwierigkeiten bei der Festlegung des anwendbaren Arbeitsrechts bestehen. Während deutsches Kollisionsrecht mit Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO bei Fehlen einer Rechtswahl grundsätzlich auf den physischen Arbeitsort abstellt, ist dies in Rechtsordnungen im Ausland nicht zwingend. Ein heterogenes Schutzniveau innerhalb einer internationalen Metaverse-Belegschaft und damit verbundene Herausforderungen, bspw. im Rahmen von Umstrukturierungen, sind bereits im Vorfeld zu berücksichtigen
  • Fraglich ist auch, welchen Einfluss das Metaverse auf etablierte Vergütungsstrukturen haben wird. In anderen Ländern werden im Metaverse tätige Arbeitnehmer bereits in Kryptowährung vergütet (z.B. Mitarbeiter eines Online-Casinos). Eine Entlohnung in Kryptowährung begegnet nach derzeitigem deutschen Recht erheblichen Bedenken. Das Arbeitsentgelt ist nach § 107 Abs. 1 GewO in Euro zu berechnen und auszuzahlen.
  • Das Metaverse schafft neue Gelegenheiten, eine Vielzahl von Daten zu erfassen. Dazu gehören Daten zur Mimik und Gestik, zu physiologischen Reaktionen auf bestimmte Inhalte oder Daten zum unmittelbaren Umfeld von Virtual Reality Brillen. Folglich rückt der Arbeitnehmerdatenschutz in den Fokus. Es gilt, das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer, insbesondere in Form der Regeln des Datenschutzrechts, zu berücksichtigen.

 

Fazit

Unternehmen sollten sich im Rahmen fortschreitender Digitalisierung frühzeitig auf Veränderungen einstellen, die mit einer Verlagerung von Teilen des Arbeitslebens ins Metaverse einhergehen. Bisherige Regelungen sollten, soweit erforderlich, an die Besonderheiten der digitalen Umgebung angepasst werden. Vergleichbar mit Richtlinien zum mobilen Arbeiten ist die Einführung von Unternehmens-/Konzernrichtlinien zum Arbeiten im Metaverse zu empfehlen.   

Einen allgemeinen Überblick über die mit dem Metaverse verbundenen rechtlichen Herausforderungen erhalten Sie unter hier

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