Arbeitsrecht

(Weiterhin) kein Anspruch auf Schlussformel im Arbeitszeugnis

Der Ausdruck von Dank für geleistete Dienste, Bedauern über das Ausscheiden und gute Wünsche für die Zukunft am Ende eines Arbeitszeugnisses (sog. Schlussformel) ist in der Praxis durchaus üblich. Demgegenüber hat das BAG jüngst seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, nach der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf die Aufnahme einer solchen Schlussformel in ein qualifiziertes Arbeitszeugnis haben.

BAG, Urteil vom 1. März 2022 – 9 AZR 146/21

 

Sachverhalt

Der klagende Arbeitnehmer war bei einem Personaldienstleister als Personaldisponent beschäftigt. Nach Ausspruch einer Kündigung verpflichtete sich der Arbeitgeber in einem zur Erledigung des Kündigungsschutzverfahrens geschlossenen Vergleich, ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen. Das daraufhin vom Arbeitgeber erteilte Zeugnis enthielt keine sog. Schlussformel. Der Arbeitnehmer ging dagegen gerichtlich vor und verlangte die Ergänzung des Arbeitszeugnisses um einen Schlusssatz, in dem ihm Dank für erbrachte Dienste und gute Wünsche für die Zukunft ausgedrückt werden sollten. Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG Düsseldorf gab ihr auf die Berufung des Arbeitnehmers statt.

 

Entscheidung des BAG

Das BAG stellte – unter Ablehnung der Auffassung des LAG in der Vorinstanz – fest, dass der Kläger nach § 109 GewO keinen Anspruch auf Aufnahme einer Dankes- oder Wunschformel in den Zeugnistext habe.

Zwar seien die Bewerbungschancen eines Arbeitnehmers, dessen Zeugnis keine Schlussformel enthält, auf dem Arbeitsmarkt unter Umständen geringer. Die vom Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit des Arbeitnehmers sei durch das Fehlen einer Schlussformel aber nur in geringem Maße betroffen. Daher überwiegen bei der Erstellung eines Zeugnistexts aus Sicht des BAG im Ergebnis die – ebenfalls im Grundgesetz verankerte – Meinungsfreiheit sowie Unternehmensfreiheit des Arbeitgebers.

Den Zweck eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, Auskunft über das Arbeitsverhältnis sowie die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers zu geben, sieht das BAG durch die Nichtaufnahme einer Schlussformel darüber hinaus nicht gefährdet. Der Bekundung von Dank, Bedauern oder guten Wünschen durch den Arbeitgeber komme in dieser Hinsicht nur geringer Aussagegehalt zu. Die von zahlreichen Unternehmen geübte Praxis, Schlussformeln in ihre Arbeitszeugnisse aufzunehmen, gebiete es im Übrigen nicht, andere Zeugnisverfasser generell zur Verwendung von Schlussformeln zu verpflichten. Zur Begründung verwies das BAG auch auf den Wortlaut der Regelung zum Zeugnisanspruch in § 109 GewO, der die Erteilung einer Schlussformel nicht erwähne. Das BAG geht insofern davon aus, dass der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet hat, Schlussformeln zum zwingenden Inhalt von Arbeitszeugnissen zu machen.

 

Gleiss Lutz kommentiert

Das BAG erteilt Instanzgerichten, die wie das LAG Düsseldorf bisweilen Arbeitgeber dazu verpflichten, eine Dankes-, Bedauerns-, Wunsch- oder sonstige Schlussformel in ein Arbeitszeugnis einzufügen, (erneut) eine deutliche Absage. Entsprechende Formulierungen sind für Arbeitgeber mit Blick auf die Meinungs- und Unternehmensfreiheit, denen das BAG in diesem Zusammenhang zurecht hohen Stellenwert beimisst, generell freiwillig.

Die Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsprechung durch das BAG ist auch vor dem Hintergrund richtig, dass Schlussformeln im Arbeitsleben verbreitet sind. Denn eine Schlussformel stellt nicht eine bloße Höflichkeit des Arbeitgebers ohne Bezug zur Wirklichkeit dar. Arbeitgeber können sich nach der Entscheidung des BAG auch weiterhin darauf verlassen, dass die Aufnahme von Schlussformeln in Arbeitszeugnisse grundsätzlich nicht geschuldet ist. ​Vor diesem Hintergrund kommt Vereinbarungen in Aufhebungsverträgen oder Prozessvergleichen zur Erledigung von Kündigungsschutzverfahren, welche die Verwendung entsprechender Formulierungen vorsehen, eigenständige Bedeutung zu. Es ist zu erwarten, dass Arbeitnehmervertreter in Verhandlungssituationen verstärkt auf die Aufnahme von Schlussformeln ins Arbeitszeugnis bestehen werden.

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